Angesichts steigender Kosten blicken 64 Prozent der Verbraucher in Deutschland besorgt auf ihre finanzielle Situation. Bei Millennials ist diese Sorge am stärksten ausgeprägt (68 Prozent), während jüngere Verbraucher der "Gen Z" am wenigsten beunruhigt sind (51 Prozent). Dies geht aus der zweiten Ausgabe des jährlichen Consumer Trends Reports "What Matters to Today's Consumer" des Capgemini Research Institute
hervor. Die Studie untersucht die Auswirkungen der steigenden Kosten auf das Einkaufsverhalten und die Präferenzen von Verbrauchern.
Die Sorge über ihre finanzielle Lage wirkt sich auf das Kaufverhalten der deutschen Verbraucher aus: Um dem finanziellen Druck zu begegnen, will fast die Hälfte (45 Prozent) der Verbraucher ihre gesamten Ausgaben reduzieren - ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2020 (33 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Verbraucher (69 Prozent) will weniger Impulskäufe tätigen, und 61 Prozent schränken ihre Ausgaben für nicht zwingend notwendige Dinge wie Elektronik, Spielzeug und Restaurantbesuche ein. Sparen steht für viele Menschen an erster Stelle: 70 Prozent der Verbraucher kaufen bei Discountern ein, und 68 Prozent kaufen gezielt Billig- oder Eigenmarken.
Marketingverantwortliche, vor allem im Handel, müssen also in ihrer Kommunikation auch das Thema Preis berücksichtigen. Grundsätzlich muss sich eine Preisstrategie an einem oder mehreren Faktoren orientieren. Die gängigsten Optimierungsziele sind:
- Kosten: Die einfachste Strategie addiert einfach eine gewünschte Marge auf die Gesamtkosten.
- Wettbewerb: Der Preis orientiert sich an der Preisgebung der Konkurrenten.
- Wert: Der Preis orientiert sich an dem Wert, den der Verbraucher dem Produkt beimisst.
- Preisabschöpfung: Der Händler beginnt mit einem hohem Preis, der sukzessive reduziert wird. So findet er den optimalen Preispunkt und schöpft zudem die Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft ab.
- Marktverdrängung: Wettbewerber werden mit einem niedrigen Preis aus dem Markt gedrängt, anschließend wird der Preis erhöht.
Allerdings lässt sich in den seltensten Fällen nur auf ein Ziel hin optimieren. Eine wertorientierte Preisgestaltung findet ihre Obergrenze im Preis des Wettbewerbers und die Untergrenze in den eigenen Kosten. Eine Preisabschöpfungsstrategie funktioniert in einem kompetitiven Umfeld nicht. Marktverdrängung rechnet sich nur, wenn Marktbarrieren wenigstens temporär vor Wettbewerbern schützen. Zuletzt darf der Händler auch indirekte Kosten nicht übersehen. Wer am Ende eines Verkaufszyklus verderbliche oder Saisonware abschreiben muss, macht mehr Marge kaputt, als eine rechtzeitige Preissenkung retten könnte.
Auf dem Weg zur perfekten Preisfindung müssen Faktoren aus drei Kategorien unterschieden werden:
- Unternehmensfaktoren (Einkaufspreis, Retouren, Umschlaggeschwindigkeit, Auslastung etc.)
- Wettbewerbsfaktoren (Welche Preise und Konditionen bieten die Wettbewerber etc.)
- Kundenbezogende Faktoren (Zahlungsbereitschaft, empfundener Wert, Konversionsraten etc.)
Je genauer ein Unternehmen diese Faktoren bestimmen kann, desto präziser können anschließend die Produktpreise festgelegt werden. Zuvor muss aber noch bestimmt werden, welche Rolle das Produkt überhaupt spielen kann oder soll. Beispielsweise:
- Schaufensterprodukt,
- Massenartikel,
- Saisonartikel,
- Warenkorbbegleiter,
- Nischenprodukt,
- Premiumartikel
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Nicht jede Strategie eignet sich für jedes Produkt. Ein Schaufensterartikel sollte beispielsweise eine möglichst hohe Bekanntheit mitbringen, um viele Käufer anzulocken. Ein typischer Warenkorbbegleiter hat dagegen die Aufgabe, eine hohe Marge einzubringen. Er sollte nicht im Preisfokus des Kunden stehen, muss dafür aber auch nicht unbedingt im Wettbewerb bestehen. Bei Nischenprodukten dürfte es sich dagegen häufig anbieten, sich nahe an der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers zu orientieren und keinen Preiswettbewerb anzuzetteln. Zumindest, solange es die Mitbewerber auch nicht tun. Ein Massenartikel wird dagegen nur über die umgeschlagene Menge profitabel. Hier muss eine Bestpreisstrategie im Vordergrund stehen. Bei einem exklusiven Premiumartikel sollte sich der Preis dagegen immer an dem Wert orientieren, den der Kunde zu zahlen bereit ist. Im Zweifel lässt sich dieser über eine Preisabschöpfung finden.
Die Preis-Evaluation im Unternehmen
Eine verbesserte Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und Analyse der Kundenansprüche bilden die Basis für operative Maßnahmen. Zunächst gilt es, die neue Preisgestaltung umzusetzen. Ein wichtiger Aspekt ist die ganzheitliche Anwendung der erarbeiteten Preislogik. Daher muss in einer effektiven Strategie auch die Kontrolle der Preise im System und in den Regalen integriert sein. Besteht zwischen den beiden eine Diskrepanz, wirkt dies nicht förderlich. Neben der konkreten Umsetzung müssen außerdem die Auswirkungen auf den Markt evaluiert werden. Dazu gehört kontinuierlich zu überprüfen, wie sich die Preise der Mitbewerber verändern. Auch sollten Unternehmen die Kosten der Lieferanten beobachten. Um die Effektivität zu analysieren, gilt es, die Auswirkungen der neuen Preisstrategie auf die Leistung des Unternehmens zu untersuchen. Die Ergebnisse müssen den für die Preisstrategie zuständigen Abteilungen stets zugänglich sein: Nur durch eine aktive Feedbackschleife und entsprechende Anpassungen kann eine einzigartige, individuelle und effektive Preisstrategie für ein Unternehmen entstehen.
Vier Preisstrategien, die jeder Marketingverantwortliche kennen sollte
Preisstrategie | Strategie | Umsetzung |
Rahm abschöpfen: Hochpreispolitik ("Market Skimming") bei geringem Gesamtbestellvolumen | Sie sprechen eine Nische an oder Sie verfügen über ein spezielles, schwer kopierbares, durch besondere (Marken-Rechte) abgesichertes Sortiment oder Sie zielen auf Innovators ab und haben ein cooles Produkt sehr früh | Setzen Sie auf Marge statt Masse |
Marktdurchdringung: Kundenkontakte aufbauen, ohne Image zu zerstören | Sie betreten einen besetzten Markt | Setzen Sie auf niedrige Einstiegspreise, aber vermeiden Sie Preisführerschaft durch Billigheimer-Image, sonst werden Sie später Preise nie wieder nach oben drücken können |
Preisführerschaft: Niedrigstpreise ("Floor Pricing", Preise in Höhe des Wareneinsatzes ohne Marge) | Sie wollen Märke besetzen und Leads gewinnen | Verkaufen Sie Basisprodukte zu Einstandspreisen und kalkulieren Sie Ihren Gewinn ab dem zweiten Verkauf oder fangen Sie mit After-Sales-Services (Wartung, Installation....) die verlorene Marge wieder auf ("Cross-Benefit-Pricing") |
Wettbewerbs-Preise: Preise orientieren sich stets am Wettbewerb, sind aber selten vergleichbar | Es gibt einen klaren Marktführer im Segment, der nicht Sie sind | Differenzieren Sie sich über den Unterschied zum Wettbewerb. Die bekannteste Form ist die Niedrigpreis-Garantie ("Wenn Sie den Artikel innerhalb von 14 Tagen zu einem günstigeren Preis finden, erstatten wir Ihnen die Differenz") |
Der Kunde im Mittelpunkt
Während sich die Wettbewerbssituation nur wenig beeinflussen lässt und die Unternehmensfaktoren schon weitgehend optimiert sind, bieten sich derzeit die kundenbezogenen Faktoren zur Optimierung an. Meint in diesem Fall vor allem: Zunächst einmal genau zu messen, welche Menschen einen bestimmten Preis zu zahlen bereit sind. Dazu müssen Marketingverantwortliche die Preiswahrnehmung der Kundinnen und Kunden verstehen. Dabei kann auf einen Vergleich mit den Preisen der Mitbewerber verzichtet werden. Vielmehr gilt es, Schlüsselprodukte des eigenen Unternehmens zu identifizieren. Um die Kernprodukte zu identifizieren, müssen die zuständigen Teams vorliegende Kundendaten analysieren. Auf dieser Basis erfolgt eine effektive Preisgestaltung. Erst wenn KonsumentInnen und ihre Vorlieben im Mittelpunkt der Preisstrategie stehen, können Unternehmen diese individuell optimieren. Durch die Basis der priorisierten Kernangebote können Unternehmen ihre Angebote angemessen bepreisen. Eine effektive Preisstrategie gestaltet sich nur durch die vorliegenden Präferenzen der Kunden.
Sieben Fehler bei der Preiskommunikation
- 1. Intransparente Preise: Kunden wollen den endgültigen Verkaufspreis mit einem Blick erkennen können. Wer beispielsweise beim Check-Out mit überraschenden Gebühren konfrontiert wird, verlässt die Seite schnell, ohne den Kauf abgeschlossen zu haben. Das ist um so häufiger der Fall, je vergleichbarer die angebotenen Produkte sind.
- 2. Fehlende Kundensegmentierung: Nicht alle Kunden, die sich für das gleiche Produkt interessieren, sind auch gleich. Sie haben unterschiedliche Interessen, sozioökonomische Hintergründe sowie eine unterschiedliche Preissensibilität. Wer seine Kunden verschiedenen Preissegmenten zuordnet, kann langfristig den Gewinn steigern.
- 3. Festpreise: Lieferkosten, Rohstoffpreise, Produktionsengpässe - viele Faktoren haben Einfluss darauf, zu welchem Preis ein Produkt angeboten werden kann. Festpreise waren deshalb noch nie ein guter Weg, aber in der derzeitigen volatilen Marktlage können sie sogar negative Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung haben und dem Unternehmen teuer zu stehen kommen. Eine dynamische Preisgestaltung reagiert flexibel auf mehrere Marktfaktoren und hilft so, Umsatzeinbußen zu vermeiden.
- 4. Überkombiniertes Angebot: Rabatte können den Umsatz ankurbeln. Damit sie ihre Wirkung nicht verfehlen ist es wichtig, nicht zu viele Aktionen miteinander zu kombinieren. Ein überkombiniertes Angebot sorgt häufig für Verwirrung, so dass die Kunden nicht verstehen, was sie letzten Endes für den angebotenen Preis erhalten. Auch Kunden in der Werbung mit ständig neuen Preisnachlässen zu überhäufen wirkt eher unseriös als attraktiv.
- 5. Omnibus-Richtlinie missachten: Um die Kunden vor irreführenden Preisnachlässen zu schützen, hat die EU die Richtline 2019/2161, auch bekannt als Omnibus-Richtlinie, auf den Weg gebracht. Sie fordert, dass neben dem Rabatt auch der niedrigste Preis zu nennen ist, für den das entsprechende Produkt innerhalb der letzten 30 Tage zu kaufen war.
- 6. Zu niedrige Preise: Sich an den Preisen der Konkurrenz zu orientieren und diese zu unterbieten ist eine Strategie, für die sich oft neue Anbieter auf dem Markt entscheiden. Langfristig wird es jedoch kaum möglich sein, die Preise einfach anzuheben, ohne dass der neu gewonnene Kundenstamm zumindest teilweise wieder erodiert. Hier sind dann neue Preisstrategien erforderlich, die für bestehende Kunden Vorteile bieten.
- 7. Manuelle Preisanpassungen: Eine manuelle Preisanpassung ist aufwändig, fehleranfällig und hinkt den tatsächlichen Gegebenheiten am Markt doch immer hinterher. Produktmanager können nur ein bis fünf Prozent ihrer Produkte optimal verwalten. Hier hilft eine Preisautomatisierungslösung, die auch dynamische Preise verwalten kann.
(Quelle: Disivo
)