Zustellbranche in Bewegung

20.03.2000 - Große Kurierdienste fit im E-Business, regionale Zusteller setzen auf Services

Auch an der Zustellbranche ist das digitale Zeitalter nicht spurlos vorübergegangen. Die Logistikunternehmen nutzen moderne Technologien beim Versand von Briefen, Päckchen, Paketen und Fracht und präsentieren ihre Dienstleistungen im Web. Um konkurrenzfähig zu bleiben, auch gegenüber der Deutschen Post, die gerade ihren Logistikbereich extrem ausgeweitet hat, versuchen sie, ihren Kunden außerdem einen Mehrwert an Information und Service zu bieten. Gut gerüstet will man schließlich ins Jahr 2002 gehen, in dem das Postmonopol fällt und der freie Markt lockt. Die Branche ist in Bewegung.

Die großen Anbieter konkurrieren um die ausgefeilteste Internetpräsenz. Sendungsverfolgung und Preiskalkulation im Netz gehören dabei längst zum Standard. Per E-Mail kann man bei allen Anbietern Fragen und Kritik anbringen. Der internationale Dienstleister TNT hat unter das E-Mail-Formular gleich noch ein Formular gesetzt, mit dem die Kundenzufriedenheit gemessen werden soll. Hier können Schulnoten für die Leistungen des Zustellers, inklusive Pünktlichkeit der Sendungen und Freundlichkeit der Mitarbeiter, vergeben werden. Die TNT-Site enthält auch ein Formular, mit dem individuelle Lösungsvorschläge angefordert werden können, wobei zunächst natürlich persönliche Daten abgefragt werden. Die UPS-Site ist nur in englischer Sprache verfügbar, enthält dafür aber die Möglichkeit einer kompletten Auftragsabwicklung übers Internet. UPS, ebenfalls international aktiv, bietet Internet-Shops außerdem E-Commerce-Tools zu Kostenkalkulation, Terminplanung und Sendungsverfolgung an, die jedoch nicht auf die UPS-Dienstleistungen beschränkt sind, sondern auch für andere Anbieter konfiguriert werden können. Christian Mahlke von UPS: "Der Online-Shop kann dem Kunden dank der E-Commerce-Tools sofort sagen, ob eine Ware am Lager ist und wann genau sie ausgeliefert werden kann. Normalerweise heißt es ja sehr vage: Wir liefern innerhalb von fünf Tagen. Der Kunde sollte den Liefertermin aber selbst bestimmen können."

Der Internet-Auftritt des europaweit tätigen Unternehmens DPD enttäuscht ein wenig durch Unübersichtlichkeit, fehlende Informationen - nur die Regellaufzeiten der Pakete sind abfragbar - und fehlende Preisangaben. Das Layout der Seite ist nicht ganz nachvollziehbar: Warum wird nur ein bescrollbares Minifenster inmitten der Seite für die Informationsvermittlung genutzt? Allerdings können die Sendungen bei DPD bereits per Wap-Handy verfolgt werden, und ein intelligenter Paketschein mit Transponder-Technologie befindet sich zur Zeit in der Test-Phase. In die Transponder, bestehend aus Microchip und Antenne, werden alle Paket-Informationen eingelesen, die über elektro-magnetische Felder jederzeit abrufbar sind. Das zeitaufwendige manuelle Scannen der Paketscheine soll damit bald der Vergangenheit angehören.

Neu im Netz ist das Internet-Portal www.LetMeShip.de in Hamburg (to ship: versenden), ein sogenanntes eShipping-Center, auf dem Preise und Leistungen international tätiger Logistiker verglichen werden: Für die Anbieter TNT, UPS, DHL und Fedex kann sich der potenzielle Kunde darüber informieren, wie lange seine Waren oder Dokumente von A nach B unterwegs wären, welche Kosten entstehen und was für Sonderleistungen die einzelnen Logistiker bereitstellen. LetMeShip errechnet individuell die günstigsten Transportmöglichkeiten und gibt darüber hinaus Tipps für den reibungslosen Versand. So erfährt man zum Beispiel, worauf man achten muss, wenn man empfindliche oder gefährliche Waren versenden will, und per Track&Trace-Service erfährt der Kunde, wo sich seine Sendung gerade befindet.

Für etwaige Probleme weist LetMeShip auf den Link www.anwaltssuche.de hin, der juristischen Beistand bietet. Ein Newsletter informiert auf Wunsch über Neuigkeiten aus der Branche und seine Meinung kann der Sendungsbewusste LetMeShip per E-Mail-Formular kundtun, die Antwort kommt dann auf demselben Wege zurück. Die auf LetMeShip vertretenen Anbieter verschaffen sich so einen zusätzlichen Vertriebsweg - ein großer Vorteil im heiß umkämpften Zustellmarkt. Die regionalen Anbieter sind oft noch nicht im Internet vertreten oder planen ihre Online-Präsenz erst. Hier besteht Nachholbedarf. Dafür sind die Nischen-Zusteller selbstbewusst. Lars Rautenberg von Kurier 2000 in Winsen an der Luhe meint zum Beispiel: "Die Post ist definitiv zu teuer und zu schlecht."

Einhellig stimmen die befragten Zusteller, ob international oder national tätig, übrigens darin überein, die Deutsche Post agiere außer Konkurrenz, aber dennoch sei die Branche nicht bedroht: Man bietet immerhin Mehrwertdienste der Lizenz D an, die sich von der Post abheben, wie taggleiche oder termingebundene Zustellung und Abholung der Sendung. Also "Dienstleistungen, die von Universaldienstleistungen trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind."

Nachdem die Deutsche Post zunächst vor dem Verwaltungsgericht Köln im Sommer 1998 pauschal gegen die Vergabe von Lizenzen durch die Regulierungsbehörde geklagt und verloren hatte, setzte sie immerhin durch, dass die begehrte Lizenz D seit 1998 an Auflagen gebunden ist. Die Post versicherte glaubhaft, sonst könnten sich die Zusteller die Rosinen aus dem Gebietskuchen herauspicken und ihr die unrentablen Gebiete überlassen. Nun muss der Lizenznehmer ein Gebiet bedienen, das nicht kleiner als das kleinste Bundesland, also das Saarland mit seinen 2.500 Quadratkilometern, sein darf. Bedient werden muss das ganze Gebiet, Kunden dürfen nicht abgelehnt werden. Bei Beschwerden prüft die Regulierungsbehörde in Bonn den Fall und gewährt dem Lizenznehmer eine Frist zur Abhilfe.

Die Lizenz D regt die Dienstleistungs-Fantasie so manchen Anbieters an. Thomas Hütter von City Express Logistik, die im Raum Hamburg tätig ist, sagt: "Von 400 Aufträgen täglich fallen 250 unter die D-Lizenz. Wir besetzen seit Neuem eine Nische mit unserem multifunktionalen Kurier, der Pakete nicht nur zum Kunden befördert, sondern auch mit der Ware verbundene Dienstleistungen erbringt. Solch ein Kurier programmiert den neuen Videorekorder für den Kunden oder schließt die frisch gelieferte Waschmaschine an. Das kostet etwa 15 Mark pro halbe Stunde extra." City Express Logistik übernimmt übrigens auch den Versand von Mailings, besonders Feiertage wie Weihnachten und Ostern kurbeln laut Hütter das Geschäft an.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass regionale Anbieter in ihren Nischen und mit der D-Lizenz im Markt auch gegen die Übermacht der großen Anbieter, inklusive der Deutschen Post, bestehen können. Linda Giers-Lamberts, Pressesprecherin der Bonner Regulierungsbehörde, betont, der Briefmarkt sei bereits seit 1998 zu einem Viertel für den Wettbewerb geöffnet, das entspreche einem Volumen von etwa fünf Milliarden Mark. Ab 2002 sei der Postmarkt völlig frei, das bedeute große Chancen für Lizenznehmer. Giers-Lamberts: "Wichtig ist eine umfassende Dienstleistungspalette, und guten Kundenservice können, in ihrem Rahmen, auch kleinere Zustellbetriebe bieten." go

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