Arbeitswelt

Work-Life-Balance der Deutschen gehört zu den besten in Europa

08.07.2021 - Deutschland ist eines der Länder mit dem geringsten Stresslevel, mit einer etwas schlechteren Work-Life-Balance als Schweden und etwas besser als in Polen.

von Christina Rose

Welche europäischen Länder haben die Formel für eine ausgeglichene Work-Life-Balance bestmöglich gelöst? Und wie misst man überhaupt ein solches Konzept? Die EU-Agentur Eurofound   hatte dazu im Februar und März 2021 fast 50.000 Menschen über 18 Jahre in verschiedenen EU-Ländern befragt, und MoneyTransfers.com   hat basierend auf diesen Zahlen einen 'Stress Score' errechnet. Darin wurden die Teilnehmenden gefragt, wie oft sie in den letzten zwei Wochen Dinge wie Arbeit in ihrer Freizeit erledigt haben, sich wegen des Jobs zu müde gefühlt haben, um nötige Hausarbeit zu erledigen, sich durch ihre Arbeit davon abgehalten fühlten, Zeit mit der Familie zu verbringen oder über ihren Job außerhalb der Arbeitszeit nachgedacht haben.

MoneyTransfers.com rechnete den Prozentsatz der Personen zusammen, die diese Fragen mit "immer" oder "meistens" beantworteten, um 12 Ländern einen 'Stress-Score' zu geben - ein Zeichen für eine schlechte Work-Life-Balance oder zumindest eine gefühlte.


Das Leben in sonnigen Gefilden einschließlich einer kilometerlangen atemberaubenden Küste reichte nicht aus, um zu verhindern, dass Arbeitende in Griechenland die höchste Stressbewertung (130,1) erhielten. Sie hatten den höchsten Prozentsatz von Menschen (40 Prozent), die das Gefühl hatten, ihre Hausarbeit wegen der Arbeit vernachlässigt zu haben, und diese Arbeit hielt sie davon ab, ihre Familie so oft zu sehen, wie sie wollten (32,2 Prozent).

Die am zweithäufigsten gestressten Bürger leben in Portugal, wo sich die Menschen am meisten Sorgen um ihre Arbeit machten (38 Prozent), und es gleichzeitig eine der höchsten Quoten von Menschen gab, die Teile ihrer Freizeit dem Job opferten (20,2 Prozent).

Am anderen Ende der Skala lag Dänemark mit einem Stress-Gesamtwert von 57. Nur 9,6 Prozent der Dänen gaben an, in ihrer Freizeit zu arbeiten, und nur 10,4 Prozent meinten, Arbeit bedeute Verzicht auf Familienzeit. In den Niederlanden, dem fast ebenso entspannten Land, gaben noch weniger an, wegen der Arbeit nicht genug Zeit mit der Familie zu verbringen (9,4 Prozent).

Deutschland gehört zu den Ländern mit der geringsten Belastung, mit einer etwas schlechteren Work-Life-Balance als Schweden und etwas besser als in Polen. Nur 11,9 Prozent arbeiteten in ihrer Freizeit, während 19,2 Prozent der Meinung waren, dass die Arbeit sie davon abhält, genug Zeit mit der Familie zu verbringen. Zudem waren 28,7 Prozent der Meinung, dass die Arbeit sie davon abhält, all ihre notwendigen Hausarbeiten zu erledigen, und 14,7 Prozent hatten sich in den letzten zwei Wochen Sorgen um die Arbeit gemacht.

Leisten also Griechenland und Portugal ständig Überstunden, während Dänemark und die Niederlande früh Feierabend machen? Nicht ganz. Bei der Eurofound-Umfrage wurden die Menschen auch gefragt, wie viele Wochenstunden sie im letzten Monat durchschnittlich gearbeitet haben. Als MoneyTransfers.com dies mit ihrem Stress-Score verglich, fand sich nur eine schwache Korrelation zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und der Work-Life-Balance.

Zwar arbeiteten die Niederländer die wenigsten Wochenstunden (37,3), kombiniert mit einem der niedrigsten Stresswerte (65,8), während die Spanier mit am meisten arbeiteten (42,3 Stunden) und auch einen der höchsten Stresswerte (116,9) hatten - bei allen anderen Ländern gab es diesen Zusammenhang jedoch nicht: So gehörte das am stärksten gestresste Land - Griechenland - zu denen mit den wenigsten Wochenstunden (38,6 h). Und das am wenigsten gestresste Land - Dänemark - kam auf die zweithöchste Wochenstundenzahl (42,4 h).

Deutschland blieb, wie andere Länder, mit relativ kurzen Arbeitszeiten (37,3 h) und einem niedrigen Stresswert (74,5) im erwarteten Rahmen. Andere Länder dagegen, wie Portugal und Italien, wiesen kurze Arbeitszeiten, aber hohe Stresswerte auf.

Offensichtlich geht es bei einer guten Work-Life-Balance nicht nur darum, wie viele Stunden am Tag man arbeitet, sondern um die individuelle Sichtweise. Es geht darum, wie sehr Sie das Gefühl haben, dass die Arbeit ihre Freizeit beeinträchtigt, wie müde und gestresst Sie sind und wie viel Zeit Sie mit anderen Dingen als der Arbeit verbringen möchten.

Familienorientierte Griechen haben möglicherweise das Gefühl, dass die Arbeit sie davon abhält, ausreichend Zeit mit ihren Verwandten zu verbringen, obwohl sie gar nicht so viel Zeit bei der Arbeit verbringen - "ausreichend Zeit" bedeutet eben für jeden etwas anderes.

Diese Studie widerspricht einigen Stereotypen - zum Beispiel wird oft berichtet, dass Menschen in Dänemark kurze Arbeitszeiten haben, was zu ihrem allgemeinen Glück beiträgt. Aber die gleichen dänischen Umfrageteilnehmer, die angaben, lange Arbeitszeiten zu haben, hatten immer noch das Gefühl, dass sie eine gute Work-Life-Balance haben.

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