18.04.2023 - Es ist das Ziel aller Werbungtreibenden und die Königsklasse der Kundenkommunikation: Konsumenten bekommen daten- und triggerbasiert, rechtssicher und automatisiert, auf ihrem Wunschkanal eine auf ihre individuellen Interessen abgestimmte Werbebotschaft. Marketing-Technologie (MarTech) macht's möglich.
von Christian Heinrich und Stephan Schmid
Mittlerweile haben Marketingverantwortliche die Qual der Wahl zwischen tausenden Software-Lösungen, die eine reibungslose automatisierte Aussteuerung von Kampagnen versprechen. Die Bandbreite reicht vom Content-Management- System bis hin zu KI-basierten Analyse-Tools.
MarTech braucht Commitment
Während in der Fachöffentlichkeit Hyperpersonalisierung, automatisierte Multichannel-Kommunikation und komplexe Individualisierungsstrategien diskutiert werden, sieht es in der Unternehmenspraxis aber oft ganz anders aus: Angefangen bei der Qualität der Daten, die, wie zum Beispiel Adressstudien der Deutschen Post regelmäßig belegen, noch immer in manchen Branchen zu wünschen übrig lässt. Bis hin zu der unternehmensinternen Priorisierung, wo Marketing-Automation allzu häufig nicht oben auf der To-do-Liste steht.
Tatsächlich erfordert es das Commitment der Unternehmensführung sowie Budgets und Ressourcen, um das Marketing zu automatisieren und damit professionell zu personalisieren. Außerdem braucht es ein tiefes Verständnis von datengetriebener Kommunikation, eine reibungslose Zusammenarbeit von Marketingabteilung, IT-Spezialisten und Dienstleistern sowie eine klare Strategie und durchgängige Prozesse. Marketing Automation ist also kein Prozess, den man mal auf die Schnelle durchführt.
"Unternehmen unterschätzen noch zu oft die Notwendigkeit", sagt Christian Heinrich, stellvertretender Vorsitzender des Kompetenz-Centers "Anwender von Dialogmarketing" im DDV
. "Kundinnen und Kunden erwarteten individuelle Inhalte und eine kundenzentrierte Ansprache. Und das zum richtigen Zeitpunkt und über den richtigen Kanal." Dafür bedürfe es der entsprechenden Permissions, verbunden mit Prozess- und Strategieveränderungen. Für den Veränderungsprozess empfiehlt der Dialogspezialist Geduld und ein iteratives Vorgehen - wer zu schnell zu große Schritte mache, dem drohe ansonsten ganz schnell Frust.
Brachliegendes Potenzial
Allerdings neigen viele Marketingverantwortliche offenbar dazu, eher zu kleine Schritte zu machen: Selbst diejenigen, die bereits über die nötigen technischen Tools verfügen, schöpfen deren Möglichkeiten längst nicht aus. "Marketingfachleute nutzen heute nur 42 Prozent ihrer MarTech-Funktionen, im Vergleich zu 58 Prozent im Jahr 2020", analysierte das Marktforschungsunternehmen Gartner 2022, "die Nutzung von MarTech ist rückläufig". Eigentlich eine Selbstverständlichkeit und dennoch immer wieder ein Thema: Wer Daten nutzt, muss das rechtssicher tun. Die Rechtslage ist komplex, weshalb der DDV regelmäßig Beratung, Webcasts und Best Practice Guides anbietet (zuletzt zum Beispiel die vierte Auflage des Best Practice Guide zur EU DS-GVO). Und das ist auch notwendig, denn noch immer lassen manche werbungtreibenden Unternehmen das Thema schleifen.
Laut der aktuellen Studie E-Mail-Marketing Benchmarks 2023 von DDV und absolit Dr. Schwarz Consulting ist der Anmeldeprozess für den E-Mail-Newsletter von 5.000 untersuchten deutschsprachigen Top-Unternehmen erst bei rund einem Drittel rechtskonform. Wer hier schludert, sollte über ganzheitliche Personalisierungsstrategien gar nicht erst nachdenken.
Keine Marketing-Automation ohne Mehrwert für die Kunden
Ebenfalls ein Hygienefaktor für den Erfolg von Marketing-Automation: der Kundennutzen. Eine Personalisierung ist nur dann sinnvoll, wenn sie den Kunden einen Mehrwert bietet. Dafür müssen Unternehmen ihren Kunden zuhören und sie aktiv fragen, welche Interessen sie haben und worüber sie informiert werden möchten. Und, nicht zu vergessen: Hat man die Kunden gefragt, sollten die kommunizierten Inhalte auch zu den individuellen Antworten passen.
Mit dem absehbaren Ende der Third-Party-Cookies wird es für Unternehmen generell wichtiger werden, über alle Kanäle hinweg eigene Kundendaten zu erheben und in einer Customer Data-Platform (CDP) zusammenzuführen.
Damit schließt sich der Kreis zur Marketing-Technologie. Ohne sie geht es nicht. Bei der Auswahl der Tools gilt es, die Anforderungen an die Software-Lösungen genau zu definieren und gut zu prüfen, inwieweit einzelne Tools diese Anforderungen erfüllen.
Die nahtlose Integration der Marketing-Technologie in die bestehende IT-Infrastruktur ist ebenfalls ein Erfolgsbaustein. Der Weg zu besagter Hyperpersonalisierung, automatisierter Multichannel-Kommunikation und komplexen Individualisierungsstrategien ist aufwändig. Aber er lohnt sich.
Warum MarTech wichtig ist und wann sie nichts nützt: Stephan Schmidl, Stellvertretender Vorsitzender des Kompetenz- Centers KI und Customer Centricity im DDV, hat Antworten.
Herr Schmidl, muss heute eigentlich jeder Werbungtreibende eine elaborierte MarTech-Lösung nutzen?
STEPHAN SCHMIDL: Eine gute Customer Experience (CX) lässt sich tatsächlich nur mit einer passenden MarTech realisieren, denn CX lebt von einer sehr granularen Personalisierung. Und dabei meine ich nicht nur die Inhalte, sondern zum Beispiel auch eine zeitnahe Interaktion oder die richtige Ansprache passend zu den richtigen Uhrzeiten und zum Nutzerverhalten. Das lässt sich ohne eine technische Lösung nicht bewerkstelligen.
Welches ist der größte Fehler, den Marketingprofis bei der Implementierung von Mar-Tech-Lösungen begehen?
Dass sie ohne Ziel agieren! Sie müssen Touchpoints und User Journeys kennen, die von der MarTech unterstützt werden sollen. Sind die Journeys, der Prozess oder die Touchpoints nicht richtig gewählt, hilft auch die beste Technik nicht. Mar-Tech unterstützt und enabled ? aber eine falsche CX-Strategie kann sie nicht heilen!
Wie viel IT-Know-how brauchen Marketiers heute?
IT-Know-how selbst ist nicht vonnöten. Sie brauchen aber eine klare Vorstellung davon, welche Customer Experience ihre MarTech-Lösung unterstützen soll. Dazu müssen sie wissen, was technisch machbar ist. Die IT kann Anforderungen nur dann ordentlich umsetzen, wenn sie sauber beschrieben sind.
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