Die Budgets für Influencer Marketing steigen seit Jahren. Für viele Unternehmen ist diese Werbeform längst ein fester und elementarer Baustein ihrer Marketingstrategie. Doch Influencer Marketing bringt auch erhebliche rechtliche Stolpersteine mit sich - mit Folgen sowohl für Unternehmen als auch InfluencerInnen.
Konsequenzen ziehen können die Beteiligten des Influencer-Marketings beispielsweise aus einem Beschluss des OLG Frankfurt a.M.
. Dieses hatte darüber zu entscheiden, ob eine Influencerin gegen das Verbot, die Produkte eines Mitbewerbers auf ihrem Internetkanal mit "Bullshit" zu bezeichnen, verstößt, indem sie das Wort "Bullshit" "nur" als "B******t" wiedergibt. Im Ergebnis stellte das Gericht einen kerngleichen Verstoß fest. Insbesondere werden LeserInnen trotz der Verfremdung der Aussage erkennen, dass mit der Bezeichnung "B******t" das Wort "Bullshit" kommuniziert werden soll.
Rechtliche Grenzen des Influencer-Marketings
Interessant ist dieser Beschluss aus folgenden Gründen: Er verdeutlicht an einem sehr anschaulichen Beispiel, unter welchen Umständen gegen eine Unterlassungsverfügung verstoßen wird und macht darauf aufmerksam, dass bei derartigen öffentlichen Äußerungen von beauftragten InfluencerInnen Vorsicht geboten ist. Neben schlechter Publicity kann es im "worst case" zu rechtlichen Sanktionen kommen. Rechtliche Schranken ergeben sich aus dem
Rundfunk- und Presserecht sowie aus dem
Wettbewerbsrecht, worauf sich der Beitrag im Folgenden beschränkt.
Zwar ist zunächst einmal der/die InfluencerIn selbst verantwortlich für die Beiträge auf dem eigenen Kanal sowie die Einhaltung des geltenden Rechts im Rahmen seiner/ihrer Tätigkeit. Allerdings ist daneben auch eine Haftung der werbenden Unternehmen und beauftragenden Agenturen denkbar. Eine solche Haftung steht nicht nur dann im Raum, wenn das werbende Unternehmen engagierte InfluencerInnen zu der rechtsverletzenden Handlung aufgefordert hat. Nach der wettbewerbsrechtlichen
Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG) kommt eine Haftung selbst dann in Betracht, wenn der/die InfluencerIn im konkreten Fall ohne das Wissen und Wollen des Auftraggebers gehandelt hat.
Bei Verstoß gegen rechtliche Vorschriften drohen den Beteiligten rechtliche Sanktionen. Im Raum stehen Abmahnungen sowie gerichtliche Unterlassungsverfügungen, die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz und Bußgelder.
Geschäftliche Handlung im Sinne des UWG
Allerdings muss sich nicht jede Handlung einer influencenden Person am Maßstab des Wettbewerbsrechts messen lassen. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn sich die Person lediglich rein privat äußert und hängt davon ab, ob es sich im konkreten Fall um eine
geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG handelt. Ohne an diesem Punkt auf die vielschichtige Literatur und Rechtsprechung einzugehen, lässt sich sagen, dass InfluencerInnen wohl in den allermeisten Fällen zu Gunsten des eigenen oder eines Drittunternehmens handeln werden, womit eine geschäftliche Handlung in diesem Sinne anzunehmen sein wird. Gehen Sie also im Zweifel davon aus, dass wettbewerbsrechtliche Vorschriften Anwendung finden.
Herabsetzung von Mitbewerbern
In dem oben erwähnten Rechtsstreit hatte die Influencerin Produkte und InfluencerInnen eines Konkurrenzunternehmen mit "Bullshit" bezeichnet.
Die Herabsetzung und Verunglimpfung von Mitbewerbern, das heißt die Verringerung der Wertschätzung bzw. Verächtlichmachung ohne sachlichen Grund, ist verboten, §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 UWG. Um eine solche Herabsetzung oder Verunglimpfung kann es sich sowohl bei unwahren als auch bei wahren Tatsachenbehauptungen sowie bei Schmähkritik und Formalbeleidigungen handeln.
Äußern sich KooperationspartnerInnen also kritisch über Mitbewerber, deren Produkte, Dienstleistungen oder InfluencerInnen, sollte das werbende Unternehmen die Ohren spitzen und prüfen (lassen), ob sich die konkrete Aussage noch im rechtlichen Rahmen bewegt.
Schleichwerbung
Von Flying Uwe über Pamela Reif zu Cathy Hummels und Diana zur Löwen - das wohl brisanteste und aktuellste Rechtsthema im Bereich des Influencer-Marketings ist der Vorwurf der Schleichwerbung, §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG.
Unlauter handelt nach §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 6 UWG, wer den kommerziellen Zweck einer Handlung nicht kenntlich macht (sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt) und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das klingt relativ kompliziert? Ist es auch.
In aller Kürze lässt sich sagen: Ein kommerzieller Zweck wird regelmäßig dann gegeben sein, wenn auch eine geschäftliche Handlung (s.o.) bejaht werden kann. Die Ansprüche an eine hinreichende Kennzeichnung als Werbung sind hoch. Beispielsweise muss der werbliche Charakter für LeserInnen auf den ersten Blick erkennbar sein. Entbehrlich kann eine solche Kennzeichnung unter Umständen dann sein, wenn die influencende Person im konkreten Beitrag auf dem eigenen Profil das eigene Unternehmen fördert, da sich den KonsumentInnen der kommerzielle Zweck hier aus den Umständen erschließt. Geschäftsentscheidungsrelevanz wird in der Regel zu bejahen sein, da hierfür bereits ausreicht, dass sich der Verbraucher mittels eines Links (z.B. Tap Tag) auf den Account des Anbieters des jeweiligen Produktes begibt.
To-Dos für InfluencerInnen, werbende Unternehmen und beauftragende Agenturen
Was können die Beteiligten also tun, um einer Verantwortlichkeit bzw. Haftung von vorneherein aus dem Weg zu gehen?
- Werbende Unternehmen und Agenturen sollten bereits im Rahmen der Erstellung der vertraglichen Vereinbarungen mit influencenden Personen und KooperationspartnerInnen eine gute anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen. Im Rahmen einer klugen und vorausschauenden Vertragsgestaltung können Haftungsrisiken schon im Vorhinein begrenzt oder ausgeräumt werden. Insbesondere sollten konkrete Regelungen zur Einhaltung der Kennzeichnungspflichten vereinbart sowie sämtliche Leistungspflichten genau beschrieben werden.
Autorin Anna Vogl
Bild: Rödl & Partner
- Um während der Zusammenarbeit Kontrollverlust des werbenden Unternehmens und Rechtsmissbrauch durch InfluencerInnen zu vermeiden, sollten diese laufend geschult und sensibilisiert werden - wie muss ich mich verhalten, um innerhalb des rechtlichen Rahmens zu bleiben? Im Fall von Corporate InfluencerInnen können beispielsweise unternehmensinterne Social-Media-Guidelines helfen, Probleme zu vermeiden.
- Letztlich sollten alle beteiligten Parteien stets Up-to-date bleiben, aktuelle Rechtsprechung sowie Gesetzesänderungen im Blick behalten und daraus Konsequenzen ziehen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Influencer- und Social Media-Marketings sind ein heißes Thema und im ständigen Wandel, sodass es unerlässlich ist, sich fortlaufend über den Stand der Dinge zu informieren.
Über die Autorin: Anna Vogl ist Rechtsanwältin für Marken- und Wettbewerbsrecht bei der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Rödl & Partner
.