In Deutschland erhöhen die Alkoholanbieter ihre Werbeinvestitionen um 16,5 Prozent auf 260 Mio. Euro. In den Folgejahren werden sie ihre Budgets um weitere 7,6 Prozent (2022) und 6,6 Prozent (2023) erhöhen, sodass das Niveau von 2019 noch übertroffen wird. Das geht aus dem aktuell veröffentlichten Report "Zenith Business Intelligence - Alcohol: Beer + Spirits"
hervor.
In der Pandemie verlagert sich das Markenerlebnis in die digitale Welt
Alkoholmarken ist es oft nicht erlaubt, zusätzlichen Konsum direkt zu fördern. Der Alkoholkonsum ist ohnehin tief in der Kultur des jeweiligen Landes verankert und unterliegt keinem schnellen Wandel. Stattdessen sind die Marken durch einen Prozess der Premiumisierung gewachsen: Sie bringen Verbraucher dazu, besser zu trinken, anstatt mehr. Hier waren die Spirituosenmarken erfolgreicher als Biermarken. Der Konsum von Bier und Spirituosen blieb laut Euromonitor International zwischen 2016 und 2019 im Wesentlichen statisch. Aber der Bierumsatz wuchs um drei Prozent pro Jahr, während der Umsatz mit Spirituosen um sieben Prozent stieg.
Premiumisierung bedeutet, Konsumenten zum Umstieg auf höherwertige Produkte zu bewegen, indem Markenimage und -erfahrung durch massenwirksame Kommunikation aufgebaut werden. Alkoholmarken setzen daher stark auf Fernseh- und Außenwerbung und geben doppelt so viel für das Fernsehen aus wie der Durchschnitt der Marken und fast viermal so viel für Außenwerbung. Alkoholmarken gaben im vergangenen Jahr 49 Prozent ihrer Budgets für das Fernsehen aus, verglichen mit 24 Prozent für die Durchschnittsmarke, und 19 Prozent für Out-of-Home-Werbung, verglichen mit 5 Prozent. Diese Taktik ist jedoch weniger effektiv geworden, da sich das Publikum auf digitale Medien verlagert, insbesondere die jungen Verbraucher, die am ehesten eine neue Bar besuchen und ein neues Getränk ausprobieren.
Alkoholmarken haben sich in der Vergangenheit nur langsam auf digitale Werbung eingelassen und im Vergleich zum Durchschnitt anderer Marken im Jahr 2020 weniger als die Hälfte ihres Budgets dafür aufgewendet. Das ändert sich jetzt rapide. Die Schließung von Gastronomiebetrieben bedeutete, dass die Marken einen neuen Weg zum Markt brauchten. Brauereien, Brennereien, Bars und Restaurants diversifizierten in den Direktversand an Verbraucher und Getränke zum Mitnehmen, erleichtert durch E-Commerce und stark beworben über digitale Medien, insbesondere Social Media. Alkoholmarken erhöhten ihre Ausgaben für digitale Medien von 21 Prozent der Budgets im Jahr 2019 auf 24 Prozent im Jahr 2020. In dem Bestreben, überzeugende Markenerlebnisse zu Hause statt an der Bar zu schaffen, investierten Getränkeunternehmen in eigene Assets wie Markenwebsites und Bildungsinhalte. Besonders auffällig waren Spirituosenmarken, die mit Hilfe von Influencern und Handelspartnern den Verbrauchern beibringen, wie sie zum Beispiel ihre eigenen Cocktails mixen.
Die Verbraucher haben die verfügbaren Optionen für den Online-Kauf von Alkohol für sich entdeckt, und die Alkoholmarken verfügen inzwischen über gute Vertriebsnetze, um die Nachfrage zu befriedigen. Zenith geht davon aus, dass Marken ihre digitale Werbung ausweiten werden, um den Alkohol-E-Commerce auch dann noch zu unterstützen, wenn Pubs und Restaurants bereits vollständig wieder geöffnet sind. Dies wird zwischen 2019 und 2023 zu einem jährlichen Wachstum der digitalen Werbeausgaben von 9,2 Prozent führen, bis die digitale Werbung 30 Prozent der Werbebudgets für Alkohol ausmachen wird.
Zenith prognostiziert, dass Alkoholmarken ihre Ausgaben für das Fernsehen bis 2023 um 2,4 Prozent pro Jahr reduzieren werden, verglichen mit dem Basisjahr 2019, da die traditionellen Fernsehzuschauerzahlen weiter schrumpfen. Die Außenwerbung hingegen wird um 1,1 Prozent pro Jahr wachsen, selbst wenn man den pandemiebedingten Rückgang des Fuß- und Straßenverkehrs berücksichtigt. Die abnehmende Reichweite des Fernsehens macht die Allgegenwärtigkeit von Out-of-Home noch wertvoller.
"In Deutschland fließen 2021 knapp 40 Prozent der Werbegelder von Alkoholmarken in digitale Werbung", so Jennifer Andree
, CEO Zenith Deutschland.
"Das sind 19 Prozent mehr als 2020.Auch in den Jahren 2022 und 2023 werden die Investitionen in Online-Werbung der Alkoholmarken um jährlich rund zehn Prozent steigen. Dies geht hauptsächlich zulasten von TV und Außenwerbung. Beide Gattungen erreichen das prä-pandemische Niveau im Prognosezeitraum nicht mehr."
Alkoholwerbung erholt sich bis 2023 vom Rückgang in 2020
Die Alkoholwerbung schrumpfte im Jahr 2020 fast doppelt so schnell wie der gesamte Werbemarkt, nämlich um 11,6 Prozent im Vergleich zu 6,4 Prozent des Gesamtmarktes. Die Finanzen der Marken wurden durch den Rückgang des Konsumvolumens, des Durchschnittspreises pro Getränk und der Gewinnmargen belastet. Da Bars, Pubs und Restaurants geschlossen wurden, tranken die Verbraucher weniger Alkohol und kauften die Getränke, die sie konsumierten, in Geschäften, wo sie weniger kosteten, mit einem viel geringeren Aufschlag. Die Marken reduzierten ihr Marketing stark, um ihre Gewinne zu schützen. Ihre kombinierten Werbeausgaben fielen von 7,6 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019 auf 6,7 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020.
Angesichts der aktuellen Impfprogramme und den Öffnungsaussichten für die Gastronomie investieren die Marken wieder ihre Kommunikation. Die Rückkehr zur Normalität wird dennoch langsam sein, und die Investitionen in Alkoholwerbung werden bis Ende 2021 mit 7,0 Mrd. US$ immer noch 8 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen. Zenith erwartet, dass die Alkoholwerbung erst im Jahr 2023 mit 7,7 Mrd. US$ den Höchststand vor der Pandemie übertreffen wird.
Westeuropa wird sich am schnellsten erholen, nachdem es am stärksten eingebrochen ist
Zenith prognostiziert, dass Spanien, Großbritannien, Deutschland und Frankreich die herausragenden Wachstumsmärkte sein werden, mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 2020 und 2023 von 28 Prozent, 21 Prozent, 10 Prozent bzw. 8 Prozent. Das liegt daran, dass diese Märkte, in denen der Alkoholkonsum in Bars, Kneipen oder Restaurants ein fester Bestandteil des normalen gesellschaftlichen Lebens ist, den stärksten Rückgang der Ausgaben erlitten, als die Sperrungen verhängt wurden. Im Jahr 2020 sank die Alkoholwerbung in Spanien um 52 Prozent, in Großbritannien um 48 Prozent, in Deutschland um 22 Prozent und in Frankreich um 23 Prozent. Durch ihre schnelle Erholung werden sie bis 2023 in etwa wieder dort sein, wo sie 2019 waren.