Ukraine, Corona und Co.

Bestandsaufnahme zum Krisen-Marathon: Bereitschaft für Technik-Experimente wächst

07.07.2022 - Ukraine-Krieg, explodierende Energiepreise und unterbrochene Lieferketten: Die aktuellen Herausforderungen für die Weltmärkte führen in der digitalen Wirtschaft in Deutschland zu Verunsicherung. Derzeit laufen die Geschäfte noch gut, allerdings blickt die Branche verhalten auf die zweite Jahreshälfte.

von Sebastian Halm

Für 2022 erwartet der Digitalverband Bitkom   auf Basis aktueller Berechnungen für die Unternehmen der IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik ein Umsatzplus von 4,3 Prozent auf 189,4 Milliarden Euro. Im Juni 2022 beurteilten die ITK-Unternehmen ihre Geschäftslage insgesamt als sehr gut, wie Erhebungen von Bitkom und ifo Institut zeigen. Der Bitkom-ifo-Digitalindex, der das Geschäftsklima abbildet und sich aus der aktuellen Lage und den künftigen Erwartungen berechnet, stieg um 2,3 auf 22,8 Punkte - das entspricht dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.

Dass sich der Aufwärtstrend fortsetzt, glauben allerdings nur wenige Unternehmen. Dementsprechend notiert der Teilindex für die Erwartungen an die kommenden sechs Monate nur schwach im Plus (2,9 Punkte), das ist deutlich niedriger als in den Monaten vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine.

Mehr Ausgaben für Forschung und Entwicklung, gelebte Homeoffice-Kultur

Die Bereitschaft, mit neuen Technologien zu experimentieren und in die Anwendung zu gehen, ist in der Digitalbranche nach Erhebungen von Bitkom und ifo Institut deutlich stärker ausgeprägt als in der Gesamtwirtschaft. Mehr als ein Drittel der ITK-Unternehmen (36 Prozent) will in diesem Jahr seine Investitionen in Forschung und Entwicklung steigern. In der Gesamtwirtschaft ist es nur etwa ein Sechstel (18 Prozent).

Auch digitales und mobiles Arbeiten ist bei Digitalunternehmen überdurchschnittlich stark verbreitet. In der ITK-Branche arbeiten sechs von zehn Beschäftigten (61 Prozent) zumindest teilweise im Homeoffice, in der Gesamtwirtschaft ist es nur ein Viertel (25 Prozent). Die steigenden Energiepreise treffen Digitalunternehmen weniger stark. Die Ausgaben für Strom sind um ein Fünftel (19 Prozent) gestiegen, in der Gesamtwirtschaft um ein Drittel (34 Prozent).

Investitionen in resiliente Infrastrukturen treiben IT-Wachstum

Die beschleunigte Digitalisierung treibt das Wachstum in der Informationstechnik. Mit IT werden 2022 nach aktueller Prognose 113,0 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht einem Wachstum von 6,7 Prozent. Am stärksten im Plus liegen demnach die Umsätze mit Software (32,4 Milliarden Euro; +8,8 Prozent), die vom boomenden Cloud-Geschäft angetrieben werden.

Das Hardware-Segment wächst auf 37,0 Milliarden Euro (+6,7 Prozent). Insbesondere Unternehmen investieren mit einem Fokus auf Digital Work und sichere und resiliente Infrastrukturen, wie Infrastructure-as-a-Service (IaaS), also gemietete Server, Netzwerk- und Speicherkapazitäten (+33,2 Prozent), und Workstations (+27 Prozent). Die Umsätze mit IT-Services steigen auf 43,6 Milliarden Euro (+5,3 Prozent). Das Projektgeschäft ist überwiegend langfristig angelegt und weniger stark von Konjunkturschwankungen beeinflusst.

Netzausbau begründet Wachstum in der Telekommunikation

Der Markt für Telekommunikation setzt in diesem Jahr sein moderates Wachstum fort. 2022 soll das Segment um 1,5 Prozent auf 67,7 Milliarden Euro zunehmen. Mit Telekommunikationsdiensten werden nach Bitkom-Berechnungen 48,8 Milliarden Euro umgesetzt, das entspricht einem Plus von 1,0 Prozent. Das Geschäft mit Endgeräten legt auf 11,9 Milliarden Euro (+2,9 Prozent) zu, die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur wachsen ähnlich schnell auf 6,9 Milliarden Euro (+2,7 Prozent).


In der Unterhaltungselektronik wartet man weiter vergeblich auf Wachstum. Nach dem zwischenzeitlichen Corona-Hoch sinken die Umsätze im zweiten Jahr in Folge, um 2,6 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. 2020 wurden noch 9,3 Milliarden Euro umgesetzt.

Grundlage der Angaben zur Marktentwicklung sind Daten der Bitkom Research in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut IDC. Der Bitkom-ifo-Digitalindex basiert auf der monatlichen ifo Konjunkturumfrage und bildet sich aus dem geometrischen Mittel der Werte für die Geschäftslage und die Geschäftserwartungen.

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