Fake Singles im Dating - Josh und Jenny
Bild: Brand Science Institute
Männer hingegen nahmen das Pendant, die KI-Singlefrau "Jenny", nur zu 51 Prozent als echt wahr und enttarnten sie nach bereits zwei Stunden als "Fake".
Das sind nur zwei der zahlreichen Ergebnisse einer deutschlandweiten Untersuchung des "BSI Artificial Intelligence (AI) Think Tank" des Brand Science Institute
mit über 1.300 Singles im Alter von 25 bis 49 Jahren. Ziel der Studie war es, das Datingverhalten mit zwei künstlich generierten und über KI kommunizierenden Singles - "Josh" und "Jenny" - näher zu untersuchen.
Die Künstliche Intelligenz habe laut den Studienautoren die Frauen zu sehr ehrlichen und tiefschürfen Antworten bewegen können, die deutlich authentischer sind als im Gespräch mit einem menschlichen Partner. Der in diesen ehrlichen Antworten enthaltene hohe Anteil an Emotionen, kognitiven Prozessen, Bindungs- und Sexualmotiven verdeutlicht, dass es der AI innerhalb kürzester Zeit gelingen kann, das Vertrauen der Singles zu gewinnen.
Hieraus kann sich die Gefahr einer emotionalen Abhängigkeit ergeben und ein hohes Missbrauchspotenzial aufgezeigt werden. Männer sind hinsichtlich der Bewertung der Echtheit, Glaubwürdigkeit und Authentizität der künstlich generierten Dating-Partnerin grundsätzlich skeptischer als Frauen.
Jüngere männliche Singles bewerten Jenny als "Fake". Lediglich 34 Prozent bewerten sie als eine echte menschliche Person. Mit zunehmendem Alter nimmt diese Skepsis tendenziell ab. Zwei Drittel (67 Prozent) aller "älteren" männlichen Singles zwischen 35-45 Jahren bewerten Jenny als echt, glaubwürdig und authentisch.
Auch bei Frauen zeigt sich ein Altersgefälle. Während über alle weiblichen Singles hinweg 68 Prozent Josh für authentisch halten, nimmt dieser Wert bei "älteren" Frauen zwischen 35 und 45 Jahren weiter zu und steigt auf 77 Prozent.
Je einsamer, desto beeinflussbarer
Doch welche Faktoren sorgen dafür, dass Menschen sich von KI-generierten Singles besonders angesprochen fühlen? Die Untersuchung zeigt: Der mit Abstand einflussreichste und wichtigste Aspekt, der die Wahrnehmung menschlicher Züge in der KI begünstigt, ist Einsamkeit. Je höher die empfundene Einsamkeit, desto stärker nahmen Probanden die AI-generierten Singles als reale Menschen wahr.
Es zeigt sich: Bei hoher wahrgenommener Einsamkeit, einer geringen Anzahl an sozialen Interaktionen und einer hohen Distanz zum sozialen Umfeld - also zu Familie, Freunden und Bekannten - und damit ausbleibenden Interaktionen, werden deutlich mehr menschliche Züge des AI-generierten Singles wahrgenommen als bei einer geringen wahrgenommenen Einsamkeit. Der Faktor Einsamkeit werde zudem durch die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Post-Corona Ära begünstigt.
Weitere Faktoren, die die Wahrnehmung der KI-Singles als menschlicher unterstützen: Ein geringes Selbstwertgefühl der Probanden, eine geringe Selbstachtung gegenüber den eigenen Fähigkeiten sowie ein geringes Gefühl von Selbstliebe. Auch Menschen, die dazu neigen, andere zu idealisieren, nehmen die KI-Singles als menschlicher wahr.
Bei Frauen in der Altersgruppe zwischen 30 und 45 Jahren liegen die zentralen Faktoren Einsamkeit, mangelnder Selbstwert und starke Idealisierung um rund 23 Prozent höher als bei Männern.
Kommunikation mit KI überzeugt Frauen mehr als menschlicher Gesprächspartner
Welchen Kommunikationsstil präferieren Frauen: den des KI-generierten Singles oder den eines echten Menschen? Um dies herauszufinden, wurden 103 Frauen im Laufe der Untersuchung in einen für sie unbewussten Flirt verwickelt - eine Gruppe über AI, die andere Gruppe mit Hilfe eines menschlichen Gesprächspartners.
Das Ergebnis: In nahezu allen Bewertungskriterien beurteilten die Frauen den KI-Partner um durchschnittlich 31 Prozent positiver als den menschlichen Gesprächspartner (HI).
Die Klarheit und die angemessene Kommunikation (AI: 89 Prozent vs. HI 73 Prozent) gepaart mit der Zuverlässigkeit, auf gestellte Fragen zu antworten (AI: 91 Prozent vs. HI: 41 Prozent), überzeugte Frauen im Rahmen des Flirts sehr viel stärker als der humane Flirtpartner, der bei nahezu allen Kriterien weniger überzeugte und die typisch menschlichen Verfehlungen zeigte.
Die manchmal gefühlskalten Antworten der AI führten zu geringeren Authentizitätswerten, was im Hinblick auf die positiven Bewertungen aller anderen Kriterien allerdings nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtbewertung hatte.
Bedeutet: Die geringeren Empathie- und Adaptivitätswerte des KI-Singles und der daraus entstehende Mangel an Einfühlungsvermögen führt dazu, dass Frauen die Gradlinigkeit und Klarheit der KI tendenziell stärker motiviert als abschreckt. Die AI bekommt durch diese fehlenden menschlichen Züge einen subjektiv wahrgenommenen Idealcharakter, der auf Frauen anziehend wirkt.
KI-Single gewinnt in kürzester Zeit Vertrauen der Frauen
Die Flirtgespräche, die das mit KI generierte Profil von Josh mit den Probandinnen führte, bewegten die partnersuchenden Frauen zu sehr ehrlichen Antworten. So gelang es Josh innerhalb kürzester Zeit, die Gespräche stark zu emotionalisieren und sukzessive Gefühle im Kommunikationsverlauf aufzubauen, ohne dabei Abbrüche der Gesprächsverläufe zu provozieren.
Dabei erzielen sowohl das Foto als auch die angestoßenen Kommunikationsverläufe von Josh einen vielfach höheren Erfolg als menschliche Single-Männer es üblicherweise über die Anzahl an Kontakten auf Online-Datingplattformen erreichen.
Bei einigen Dating-Portalen hat Josh innerhalb von 24 Stunden im Umkreis von 80 Kilometern und in der Altersgruppe zwischen 28 und 49 Jahren über 750 Likes von weiblichen Singles erhalten.