Bild: Midjourney/Sebastian Halm
47 Prozent der Agenturen geben weniger als 0,1 Prozent ihres Umsatzes in Schulungen, Software, Zugänge und Hardware für eine weitreichende Integration für Künstliche Intelligenz (KI) aus. Nur 5,3 Prozent der kleinen und mittelgroßen (bis 49 MitarbeiterInnen) und 15,4 Prozent der großen Agenturen investieren momentan mehr als 5 Prozent des Gesamtumsatzes in KI-Strukturen für ihr Unternehmen. Das entspricht 5 Prozent aller befragten Agenturen. Die restlichen 48 Prozent verordnen sich zwischen den beiden Extremen. Aber: Parallel dazu gehen 80 Prozent der Führungskräfte davon aus, dass KundInnen schon in naher Zukunft ein bestimmtes Level an KI-Expertise für die Zusammenarbeit voraussetzen. Ebenfalls sehen sich aufgrund der rasanten Entwicklung von künstlichen Intelligenzen rund 60 Prozent schon bald einem erhöhten Honorardruck und vermehrten Preisdiskussionen mit ihren KundInnen ausgesetzt.
47 Prozent der deutschen Agenturen investieren momentan unter 0,1 Prozent ihres Umsatzes in KI.
Grafik: Hochschule Macromedia/ Müllers Garage
Die große Kluft zwischen den Marktveränderungen durch KI und eigenem Handeln offenbart jetzt die Studie der
Macromedia Hochschule München
gemeinsam mit der Agenturberatung
Müllers Garage
in deutschen Agenturen. Insgesamt 195 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (davon 108 Entscheider aus Abteilungs-/Geschäftsleitung) wurden in diesem Rahmen zu insgesamt 23 Themenbereichen befragt. Die Ergebnisse wurden von Macromedia-Hochschulpräsident Castulus Kolo
zusammen mit Tamara Ranner
, Dirk Kleine
sowie einem Team von StudentInnen ausgewertet.
Branche wiegt sich noch in trügerischer Sicherheit
Der Konsens unter den befragten Führungskräften aus der Agenturbranche ist, dass eine flächendeckende Adaption der Technologie in der Branche erst nach 2028 passieren wird. Ab diesem Zeitpunkt sei davon auszugehen, dass KI-Expertise zu einem Kriterium beim Recruiting wird und ein Großteil der Kreativarbeit automatisiert abläuft. Befragte MitarbeiterInnen ohne Führungsverantwortung vermuten den Zeitpunkt der Adaption etwas später. Sie gehen davon aus, dass dieser "Meilenstein" erst Mitte der 2030er Jahre erreicht wird. Ein zu großer Teil der Branche wiege sich in trügerischer Sicherheit, resümieren die Studienautoren.
"Man erkennt den unmittelbaren Handlungsbedarf nicht oder zaudert aufgrund verschiedenster wahrgenommener 'Hindernisse', die Technologie jetzt schon in die Vielzahl der Agenturaufgaben zu integrieren, in die das sinnvoll möglich wäre. Wir beobachten wie auch in anderen Zusammenhängen ein Festhalten am Status Quo - zum einen aus Skepsis gegenüber Neuem, zum anderen auch aufgrund einer gewissen Selbstüberschätzung. Der grundlegende Wille zur Transformation ist jedenfalls noch nicht sonderlich stark ausgeprägt", analysiert Dazu sagt Kolo.
Als größte Hemmnisse bei der Implementierung nennen Führungskräfte mögliche Verstöße gegen Datenschutzvorgaben (insb. für PR- und Digital-Agenturen), IT-Sicherheitsrisiken (insb. für Werbeagenturen und Designagenturen) und die momentan fehlende Kompetenz ihrer MitarbeiterInnen (insb. für SEO und Social Media Agenturen).
Künstliche Intelligenz - für Agenturen nur eine Trenderscheinung?
Der Widerspruch im Denken der Agenturen und deren Führungskräfte wird noch deutlicher, wenn man einen Blick auf die bisherigen Erfahrungen mit KI-Tools wirft: 75 Prozent der Befragten Agenturen haben durch den Einsatz einzelner KI-Tools bereits eine Verbesserung in ihrer Gesamt-Produktivität festgestellt. Bei den ?großen? Agenturen (> 49 MitarbeiterInnen) waren es sogar 85 Prozent:
"Nur ein Bruchteil der befragten Agenturen investiert momentan ausreichend in die Technologie, obwohl 75 Prozent bereits die positiven Effekte durch die Einbindung von ChatGPT und Konsorten in den Arbeitsalltag merken. Das sollte eigentlich Grund genug dafür sein, den Produktivitätsgewinn durch weiteres Spending maximieren zu wollen," so David Eicher
, geschäftsführender Gesellschafter der Agenturberatung Müllers Garage.
Eine weitreichende Adaption der Technologie wird in Agenturen nicht vor 2028 erwartet
Grafik: Hochschule Macromedia/ Müllers Garage
Des Weiteren ergibt die Studie, dass rund 48 Prozent der Führungskräfte davon ausgehen, dass ihre KundInnen in Zukunft KI-generiertem Content den Rücken zukehren werden, um binnen weniger Jahre den Fokus wieder auf menschengemachte Inhalte zu legen.
"Die Muster in den Einstellungen von Teilen der Führungskräfte kann man sich eigentlich nur als eine Art Zweckoptimismus erklären, ein rein mentaler Selbstschutz. Dass ein so hoher Prozentsatz noch immer denkt, dass KI in der Kreation oder in allen anderen Bereichen nur ein "Nice to have" oder Trend sein sollte, ist ebenso überraschend wie bedenklich. Ich gehe davon aus, dass diesem Teil der Befragten in wenigen Jahren ein böses Erwachen droht", so Eicher weiter.