16.09.2024 - Zufriedenheit allein reicht nicht. Wer seine Kunden begeistern will, muss noch etwas mehr tun. Dabei könnte Künstliche Intelligenz (KI) künftig eine wichtige Rolle spielen - wenn die Marketingprofis die rechtlichen Regeln beachten.
von DDV Deutscher Dialogmarketing Verband e. V.
Die Investitionen in professionelles Dialogmarketing haben eine neue Rekordmarke erreicht: 23,6 Milliarden Euro gaben Werbetreibende in Deutschland im Jahr 2023 für den individuellen Dialog mit Kunden und Interessenten aus. Damit ist das Dialogmarketing ein maßgeblicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. Der DDV macht sich seit über sieben Jahrzehnten dafür stark, dass die große Bedeutung des Kundendialogs für den Erfolg von Unternehmen und auch für den Erfolg der Gesamtwirtschaft adäquat wahrgenommen wird. Die Dialog-Branche ist in einem permanenten Transformationsprozess: Nicht nur politische Rahmenbedingungen und Regulatorik verändern sich stetig, sondern auch die Erwartungen der Konsumenten. Die Präsidenten des DDV
, Martin Nitsche und Patrick Tapp, sprechen im Interview darüber, warum Kundenzufriedenheit heute kein Maßstab mehr ist, was KI mit Tante Emma zu tun hat und auf welchen Baustellen die Politik schleunigst aufräumen sollte.
Dass Produkte jederzeit, überall und immer verfügbar sind, ist mittlerweile ein Hygienefaktor für die Kundenzufriedenheit. Herr Nitsche, was braucht es, um Kunden heute tatsächlich zu begeistern?
Martin Nitsche: Kennen Sie die Bärenformel?
Nein.
Martin Nitsche: Wie schnell müssen Sie laufen, wenn Sie ein Bär verfolgt?
Schneller als der Bär?
Martin Nitsche: Nein, schneller als die Person neben Ihnen. So ist das mit der Kundenbegeisterung auch: Unternehmen müssen besser sein als ihre Wettbewerber. Aus Marketingsicht entsteht Kundenzufriedenheit immer dann, wenn ein Kundenerlebnis besser ist als erwartet. Um Kunden dann richtig zu begeistern, braucht es ein Überraschungsmoment, etwas Unerwartetes.
Herr Tapp, was macht für Sie ein begeisterndes Kundenerlebnis aus?
Patrick Tapp: Ein begeisterndes Kundenerlebnis zu erleben, wäre eigentlich so einfach, ist aber leider oft ein rares Gut. Dabei geht es doch am Ende nur darum, dass der Kunde sich wertgeschätzt, wirklich verstanden und somit zufrieden fühlt. Individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen und in Folge wirklich maßgeschneiderte Angebote zu machen, ist die Zauberformel. Neben Produkten und Dienstleistungen, die meine Erwartungen als Kunde erfüllen - statt Angeboten, von denen man fälschlicherweise annimmt, sie würden mich interessieren - wäre ein einheitliches Kundenerlebnis lobenswert, und zwar völlig unabhängig davon, ob ich über eine Website, eine App, ein Geschäft oder einen Mitarbeiter direkt agiere.
Ein exzellenter Kundenservice, der meine konkreten Probleme schnell und effektiv löst, trägt ebenfalls zu einem positiven Erlebnis bei. Es ist also gar nicht so kompliziert, starke, loyale Kundenbeziehungen aufzubauen und sich nachhaltig vom Wettbewerb abzuheben.
Herr Nitsche, wie kann die KI zu einer begeisternden Kundenerfahrung beitragen?
Martin Nitsche: Die KI eröffnet das erste Mal seit den Zeiten der Tante-Emma-Läden die Chance auf eine echte Individualisierung. Das Marketing hat bislang breite Zielgruppen angesprochen. Im Dialogmarketing hatten wir den Anspruch, kleinere, exaktere Zielgruppen zu erreichen und haben mehrere Varianten der Kundenansprache entwickelt. Dank der KI öffnet sich nun die Tür zu einer echten Individualisierung.
Wie könnte die zum Beispiel aussehen?
Martin Nitsche: Nehmen wir an, es geht um die Einladung zu einem Kongress. Dann kann man die KI auffordern, sich die individuellen Lebensläufe der Zielgruppe anzusehen, diese Profile mit dem Programm abzugleichen und Einladungen zu formulieren, die auf die jeweiligen Interessen des potenziellen Gastes abgestimmt sind. Das war in dieser Form und dieser Geschwindigkeit bislang nicht möglich.
Herr Tapp, ist zu erwarten, dass der AI Act - die von der EU erarbeitete Verordnung zur Regulation künstlicher Intelligenz - die Anwendungen im Marketing einschränkt?
Patrick Tapp: Es ist zu erwarten, dass die KI-Verordnung die Nutzung von KI im Marketing regulieren wird, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Datenschutz und ethische Standards. So werden Unternehmen künftig offenlegen müssen, wann und wie sie KI einsetzen. Marketing-Anwendungen, die große Mengen an Kundendaten verarbeiten, müssen sicherstellen, dass sie strenge Datenschutzrichtlinien einhalten. Außerdem müssen Unternehmen dafür sorgen, dass ihre KI-Modelle keine Vorurteile enthalten und fair gegenüber allen Nutzern sind.
Was bedeutet das denn fürs operative Marketing?
Unternehmen, die KI im Marketing einsetzen, müssen möglicherweise ihre Prozesse und Technologien anpassen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Neben Herausforderungen bietet das aber auch die Chance, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und Innovationen voranzutreiben. Ich warne allerdings davor, dass die ganze Energie und Aufmerksamkeit jetzt wieder in Regularien aufgehen.
Herr Tapp, welche politischen Handlungsfelder müssen denn dringend angegangen werden, damit Unternehmen Kommunikation zielgerichtet einsetzen können?
Patrick Tapp: Die deutsche Wirtschaft kämpft aktuell an vielen Baustellen, die ihr unsinnigerweise vor die Füße gelegt werden: überzogener Datenschutz, überbordende Bürokratie und hemmende, unklare rechtliche Vorschriften führen dazu, dass das Kerngeschäft der Unternehmen in den Hintergrund rückt. Hier müssen wir eine klare Botschaft senden: Wir werden im internationalen Vergleich weiter an Boden verlieren, wenn Deutschland diese Probleme nicht schnell und nachhaltig löst.
Am 12. Juli 2024 wurde die KI-Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Verordnung wird 24 Monate nach ihrem Inkrafttreten komplett anzuwenden sein, einige Teilaspekte werden sogar schon früher gültig. Der DDV hat eine ganze Reihe an Veranstaltungen aufgesetzt, um seine Mitglieder auf die Inhalte und rechtlichen Auswirkungen der KI-Verordnung vorzubereiten.
Unter anderem wird am 13. November ein KI-Tag stattfinden. Außerdem wird am 28. November eine KI-Kompetenz Schulung angeboten und zusätzlich sind verschiedene Webcasts mit führenden Rechts- und KI-Experten geplant.
Der DDV will somit schnelle und pragmatische Hilfestellung bei der Anwendung von KI im Marketing bieten. Erklärtes Ziel ist es, dass die Mitglieder die neue Technologie anwendungs- und rechtssicher nutzen können, um ihr Geschäftsmodell zu optimieren.
Mehr Informationen finden Sie unter ddv.de
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