20.11.1998 - Von Heinz Raszkowski
Direktmarketing hatte nie eine Chance, in der Königsdisziplin "Markenführung" eine entscheidende Rolle zu spielen, denn Markenführung und unmittelbarer, meßbarer Erfolg sind unvereinbar.
Wer bei jeder Aktion den Break-even-point penibel ausrechnet und die einzelne Werbemaßnahme sofort als Top oder Flop klassifiziert, hat keine Zeit, Assoziationsräume zu gestalten. Auch kreative Ideen haben es da schwer, denn Neues braucht Zeit, um akzeptiert zu werden.
Man kann es den Verfechtern des klassischen Monologs also nicht übelnehmen, wenn sie dem Direktmarketing keine oder allenfalls eine untergeordnete Funktion in der Markenführung zubilligen.
Mit dem Dialogmarketing ist das eine andere Sache, denn es besitzt eine eigene Kommunikationsqualität. Wer One-to-one-Beziehungen aufbauen will, braucht Kontinuität. Gleichzeitig muß über den unmittelbaren augenblicklichen Vorteil hinaus eine umfassende Markenwelt mit den entsprechenden Deutungen angeboten werden, damit die Beziehung auf einem tragfähigen Fundament ruht und nicht auf dem schmalen Grat der aktionsbezogenen Gewinnrechnung balanciert.
Aus dieser für das Dialogmarketing neu definierten Sicht der One-to-one-Kommunikation erwächst nun keineswegs automatisch der Anspruch, federführend für den Aufbau, die Pflege und die Weiterentwicklung von Marken zu sein.
Dialogmarketing kann nur dann die Architektenrolle für ein Markengebäude übernehmen, wenn ein Markt und seine Zielgruppe(n) für eine eigene Galaxie im Markenuniversum abgrenzbar sind.
Hier liegt das Potential für Markenführung durch Dialogmarketing: In einer Gesellschaft, die sich zunehmend als kleinster gemeinsamer Nenner locker miteinander verbundener Subgruppen definiert, entstehen die Märkte, in denen Marken durch Dialogmarketing geführt werden können.
Zur neuen Kommunikationsqualität gesellen sich alte Tugenden: Direktmarketer haben sich lange und intensiv mit Zielgruppen auseinandergesetzt und dieses Wissen an ihre Erben, die Dialogmarketer, weitergegeben. Sie haben die kommunikativen Beziehungsinstrumente und das operative Know-how, um mit den Zielgruppen dieser Märkte umzugehen.
Doch auch vor unkritschem Enthusiasmus sei gewarnt: Dialogmarketing darf sich nicht in der Faszination der technischen Möglichkeiten erschöpfen, wenn der Anspruch "Markenführung" heißt. Die Kenntnisse über Markenstrategien, die Beratungsbreite und -tiefe und die kreative Kraft der Ideen müssen noch deutlich ausgebaut werden. Hier setzen die Kollegen aus der klassischen Disziplin die Standards. Aber die Dialogmarketer sind hungrig und neugierig, und wer die Entwicklung verfolgt, blickt mit Zuversicht in ein neues Jahrtausend.
Heinz Raszkowski ist Mitglied im Council Dialogmarketingagenturen im DDV. Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der Council-Arbeitsgruppe "Beratung".
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