�ber Chancen im Job entscheidet die Herkunft

Bild: Unsplash/Pixabay

14.07.2021 - Schlechte Chancen aufgrund der Herkunft und Corona-Schutzma�nahmen im Niedriglohnsektor: Eine Studie zeigt deutlich die Auswirkungen einer sich ausweitenden sozialen Schere auf die Arbeitswelt.

von Christina Rose

F�r die nunmehr achte 'So arbeitet Deutschland-Studie' befragte die Personalberatung SThree mehr als 2.000 in Deutschland lebende Personen ab 18 Jahren. Dabei zeichnet sich ein klares Bild der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gem�ter ab: Ein Viertel (23 Prozent) der Befragten sagt, die Pandemie habe ihnen klar gemacht, dass Arbeit vorrangig der Existenzsicherung dient. Dennoch k�nnen sich zwanzig Prozent trotz potentiell besserer Gehaltsaussichten nicht vorstellen, in eine andere Branche zu wechseln.

Aspekte, die sich am st�rksten negativ auf dem Stellenmarkt auswirken k�nnen, haben Arbeitnehmer aus ihrer Sicht nicht selbst in der Hand: Jeweils ein Viertel der Befragten sagt, die Nationalit�t (28 Prozent) und die soziale Herkunft (24 Prozent) hemmen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland. Hierbei sehen fast die H�lfte der Befragten mit Migrationshintergrund (42 Prozent) die Nationalit�t als besondere H�rde, aber nur 26 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund. Dass allein der Bildungsabschluss �ber die Jobaussichten entscheidet, glaubt ein Viertel (26 Prozent), darunter doppelt so viele �ber-55-J�hrige (30 Prozent) wie 18- bis 24-J�hrige (15 Prozent). Es handelt sich folglich auch um einen Generationenkonflikt.

Grafik: SThree

Was muss also geschehen, damit Chancengleichheit in Deutschland nicht l�nger nur ein Lippenbekenntnis ist? Eine Ein-Drittel-Mehrheit (34 Prozent) sieht den Staat in der Bringschuld und fordert als wichtigsten Ansatzpunkt eine verst�rkte Unterst�tzung von Kindern aus sozial schwachen Familien (31 Prozent). Eine altersunabh�ngige F�rderung oder mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern w�nschen sich jeweils nur halb so viele (14 Prozent) als konkrete Ma�nahme. Dabei sehen in puncto Gleichberechtigung doppelt so viele Frauen (18 Prozent) wie M�nner (9 Prozent) Handlungsbedarf.

Erschreckend: Corona-Schutz ist eine Frage des Gehalts

Die vorherrschende, soziale Kluft �berschattet auch das Angebot von Corona-Schutzma�nahmen: W�hrend der Pandemie hatte bei einer Mehrheit der Befragten (45 Prozent) der Schutz der Mitarbeiter im Unternehmen oberste Priorit�t. Dennoch gab jeder Vierte (26 Prozent) an, die Corona-Schutzma�nahmen wurden teilweise, schleppend oder gar nicht umgesetzt. Angebote wie Home-Office, Corona-Tests oder individuelle Regelungen f�r Eltern zeigen sich klar als ein Privileg der Besserverdienenden: 20 Prozent der Arbeitnehmer mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.000 bis 1.500 Euro pro Haushalt gaben an, ihnen wurden keine besonderen Schutzma�nahmen bewilligt; unter den Geringverdienern bis zu 500 Euro netto waren es mit 43 Prozent sogar fast die H�lfte. Im Gegensatz dazu gab es f�r lediglich vier Prozent der 4.000 bis 4.500 Euro Netto-Verdienenden keinerlei Sonderregelungen.

Sinnsuche in Krisenzeiten - aber nicht um jeden Preis

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, auf welche Berufsgruppen es in Krisenzeiten wirklich ankommt, und T�tigkeiten, die bislang weniger Beachtung fanden und zumeist auch mit einem geringen Gehalt einhergehen, r�ckten verst�rkt in den gesellschaftlichen Fokus. So sagen 37 Prozent der Befragten, dass die Bedeutung von Arbeit im Gesundheits- und Pflegebereich durch die Corona-Pandemie gr��er geworden ist. Ebenso ist die Bedeutung systemrelevanter Arbeit (Einzelhandel, Kindergarten etc.) laut 24 Prozent gestiegen. Auf die pers�nlichen Umst�nde bezogen sagt ein Viertel (23 Prozent) der Befragten allerdings, die Pandemie habe ihre Einstellung zur Arbeit ge�ndert und ihnen klar gemacht: Arbeit muss vorwiegend die Existenz sichern k�nnen. Dennoch sehen besonders J�ngere (18-24 Jahre) in der Krise die Chance, sich mit der Sinnsuche im Job auseinanderzusetzen und die Welt besser zu machen (53 Prozent).

Unternehmen aller Gr��e sollten daher mit Blick auf die Zukunft beginnen, sich mit ihren Wertvorstellungen auseinandersetzen. Denn wenngleich heute knapp ein F�nftel (22 Prozent) angibt, ein Corporate Purpose sei reines Marketing und er spiele f�r fast die H�lfte (44 Prozent) bez�glich der Arbeitgeberwahl keine Rolle, zeigt die Tendenz, dass sich das mit den kommenden Generationen drastisch �ndern wird. Laut Studie liegen die Top 3 der sinnstiftenden Wirkungsbereiche f�r Unternehmen in der Bew�ltigung sozialer Herausforderungen (23 Prozent), gesundheitlicher (17 Prozent) sowie �kologischer Herausforderungen (15 Prozent).

Mitarbeiterbindung steht und f�llt mit dem Geld

Anstelle eines �bergeordneten Corporate Purpose ist noch immer das ausschlaggebendste Kriterium der Mitarbeiterbindung ein �berdurchschnittliches Gehalt. Dies gibt die H�lfte der Befragten (49 Prozent) an. Drehte sich die �ffentliche Diskussion in den vergangenen Jahren eher um den Punkt, dass jungen Leuten vor allem die pers�nliche Entfaltungsm�glichkeit in der Karriere wichtig ist, zeigt die Studie hier ein anderes Bild - f�r 61 Prozent der Befragten, die studieren, ist das Gehalt f�r eine langfristige Unternehmensbindung ausschlaggebend. Des Weiteren zeigt die Studie, dass die Wertsch�tzung gegen�ber dem Einzelnen (42 Prozent) sowie die Vereinbarkeit des Privaten mit dem Beruf (45 Prozent) entscheidend f�r die Arbeitgeberwahl ist. Dies scheinen die Vorgesetzten bereits erkannt zu haben und k�mmern sich laut 35 Prozent der Befragten um eine angemessene Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben, zeigen Wertsch�tzung gegen�ber dem Einzelnen (29 Prozent) und erm�glichen agile Arbeitsstrukturen durch Flexibilit�t von Arbeitszeit und -ort (26 Prozent).

Trotzdem sagt ein Viertel der Befragten (25 Prozent), ihr Arbeitgeber f�hre keine Ma�nahmen zur Personalbindung durch. Ein Drittel der Befragten (32 Prozent) sagt, sie k�nnten sich f�r einen Wechsel erw�rmen, wenn er mit deutlichen Gehaltsverbesserungen verbunden ist. F�r 23 Prozent m�ssten die Kosten der Weiterbildung �bernommen werden und f�r 20 Prozent sollte der Vereinbarkeit von Privatem und Beruflichem nichts im Wege stehen. Dennoch: Ein F�nftel (20 Prozent), darunter besonders jene mit hohen Bildungsabschl�ssen, haben ihren Traumberuf bereits gefunden und k�nnen sich keinen Wechsel in ein anders Berufsfeld vorstellen.

Bild: Michael Poganiatz

Joachim Graf
(ibusiness.de)

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