Die mittelständischen, familiengeführten Kinos in Deutschland bangen um ihre wirtschaftliche Zukunft. Durch die Schließung der Kinos Mitte März und die nur zögerliche Wiedereröffnung seit Mitte Mai verzeichneten alle Kinobetreiber massive Umsatzeinbrüche und befinden sich in einer "teils dramatischen Liquiditätssituation", wie es in einer Mitteilung heißt. Ähnlich wie der Kinogesamtmarkt rechnet auch der deutsche Kinomittelstand bis Jahresende mit einem Besucherrückgang zwischen 50 und 60 Prozent.
Zahlreiche Filmtheater hätten in den vergangenen Jahren mehrere 100 Millionen Euro in neue Standorte, Technik und Servicekonzepte investiert. Durch die massiven Besucherrückgänge sehen sie nun ihr Lebenswerk bedroht und fordern staatliche Finanzhilfen, um die aktuelle Krise zu überleben. In einem offenen Brief wenden sich die Betreiber nun an Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien. Der Brief wurde von 68 Unternehmen unterzeichnet, die deutschlandweit für rund 1.300 Leinwände stehen und damit einen Marktanteil von 40 Prozent repräsentieren. Ohne die Unterstützung der Bundesregierung, heißt es in dem Schreiben, seien viele Arbeitsplätze bedroht. Außerdem verweisen sie auf die Folgen für das kulturelle Leben, wenn massenhaft Kinos sterben.
Die Forderungen der Kinobetreiber:
- Zur Bewältigung der Krise fordern die mittelständischen Filmtheater eine weitere Lockerung der Hygienerichtlinien, um damit die Auslastung der Kinosäle erhöhen zu können. Denn vor dem Hintergrund der Kapazitätsbegrenzungen scheuten sich derzeit viele Verleihunternehmen neue Produktionen auszuliefern.
- Die Kinobetreiber fordern finanzielle Unterstützung. "Mittlerweile ist deutlich erkennbar, dass im Jahr 2020 maximal die Hälfte des Normalbesuchs realisiert werden kann", sagt Initiator Michael Pawlowski, geschäftsführender Gesellschafter der Filmpalast-Gruppe
(Kieft und Kieft). "Bei einem fixkostenintensiven Geschäftsbetrieb und einem derartigen Umsatzrückgang sind Soforthilfen erforderlich."
- Zudem appelliert der deutsche Kinomittelstand an die Bundesregierung, das Auswertungsfenster für internationale Produktionen gesetzlich zu regeln. Deutsche Kinoproduktionen dürfen gemäß geltendem Recht erst nach sechs Monaten auf Streamingportalen gezeigt werden. Große US-Studios wie Universal haben diesen Zeitraum inzwischen auf nur 17 Tage reduziert, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führe. Kim Ludolf Koch, Vertreter der Mittelstandsvereinigung Cineplex
: "Dies dürfte einen weiteren Besucherrückgang provozieren, den viele Unternehmen nicht mehr ausgleichen können."
- Da Branchenveranstaltungen wie der HDF-Kongress in Baden-Baden, die internationale Kinomesse in Barcelona und auch die Filmmesse in Köln wegen ausfallen mussten, fordern die Kinounternehmen die Kulturstaatsministerin auf, einen Kinogipfel einzuberufen, der gemeinsam Lösungen erarbeitet. Gregory Theile, geschäftsführender Gesellschafter des größten deutschen Familienunternehmens Kinopolis
: "Bricht das Rückgrat der deutschen Kinowirtschaft weg, was ohne weitere Unterstützung in weiten Teilen der Fall sein wird, wird nur noch ein kleiner Teil in der Nische überleben können."
Laut
Nielsen-Werbetrend
hat die Mediengattung Kino in den ersten sechs Monaten 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 52 Prozent an Werbeumsatz eingebüßt. Im Juni flossen demnach 652.000 Euro in Kinowerbung, im Vorjahresmonat waren es rund 8,6 Millionen Euro.