70 Prozent der deutschen VerbraucherInnen schließen ihren Kauf im Onlineshop nicht ab - mobil sind es sogar noch mehr (80 Prozent). Die Hauptgründe dafür sind zu lange Lieferzeiten, der Zwang zur Kundenkonto-Erstellung und ein insgesamt zu komplizierter Checkout-Prozess. In einer gemeinsamen Untersuchung haben die Hochschule Offenburg
und Uniserv
, Experte für das Management von Kundenstammdaten, die Dateneingabe beim Registrierungs- und Bestellprozess der Top 100 Onlineshops in Deutschland unter die Lupe genommen.
Wesentliche Ergebnisse der Untersuchung: Handelsunternehmen gestalten den Checkout zu umständlich, zwingen die Kundschaft meist ohne Toolunterstützung gerade auch mobil zur Dateneingabe in komplizierte, international nicht kompatible Formulare und fragen mehr Daten als nötig ab. Durch die somit verursachten Kaufabbrüche verschenken die Online-Händler nicht gerade wenig Umsatzpotenzial. Zudem verlangt mehr als jeder dritte Onlineshop eine Registrierung, also die Erstellung eines Kundenkontos. Laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) muss jedoch eine Gastbestellung immer möglich sein.
"Nicht nur die Verpflichtung durch die DSGVO spricht dafür, dass Online-Händler die Option einer Gastbestellung anbieten sollten. Kunden und Kundinnen haben gerne die freie Wahl, wie viele Daten sie von sich preisgeben", erklärt Jürgen Brunner
, Experte für E-Commerce bei Uniserv. "Gerade als neuer User möchte man sich erstmal von den Produkten oder den Services überzeugen, bevor man seine privaten Daten preisgibt. 'Registrieren' klingt für viele Online-Shoppende nach einem langen und mühsamen Prozess, der dem Spaß beim Kauf und Komfort des Online-Shoppings im Weg steht. Die Option 'Gastbestellung' verleiht den Eindruck, dass der Bestellprozess schneller geht. Nutzende haben die Kontrolle und können selbst entscheiden, ob sich eine Registrierung lohnt oder nicht."
Zu viele und unnötige Formularfelder
Doch nicht nur die Erstellung eines Kundenkontos kann dazu führen, dass KonsumentInnen abgeschreckt werden. Oft sind die Erfassungsmasken im internationalen E-Commerce nicht länderspeziell angepasst. Beispielsweise kann eine französische Adresse mit zeilenweisem Aufbau kaum vernünftig in eine deutsche Erfassungsmaske mit feldweisem Aufbau eingegeben werden. Auch die verpflichtende Angabe zu vieler Daten führt schnell dazu, dass KäuferInnen den Checkout-Prozess abbrechen. Wie die Untersuchung ergab, müssen sie im Durchschnitt zehn bis elf Formularfelder für die Bestellung ausfüllen. Im schlimmsten Fall sind bis zu 18 unterschiedliche Angaben nötig, um den Kauf abschließen zu können. Mehr als ein Drittel der untersuchten Onlineshops fragt dabei nicht nur die zur Bestell- und Kaufabwicklung notwendigen Informationen ab, sondern fordert weitere Angaben, wie Geburtsdatum oder Telefonnummer, die nicht zwingend nötig sind. Bei über zwei Drittel (68 Prozent) der Webshops ist zudem die Geschlechtsangabe verpflichtend. Gleichzeitig bieten sie keine geschlechtsneutrale Anrede, obwohl dies per Gerichtsurteil verpflichtend seit Dezember 2020 wäre.
Autovervollständigung als Hilfestellung im Checkout
Neben einer Reduktion der verpflichtenden Eingabefelder und der Option zur Bestellung als Gast, können Handelsunternehmen ihren InteressentInnen auch anderweitig den Checkout-Prozess erleichtern. Eine automatische Vervollständigung beispielsweise kann den Eingabeprozess vereinfachen und beschleunigen. Sie ist insbesondere für mobil Shoppende hilfreich, um Vertipper gerade bei kleineren Eingabefeldern auf mobilen Endgeräten entgegen zu wirken.
Derzeit bieten laut Untersuchung 24 der 100 Top Onlineshops eine Autovervollständigung an, allerdings nicht durchgängig für Bestell- und Registrierungsprozess. Diese Inkonsistenz kann sich negativ auf die Usability auswirken. Neun Onlineshops integrieren die Vervollständigung nur im Feld für den Straßennamen. Das ist lediglich eine kleine Erleichterung.
Eine gute Lösung bieten nur fünf Onlineshops: Sie reduzieren die Adresseingabe auf eine einzige Adresszeileneingabe, eine sogenannte Singleline-Eingabe oder Adress-Sucheingabe. Hier müssen KundInnen ihre Adresse nicht mühsam bis zum letzten Zeichen komplett eingeben, sondern suchen ihre eigene Adresse durch die Eingabe weniger Zeichen, ähnlich wie sie es von der Google Suche gewohnt sind. Die möglichen Adressen werden direkt unter der Eingabe angezeigt und verfeinern sich mit jedem weiteren eingetippten Zeichen. Die Vorteile dieser Eingabe: Die Adresse kann flüssig und formatfrei gesucht werden, kleine Tippfehler werden automatisch korrigiert. Zudem müssen Kaufinteressierte bei dieser Eingabemethode die Formularfelder meist nicht mehr benutzen. Dies ist insbesondere für Mobile-User sehr hilfreich, bei denen das Springen von Feld zu Feld sehr mühsam und umständlich ist. Dadurch wird der Prozess insgesamt für alle schneller, müheloser und zuverlässiger.
Grundlage der Studie ist das Ranking der Top 100 Onlineshops des Kölner EHI Retail Institute und Statista, die von Uniserv und der Hochschule Offenburg gemeinsam heuristisch evaluiert wurden. Die Untersuchung als Ganzes stellt vertiefend weitere positive und negative Beispiele dar. Der 32-seitige Studienbericht kann
hier
kostenfrei angefordert werden.