56 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren machen sich Sorgen über die Klimakrise. Doch die Bereitschaft aktiv etwas an seinem Handeln zu ändern ist gering. Dies sind die neusten Erkenntnisse der Trendstudie "Jugend in Deutschland" von Jugendforscher Simon Schnetzer
und Bildungsforscher Klaus Hurrelmann
. Klingt, als wäre die Generation Greta Thunberg doch nicht so engagiert und grün wie bisher angenommen. Warum das so ist und was die Jugendlichen brauchen, erklärt Psychologie Professorin Sarah Seidl
von der SRH Fernhochschule
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Kontrollverlust und Corona
Die Corona-Pandemie und der damit erlebte Kontrollverlust haben auch bei den Jugendlichen Spuren hinterlassen. So sind sie aktuell eingeschränkt ihren Alltag und auch ihre Zukunft nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Dies prägt die Jugendlichen - auch im Hinblick auf die Klimakrise.
"Bei vielen Jugendlichen hat sich die Einstellung gebildet: 'Ich kann daran jetzt auch nichts mehr ändern, warum sollte gerade ich mich einschränken?'". Um Dinge anzupacken und zu gestalten, braucht es aber die Überzeugung, dass man selbst an der Situation etwas ändern kann. In der Psychologie wird das häufig als Selbstwirksamkeitserwartung bezeichnet. In der Pandemie haben die Jugendlichen aber genau gegenteilige Erfahrungen gemacht: Die Mehrheit zeigte sich zu Beginn der Pandemie solidarisch, hielt sich an die Schutzmaßnahmen und Einschränkungen und trotzdem dominiert die Pandemie weiterhin ihren Alltag.
Der Wunsch nach Orientierung
Das erklärt auch den Wunsch, dass die Jugendlichen sich mehr Vorgaben aus der Politik wünschen.
"Regeln bevormunden eben nicht nur, sondern sie geben uns auch Orientierung und machen die Dringlichkeit deutlich. Sonst entsteht schnell das Bild: Solange die Politik nichts macht, wird es schon nicht so schlimm sein. Wenn es sich die Politik erlauben kann passiv zu sein, dann muss man selbst ja auch nichts ändern", so die Psychologin Seidl. Im Pandemieverlauf konnte sehr gut beobachtet werden, wie wichtig die Vorgaben für die Orientierung sind. Was erlaubt ist, wird gemacht. Unabhängig davon, ob es auch sinnvoll für das Pandemiegeschehen ist.
Daher sieht Seidl die Politik in der Verantwortung:
"Durch die politische Veränderung der Verhältnisse, zum Beispiel durch den Ausbau des ÖPNV in ländlichen Gebieten, würde sich auch eher das Verhalten, nämlich auf das Auto zu verzichten, verändern können und dann würden sicherlich mehr als 19 Prozent angeben, dass sie bereit sind auf das Auto dauerhaft zu verzichten."
Wo sind die Vorbilder?
Doch nicht nur die Politik ist in der Verantwortung. Es fängt schon im familiären Bereich an. Denn nur weil wir wissen, was sinnvoll, gesund oder gut für uns wäre, setzen wir das dennoch in vielen Fällen nicht unbedingt um.
"Wir bewegen uns zu wenig, wir essen zu fettig und zu süß, achten nicht auf ausreichend Entspannung oder Schlaf. Wir erwarten gerade im Bezug auf klimafreundliches Verhalten etwas von den Jugendlichen, was wir selbst leisten müssten. Es ist bekannt, wie stark das Lernen am Modell, also an Vorbildern, unser Handeln bestimmt. Und da darf man schon auch kritisch fragen: Wo sind diese Vorbilder für die Jugendlichen?", so Seidl.
Die Studie zeigt nochmals deutlich, dass das Thema Klimakrise als dringlichstes und wichtigstes Ziel der Jugendlichen eingestuft wird, dass es aber eben einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bedarf, diesem zu begegnen. Das eigene Nichtaktivwerden hinter der scheinbaren Wohlstandsträgkeit der Jugend zu verstecken, ist zwar bequem, aber wird den Jugendlichen und ihren Themen nicht gerecht, so das Fazit der Psychologieprofessorin.