30.06.2005 - Die Call-Center-Betreiber suchen nach Wegen, dem Zwang zur Größe zu entgehen
Spezialisierung in verschiedene Branchen ist für große Call-Center eine Möglichkeit zur Diversifizierung. Für kleinere und mittlere Anbieter ist es eine Chance, dem Kostendruck und letztlich dem Aus, beschönigend gerne auch "Marktaustritt" genannt, zu entgehen. Gerald Schreiber von defacto call center in Erlangen: "Ich glaube, dass der weltweite Wettbewerb zunimmt und die Chance darin besteht, das Unternehmensprofil deutlich zu schärfen, um künftigen Auftraggebern klar zu zeigen, welche Stärken sie bei uns erwarten dürfen." Ähnlich beschreibt es Harald Kling von gkk, für dessen Unternehmen das Call-Center-Geschäft nur eine Säule ist: "Telemarketing ist letztlich ein Mengengeschäft. Wir gehen in Nischen." Dazu gehören für Kling Database-Management oder interne Interfaces für Unternehmen. "Dann läuft die interne Kommunikation von Firmen über uns", so Kling. Michael Emmert, Director Telemarketing bei SAZ Marketing in St. Gallen, spricht nicht so gerne von Nischen: "Es ist vielmehr so, dass die branchenspezifische Ausrichtung große Bereiche abdeckt und dies ein großer Pluspunkt von Customer Care Centern ist." Beispiele dafür seien der Energiesektor, Medical-Care oder auch Fundraising.
"In der Regel ist es einfach so, dass man einen ersten Kunden aus einer bestimmten Branche hat. Das branchenspezifische Wissen wird dann systematisch ausgebaut und anderen Kunden zur Verfügung gestellt. Die entstehenden Synergien nützen Kunden und Anbietern." Einer der wichtigsten Punkte sei die Ausbildung der Agents: "Das spezifische Branchenwissen, die jeweilige Fachterminologie muss beherrscht werden."
Aber Emmert sieht noch einen anderen Aspekt. Einige Kunden teilten die positive Sicht auf Branchensynergien und hofften von ihnen ebenfalls zu profitieren. Doch andere pflegten einen Ausschließlichkeitsanspruch: "Die bekommt man nicht, wenn man bereits für einen Mitbewerber arbeitet" In den USA ist das laut Emmert einfacher: "Dort werden eher die positiven Effekte gesehen."
Ein Anbieter, der sich besonders stark auf Telekommunikation und HealthCare kapriziert und dabei die von Emmert angesprochenen Synergie-Chancen zu nutzen versucht, ist das Mannheimer SIM Communication Center. Gerade die Gesundheitsbranche ist nach wie vor sehr skeptisch, was die Einsatzmöglichkeiten von Telemarketing angeht. Der Telemarketer, auf dessen Kundenliste Aventis, Bayer und Novo Nordisk Pharma stehen, geht daher die Aufgabe, die Pharma-Zielgruppe der Ärzte telefonisch zu kontaktieren, entsprechend behutsam an. Vor dem eigentlichen Anruf, der das Interesse des Mediziners an einem Präparat klären soll, steht grundsätzlich die Terminvereinbarung. Auch die Sprech- und Telefonzeiten niedergelassener Ärzte müssen beachtet werden.
Dass der Pharmabereich insgesamt jedoch bereits ein großes El Dorado für den Drang der Call-Center nach Spezialisierung und Diversifikation ist, bezweifelt Dirk Zils von Sykes Enterprises: "Pharma wird immer wieder genannt. Weil alle hoffen, dass die gewaltigen Außendienste endlich durch Call-Center verstärkt oder sogar ersetzt werden. Aber bis jetzt habe ich noch nicht viel davon gesehen." Allerdings gebe es tatsächlich "mehrere kleine und einen großen Dienstleister", die sich auf diesen Bereich spezialisiert hätten.
Grundsätzlich gibt es für Zils keine Branche, die aktiv nachfragt: "Doch dafür Branchen, die eigene Call-Center betreiben, aber erst ganz am Anfang des Outsourcings stehen." Diese dächten noch nicht an Near- und Offshore und stünden auch nicht unter Kostendruck: "Aber sie stehen im Kundenbindungsdruck." Und dort sieht er die Chance für Call-Center. Zils: "Das ist die Leistung, die unsere Klienten interessiert."
D+S-Vorstandschef Achim Plate sieht den Call-Center-Markt im kommenden Jahr "stärker segmentiert" als je zuvor, "mit einer kleinen Gruppe der Branchenführer an der Spitze, die sich als Full-Service-Dienstleister profiliert haben." Anders herum hieße das: Wer dazu gehören will, muss sich für ein oder mehrere Spezialgebiete entscheiden. fb
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