19.04.2021 - Leadgenerierung über Businessnetzwerke war nie wichtiger als in diesen Tagen. Schon vor Corona hat sich deutlich abgezeichnet, was sich während der Pandemie noch beschleunigt hat: B2B-Leads generiert man online.
von Christina Rose
Das Duell der beiden Business-Netzwerke Linkedin
und Xing
köchelt schon seit Jahren, scheint sich aber inzwischen klar zugunsten von Linkedin zu entwickeln. Auch die bisher inoffizielle Quasi-Aufteilung zwischen der von Xing bedienten DACH-Region und der englischsprachigen Welt von Linkedin weicht immer mehr auf.
Linkedin hat inzwischen viele Nutzer aus dem deutschsprachigen Raum hinzugewonnen. Bei den Nutzerzahlen liegen die Netzwerke schon recht nah beieinander: Xing vermeldet 19 Millionen Nutzer im DACH-Raum, Linkedin 15 Millionen. Wobei die kommunizierten Accounts noch nichts über die Aktivität der Nutzer aussagt. Aber egal wo: Es geht immer um Leadgenerierung.
Thilo Heller
, Director Business Development beim Bid-Management- Softwareanbieter Adspert
, macht seit 20 Jahren Performancemarketing und kann nach eigenen Bekunden "ohne Linkedin nicht mehr leben". Leadgenerierung sei am erfolgreichsten, wenn der Mehrwert sofort erkennbar ist. Dazu gehöre eine persönliche Anrede. Gut sei, wenn er/sie schon ein bestehender Kontakt ist, denn erfolgreiche Leadgenerierung beruhe auf gegenseitiger Hilfe. Dann reagiere rund jeder Dritte Kontakt auf die Kontaktaufnahme.
"Mehr Leads generiert man durch proaktive Ansprache und Empfehlungen von anderen Kontakten, um diese zur Interaktion zu nutzen", rät Daniel Hikel
, General Manager DACH der Digital-Experience-Plattform Optimizely (Episerver
). "Und da man auf Linkedin hauptsächlich mit Leuten auf C-Level zu tun hat, reagieren diese weniger auf Anfragen, aber mehr auf Empfehlungen." Neben dem Aufzeigen des Business-Mehrwerts empfiehlt Hikel, auch mal den Kommunikationskanal zu wechseln (E-Mail) und die Personalisierung als Workflow zu definieren.
Und Xing? Das sei laut Hikel eher fürs Recruiting geeignet, was sich schon am Namen der Konzernmutter New Work SE ablesen lasse. Und dann auch eher im deutschsprachigen Raum. Content sei kaum relevant. Zudem bediene Xing eher die Ansprüche kleinerer und mittlerer Unternehmen.
"Auf Linkedin kann ich mir eine Influencer-Position aufbauen, um Leads zu generieren. Xing eignet sich dafür nicht. Die Nutzer sind auf Xing zu inaktiv", so die Erfahrung von Niklas Hartmann
, Head of Influencer-Marketing bei ReachOn
. "Aus diesem Grund lässt sich auf Xing nicht von einer nachhaltigen, organischen Reichweite profitieren."
Es gibt kein Entweder-Oder, hält Oliver Gassner
, der sowohl zu Xing als auch zu Linkedin trainiert und coacht, dagegen: "Niemand von uns wird alle seine Kunden auf nur einer der Plattformen finden. Es kommt eher darauf an, die Aktivität auf der Plattform eben der jeweiligen Besonderheit anzupassen." Während sich Linkedin unter anderem wegen seiner Blogfunktion für das klassische Content-Marketing eher anbiete, sollte man auf Xing eher mit Events arbeiten, was sich im Lockdown online recht einfach gestalte, erklärt er. "Als Partner bieten sich dort die offiziellen Regional- und Themengruppen an."
Bei der Ansprache sollte man sich ehrlich fragen, wie man selbst angesprochen werden wollte, rät Gassner: "Hard-Selling-Ansätze sind da out. Im Vordergrund steht auf solchen Plattforen immer der persönliche Kontakt, das Geschäftliche ist ein Nebenprodukt. Wichtig, aber ein Nebenprodukt." Keine Akquise auf diesen Plattformen ist nach seiner Einschätzung eine Kaltakquise: "Man sieht das Profil und kann seine Ansprache optimieren. Wenn ich gar keine Indikator finde, dass meine Zielperson mein Thema interessant finden könnte, dann kann es sein, dass ich meine Zeit verschwende." Oder man frage einfach, wer im Unternehmen sich mit Thema X beschäftigt. Gassner: "Wenn ich beispielsweise konkret bei Xing auf ein Suche-Thema eingehen kann - das gibt es bei Linkedin übrigens nicht -, dann habe ich ja schon eine halboffene Tür."
Die Gestaltungsoptionen im Content sind gerade ein Hauptanziehungspunkt für Linkedin, bestätigen die Experten. Da habe Linkedin die Nase vorn. Optimizely (Episerver) ist nur noch auf Linkedin aktiv, weil es im Vergleich zu Xing "einfach smarter" ist, so Hikel: "Xing hat es nie geschafft, Content attraktiv darzustellen, vor allem in den Bereichen Videos und Livestreaming."
Im Gegenzug schreckt ab, was zu sehr nach Verkauf "riecht". Martin Meyer-Gossner
, Head of CX Solution Strategy DACH bei Softwareanbieter Qualtrics
, zeigt drei grundsätzliche Fallen:
Kontinuität, Seriosität und qualitativ hochwertiger Content - eigentlich Nobrainer laut Michal Bohanes
: "Unternehmen müssen Content bieten", so der Linkedin Lead Generation Expert. Und zwar gratis, betont Bohanes: "Information muss frei verfügbar sein. Der Wert ergibt sich über die persönliche Beratung." In Deutschland sei das Vertrauen noch stark in One-to-One-Verhältnissen verhaftet. Das Vertrauen auf Linkedin basiere - weil internationaler - aber auf Vorschuss-Mehrwert. Wer an dieser Stelle direkt nach dem ROI dieser Investition fragt, denkt zu transaktional, mahnt Bohanes: "Es muss in die Unternehmens-DNA übergehen, dass man auf Linkedin auch Gratis-Contentlieferant ist."
Natürlich lässt sich auf diesem Weg auch geschickt Outbound- Marketing machen. Es bedarf dazu der Fähigkeit, Gespräche mit Fremden zu beginnen. Michal Bohanes hat das kultiviert. Er fängt 100 Neugespräche pro Woche an und investiert zwei Stunden täglich, was in der Regel einen Neukunden ergibt. "Klar ist aber: Inbound-Marketing sollte auf Linkedin den weitaus größeren Anteil haben", betont er.
Bei der Ansprache gelten im Grunde die selben Regeln wie für jeden Social-Media-Inhalt, weiß Jenny Gruner , Director Digital Marketing bei Hapag Lloyd . "Wir brauchen eine knackige Ansprache und aufmerksamkeitsstarke Visuals. Am besten funktionieren natürlich Videos." Neben den USP und dem Nutzen, rät Gruner nicht zu vergessen: "Potenzielle Kunden können auch emotional im B2B angesprochen werden - sie sind auch nur Menschen."
Von der ersten Bereitstellung von Content bis zu einem Lead ist unter Umständen Geduld gefragt. Akquiseprozesse können zwischen fünf Tagen und sechs Monaten liegen. Das ist auch bei bezahlten Kampagnen nicht anders, schildert Florian Kiel
, Head of Performance-Marketing bei der Marketingagentur Cormes
: "In der Regel sind Kampagnen, auch zur Leadgenerierung, auf Langfristigkeit angelegt. Mitunter dauert es hier deutlich länger als auf anderen Plattformen, um aus einer Anzeige einen Kontakt und aus diesem später einen Kunden zu machen."
Sich ins Gespräch zu bringen, geht neben Earned natürlich auch über Paid Media. Paid-Kampagnen eignen sich eher für Low-Price-Produkte. Der Digital-Commerce-Dienstleister eCube beispielsweise kauft Media-Budget auf Linkedin ein und investiert 100 Euro täglich in eine Kampagne, die auf eine unternehmenseigene Landingpage leitet, wo man Whitepaper oder Studien herunterladen kann. "Alles verweist auf unsere Website als Content Hub", erklärt Manuel Willert
, eCubes
Director Sales & Partnerships.
Die Cost-per-Leads sind bei Linkedin recht hoch. Denn je spezialisierter man targeted, desto weniger Leads generiert man, die dafür aber umso höherwertiger sind. "Wir arbeiten mit Enterprise- Kunden", erklärt Willert. "Da darf eine Kampagne auch schon mal im fünfstelligen Bereich liegen."
Für den Leadaufbau findet Florian Kiel auch das "Sponsored Messaging" von Linkedin, das in zwei Formaten verfügbar ist, interessant. "Message Ads" und "Conversation Ads" erlauben eine Ansprache im Postfach der Zielgruppe, was deutlich effektiver sei als das artverwandte Newsletter-Marketing. Jeder Nutzer kann jedoch nur einmal in 30 Tagen kontaktiert werden. Bei "Conversation Ads" kann man zudem mit einer Art Mini-Chatbot mit den Leads ins Gespräch kommen.
Unternehmen, die gerade erst den Umstieg zu Linkedin machen, rät Martin Nitsche eine Strategie zu entwerfen: Was will ich? "Bei Leadgenerierung ist der Königsweg, einen potenziellen Kunden auf meine Dienstleistung aufmerksam zu machen. Die höherwertigen Leads erzeugt man in der Regel nicht über Anzeigen", so Nitsche. "Linkedin ist CRM, der Verkauf wird dann woanders abgewickelt", resümiert er. Es gilt also zwei große Hürden zu nehmen: die Kontaktanfrage und die Überleitung in die reale Welt.
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