Unternehmenskommunikation

Kommunikation mit Haltung: Warum Schweigen gefährlich sein kann

19.03.2019 - Sowohl für Unternehmensentscheider mit Einkaufsmacht als auch für Verbraucher spielen öffentlich gelebte Werte von Unternehmen eine Rolle und beeinflussen ihre Kaufentscheidungen. Eine globale Umfrage unter Unternehmensentscheidern, Marketing-Verantwortlichen und Verbrauchern zeigt, weshalb es für Unternehmen an der Zeit ist, mehr Haltung zu zeigen.

von Christina Rose

Ein gemeinsames Wertefundament ist für mehr als vier Fünftel (82 Prozent) der B2B-Entscheider bei der Wahl eines Geschäftspartners mittlerweile fast genauso wichtig wie der Preis (84 Prozent). Außerdem richten auch Verbraucher ihre Kaufentscheidungen stark an persönlichen Überzeugungen aus: Fast die Hälfte der Deutschen (45 Prozent) haben schon mal auf den Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung verzichtet, weil ein Unternehmen gegen ihre persönlichen Werte verstoßen hat.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage der globalen Kommunikationsberatung Hotwire. Auf Fragen zu einem ganzen Spektrum an kritischen Themen von Datenschutz bis #MeToo finden deutsche Unternehmen aber oftmals nicht die passenden Antworten, vor allem weil es an der Klarheit über die eigenen Werte oder deren Kommunikation mangelt: Lediglich 43 Prozent der Marketing-Verantwortlichen sehen die Werte ihres Unternehmens immer oder meistens in der Kommunikation reflektiert.

"Siemens-Chef Joe Kaeser stellte sich vor kurzem öffentlichkeitswirksam gegen hetzerische Aussagen von Alice Weidel. In diesem Rahmen wurde bekannt, dass sich andere Top-CEOs das nicht trauen, sie befürchten Kundenverluste", kommentiert Florian Hohenauer, Geschäftsleiter Hotwire Deutschland. "Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, dass Schweigen eine riskante Strategie sein kann. Verbraucher wie B2B-Entscheider beziehen gelebte Werte in ihre Kaufentscheidungen ein. Proaktive Kampagnen bergen das Potenzial, die Markenreputation zu stärken und neue Kunden zu gewinnen."

Werte treiben Kaufentscheidungen


83 Prozent der deutschen Unternehmensentscheider würden die Geschäftsbeziehung zu einem Partner aufgrund von misslungener Kommunikation zu einem kritischen Thema beenden. Auch Verbraucher denken werteorientiert: 70 Prozent geben an, ihr Konsumverhalten anhand ihrer Werte und Überzeugungen auszurichten. Besonders brisant: Mehr als zwei Drittel der Verbraucher (77 Prozent) sagen zudem, dass sie zu einem Unternehmen auf Distanz gehen würden, wenn es mit einem Partner oder Zulieferer in Verbindung steht, der im Umgang mit einem kritischen Thema gegen ihre Werte verstoßen hat.

Auf B2B-Unternehmen lastet somit ein doppelter Druck: Einerseits werden sie im Rahmen etablierter Beschaffungsprozesse verstärkt darauf geprüft, ob ihre Werte zu denen des potenziellen Kunden passen. 63 Prozent der Unternehmensentscheider geben an, dass in ihrem Haus ein Abgleich gemeinsamer Werte ein fester Bestandteil dieses Prozesses ist. Andererseits üben Verbraucher als "Endkunden" auf Transaktionen zwischen Unternehmen oft einen mittelbaren Einfluss aus - auch ihre Überzeugungen spielen also eine Rolle.

Um welche Themen geht es?


64 Prozent der Marketing-Verantwortlichen waren bereits an Kampagnen zu kritischen Themen beteiligt. Am häufigsten ging es dabei in Deutschland um Datenschutz (45 Prozent), Digitalisierung der Arbeitswelt (31 Prozent) und Lohnungleichheit (28 Prozent). Die "Gegenseite", Unternehmensentscheider mit Einkaufskompetenz, wünschen sich teilweise andere Schwerpunkte: Datenschutz (29 Prozent) steht auch in dieser Gruppe ganz vorne, dann folgt aber der Wunsch nach Haltung in Bezug auf Umweltschutzthemen (27 Prozent) und zum Thema "bedingungsloses Grundeinkommen" (26 Prozent). Verbraucher wünschen sich Haltung zu ebendiesen Themen, aber mit einer anderen Gewichtung. Hier an Stelle eins: Umweltschutz (29 Prozent), gefolgt vom bedingungslosen Grundeinkommen (26 Prozent) und dem Thema Datenschutz (24 Prozent). Der gemeinsame Nenner, auf den sich alle drei Gruppen einigen können, ist also das Thema Datenschutz.

Unternehmen sind nicht ausreichend vorbereitet


Hierzulande gaben mehr als ein Drittel (35 Prozent) der befragten Marketing-Verantwortlichen an, eine Kommunikationskrise rund um kritische Themen miterlebt zu haben. Im weltweiten Durchschnitt liegt der Wert bei 58 Prozent, in den USA sogar bei 70 Prozent. Drei Viertel (74 Prozent) der deutschen Marketing-Verantwortlichen haben erkannt, dass die Vorbereitung auf solche Krisenereignisse von größter Bedeutung ist. Klare und gut kommunizierte Unternehmenswerte sind der wichtigste Faktor für eine gute Vorbereitung, da ist sich diese Gruppe einig.

Die Umsetzung im eigenen Unternehmen sehen viele Marketer kritisch: Lediglich 43 Prozent der Marketing-Verantwortlichen sehen die Werte des Unternehmens immer oder meistens in der Kommunikation reflektiert. 44 Prozent verfügen über einen aktuellen Kommunikationsplan, an den sie sich bei Problemen halten können. 35 Prozent verfügen zwar ebenfalls über einen Plan, dieser ist jedoch veraltet und muss in den nächsten sechs bis zwölf Monaten aktualisiert werden. Ein weiteres Versäumnis besteht darin, dass nur etwa ein Viertel (26 Prozent) der Marketing-Abteilungen mit einer PR-Agentur zusammenarbeitet, die sie beim Krisenmanagement unterstützen kann.

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