Zuletzt hat es dm
und Beiersdorf
erwischt. Vor Gericht verpflichteten sich die beiden Unternehmen per Unterlassungserklärung, ihre grüne Werbung zu ändern. Was war passiert? Die Verbraucherschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe
hatte gegen deren Verwendung von Ausdrücken geklagt, die VerbraucherInnen glauben lassen können, die beworbenen Produkte wären umweltfreundlich. Bei dm ging es um den Begriff "klimaneutral", ein zertifiziertes Label des Anbieters Climate Partner
, und Beiersdorf wurde angeklagt, den Eindruck von Klimaschutz ohne Belege entstehen zu lassen. Am Landgericht Karlsruhe trafen sich die Parteien, heraus kam Folgendes: Bei dm werden VerbraucherInnen den Begriff auf Eigenmarken wie Balea oder Babylove nur noch so lange finden, bis die entsprechenden Produkte aufgebraucht sind. Neue Lieferungen kommen dann ohne "klimaneutral"-Aufdruck, so dm.
Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen acht Unternehmen laufen noch
Moniert hatte die Deutsche Umwelthilfe den Begriff vor allem, weil ein konkretes Kompensationsprogramm bewiesenermaßen wesentlich weniger für die CO2-Reduktion leistet als angegeben. Bei Beiersdorf wiederum hat die Deutsche Umwelthilfe nichts gegen die Verwendung des Begriffs "klimaneutralisiert" auf zahlreichen Nivea-Produkten, sondern nur gegen dessen unkommentierte Verwendung auf den Verpackungen. Das Gericht gab der Klage wegen Verbrauchertäuschung statt und Beiersdorf verpflichtete sich, per Links oder QR-Codes auf Internetseiten mit Informationen zu den konkreten Klimaschutzprojekten zu verweisen, mit denen die Umweltbelastung der Produkte kompensiert werden soll.
Beiersdorf und dm sind keine Einzelfälle: Die Deutsche Umwelthilfe führt derzeit Klagen gegen acht weitere Unternehmen wegen Irreführung der KonsumentInnen, darunter auch den
1. FC Köln
, dazu
Danone
,
Eurowings
,
HelloFresh
und
Faber-Castell
.
Die Green Claims Directive der EU könnte ab 2026 wirksam werden
Aus Brüssel weht ebenfalls ein scharfer Wind: Passiert die
neue EU-Richtlinie zu Umweltaussagen
die Legislative von Parlament und Rat der
Europäischen Union
, unterliegt grüne Werbung fortan strengen Kriterien, um gebilligt zu werden. Vor 2026 wird das wohl kaum der Fall sein - schließlich müssen EU-Vorgaben auch noch durch die nationalen Parlamente bevor sie Gesetz werden - doch angesichts der strengen Vorgaben können Unternehmen nicht früh genug mit den Vorbereitungen anfangen. Denn eins ist sicher: Sollte die Richtlinie bindend werden - und das muss sie wohl, denn bis 2050 soll ja die gesamte EU klimaneutral werden - wird grüne Werbung in Zukunft eine aufwändige und teure Angelegenheit. Verbreiten lassen sich Claims wie "klimaneutral", "bienenfreundlich" oder "umweltfreundlich" dann nur noch nach vorheriger Zertifizierung durch die EU. Unabhängige Kontrollinstanzen (die noch einzurichten wären) überprüfen die Rechtmäßigkeit der Behauptungen und lassen sich die Freigabe dann bezahlen. Preise stehen noch nicht abschließend fest, sollen aber zwischen 500 Euro und 50.000 Euro liegen, je nach Umfang der zertifizierten Aussage. Also ob es um ein Produkt, einzelne Teile eines Produkts oder um ein komplettes Unternehmen geht. Die EU will hier ordentlich streng sein und überbietet mit ihrer Green Claims-Richtlinie sogar diejenige zu Gesundheitsprodukten, für die sie deutlich mehr Kulanz bei werblichen Aussagen zeigt. Das Thema ist also ganz hoch aufgehängt.
Grüne Werbung muss künftig von Prüfinstanzen freigegeben werden
Zur Begründung heißt es in der Richtlinie:
"Im Rahmen des europäischen Grünen Deals hat sich die Kommission dazu verpflichtet sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher befähigt werden, fundiertere Entscheidungen zu treffen und eine aktive Rolle beim ökologischen Wandel einzunehmen." Und weiter:
"Der europäische Grüne Deal enthält die Zusage, gegen falsche Umweltaussagen vorzugehen, indem sichergestellt wird, dass Verbraucherinnen und Verbraucher verlässliche, vergleichbare und überprüfbare Informationen erhalten, und somit nachhaltigere Entscheidungen treffen können, und das Risiko der sogenannten Grünfärberei zu verringern."
Diese Verlässlichkeit sollen wissenschaftliche Untersuchungen liefern, die nicht nur die Richtigkeit der werblichen Behauptung beweisen, sondern auch deren Überlegenheit zu vergleichbaren Produkten. Und da die grüne Richtlinie nur für Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und zwei Millionen Euro Jahresumsatz NICHT gilt, könnten gerade Start-Ups und kleinere Unternehmen, die sich mit innovativen Öko-Produkten vom Markt abheben wollen, hier benachteiligt sein, wollen sie denn mit grünen Themen werben. Den Erlass einfach zu ignorieren, dürfte noch teurer werden. Zum einen wegen Verbraucherorganisationen wie der Deutschen Umwelthilfe oder
Foodwatch
, die stets ein waches Auge auf unlauteren Wettbewerb haben, aber auch wegen der Sanktionsmöglichkeiten durch die EU resp. deren nationale Prüfinstanzen selbst. Bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes stehen bei Verstößen als Strafmaß im Raum.
Jürgen Resch
, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, begrüßt die EU-Initiative jedenfalls nachhaltig:
"EU-Kommission und EU-Parlament haben strengere Vorgaben zum Schutz vor Greenwashing mit vermeintlicher Klimaneutralität vorgeschlagen, denen die Bundesregierung im Rat folgen sollte."
Zweifel an der Wirksamkeit von grüner Werbung
Bei
Rossmann
hat man derweil die Segel bereits gestrichen und entzieht sich jeglicher Kritik - und Kosten - durch einen Verzicht auf Umweltaussagen in der Werbung. Freiwillig. Und das vor allem, weil das Unternehmen keine signifikanten Mehrumsätze durch "klimaneutral"-Aufdrucke verzeichnet hat. Nach
"klimaneutralen" Produkten suche kaum jemand, stellte Geschäftsführer Raoul Roßmann
fest, und das
"obwohl die Marktstudien uns das als Trend vorausgesagt hatten".
Der Grund dafür könnte aber auch sein, dass sich bisher kein Label am Markt wirklich durchgesetzt hat und als allgemein bekanntes Qualitätssiegel den Standard setzt. Auch dagegen will die EU mit ihrer Gesetzesinitiative vorgehen:
"Auf dem EU-Markt gibt es 230 verschiedene Umweltzeichen. Es ist wichtig, Umweltaussagen und -zeichen auf Produkten vertrauen zu können", so EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius
.
"Die von der Kommission vorgelegten Vorschläge werden Unternehmen und Verbraucher vor schädlichen Greenwashing-Praktiken schützen und dem Wildwuchs von Zeichen und Siegeln Einhalt gebieten. Wir wollen dazu beitragen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Kaufentscheidungen fundiert treffen können, und dafür sorgen, dass Unternehmen belohnt werden, die echte Anstrengungen unternehmen, um ihre Auswirkungen auf die Natur, die Ressourcennutzung, klimawirksame Emissionen und die Umweltverschmutzung zu verringern."
Fazit: Die Green Claims Directive zielt nicht auf ein Verbot von Umweltsiegeln ab, sondern will allein deren Kommunikation und Belastbarkeit regulieren. Jede werbliche Aussage zu Produktvorteilen für Klima und Umwelt soll deshalb (nicht früher als 2026) umfangreich und leicht zugänglich durch VerbraucherInnen überprüft werden können. Sprich: mit QR-Codes oder Links auf der Verpackung belegt werden.