Die Unfähigkeit vieler Unternehmen, Innovationen im großen Stil umzusetzen, hindere sie daran, das Potenzial von Zukunftstechnologien voll zu nutzen - obwohl sie heute mehr denn je darauf angewiesen sind. Zu diesem Schluss kommt die Studie 'Scaling Innovation - What's the Big Idea?'
des Capgemini Research Institutes
. Demnach liegt es vor allem an der Unternehmenskultur, ob Innovationen erfolgreich ausgerollt werden. Die Untersuchung von Capgemini basiert auf den Erkenntnissen von über 40 Führungskräften aus globalen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von über 1,7 Billionen US-Dollar sowie Akademikern.
Innovationen locken Investoren: 2019 wurden laut der Plattform Crunchbase
weltweit rund 300 Milliarden Dollar in fast 32.000 Risikokapitalgeschäfte investiert. Erfinder auf der ganzen Welt reichten 2018 laut der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO)
3,3 Millionen Patentanmeldungen ein, 5 Prozent mehr als im Vorjahr und nach einem kontinuierlichen Anstieg über neun Jahre in Folge. Laut Capgemini hat die COVID-19-Pandemie den Bedarf an Innovation und Erneuerung weiter verstärkt: So gaben 68 Prozent der befragten Führungskräfte an, dass sie bestehende Transformationsinitiativen beschleunigt haben.
Die Fähigkeit zur Skalierung von Innovationen stecke jedoch noch in den Kinderschuhen, so die Studienautoren. Dabei profitierten Unternehmen, die dies im großen Rahmen umsetzen, von einer schnelleren Geschäftsentwicklung und langfristigen Wettbewerbsvorteilen. Drei Erfolgsfaktoren listet die Studie auf:
1. Ideenfindung und Skalierung als getrennte Einheiten behandeln
Nur wenige Unternehmen würden jedoch zwischen dem Front-End der Innovationserzeugung und dem Back-End der Innovationsskalierung unterscheiden. Diese erfüllte jedoch einen anderen Zweck und habe andere Anforderungen und Herausforderungen. Obwohl die Skalierung in der nachgelagerten Phase des Innovationsprozesses erfolgt, sei sie oft zu gering und komme zu spät.
Olivier Hervé
, Leiter des Beratungsbereichs Strategie bei Capgemini Invent:
"Die Skalierung von Innovationen muss als eigene Disziplin innerhalb der Innovationsreise behandelt werden, weil sie grundlegend anders ist. Sie hat ihre eigenen Herausforderungen und ist typischer Weise in einem Geschäftsbereich eines Unternehmens angesiedelt, der von der Ideenfindung völlig getrennt ist, Skalierung erfordert auch eine andere Denkweise und andere Fähigkeiten." Unternehmen sollten die Skalierung als
"eine spezifische und einzigartige Disziplin behandeln, die richtige Governance einführen und eine Kultur aufbauen die bereit ist, harte Entscheidungen zur Skalierung von Innovationen zu treffen".
Der Studie zufolge konzentriert sich die Suche nach Innovationen häufig auf das, was wünschenswert ist - Konzepte und Projekte mit großer Wirkung, die darauf abzielen, ein unerfülltes oder nicht genanntes Kundenbedürfnis zu lösen. Dabei würden oft zwei Aspekte vernachlässigt, die für ein Großunternehmen relevanter seien - Rentabilität und Machbarkeit. Wer die Skalierung als eigenständige Disziplin begreift, könne bereits zu Beginn der Ideenfindungsphase Teams oder Einzelpersonen einsetzen, die sich stärker auf die Durchführbarkeit und Machbarkeit von Innovationen konzentrieren.
2. COVID-19 als Katalysator nutzen
COVID-19 hat Innovation in vielen Bereichen forciert. Die Organisationen haben laut Capgemini in der Krise erhebliche Fortschritte gemacht beim Kampf gegen die Bürokratie, der Rationalisierung von Prozessen, der Umstrukturierung von Belegschaften und der Stärkung der Führungsspitzen. Einige Unternehmen waren in der Lage, ihre Maßnahmen um fast zwei Jahre zu beschleunigen, wenn es um die Skalierung von Innovationen geht.
Diesen Schwung sollten Unternehmen nutzen, um zu verstehen, wie sie traditionelle Governance-Herausforderungen überwinden können, die einer Skalierung im Wege stehen. Dazu gehört beispielsweise, wie sie ihre besten Talente dazu bringen, sich auf das Thema zu konzentrieren oder wie sie bürokratische Hürden oder organisatorische Silos beseitigen.
3. Fehlerkultur, die Scheitern zulässt
Nötig sei eine Innovationskultur, die nicht nur Ideen fördert, sondern auch deren erfolgreiche Skalierung innerhalb bestehender oder neuer Märkte. Dazu gehöre die Förderung einer Lernkultur, die Fehler akzeptiert und die Bereitschaft, Initiativen zu stoppen, selbst wenn sie zunächst in großem Maße erfolgreich waren.
"Nicht jede Idee kann langfristig skaliert werden und es ist von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen verstehen, wann sie ein Scheitern in verschiedenen Phasen der Innovationsreise akzeptieren müssen", so die Studienautoren.
Die größte Hürde ist die Organisationskultur. Die Fähigkeit, Hürden zu beseitigen und Probleme anzugehen, muss sich deshalb vom Management über die gesamte Organisation erstrecken, so der Rat von Capgemini. So zeige die Studie, dass Unternehmen, die bereits große Erfolge mit Skalierung realisieren, eher bereit sind, bestehende Experimente und Innovationen zu stoppen, um Neues auszuprobieren.