Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz: Mehr im Gespräch - jedoch nur wenig im Einsatz

22.04.2021 - Die EU-Kommission will den Einsatz von Künstlicher Intelligenz stärker regulieren. In Unternehmen kommt die Technologie langsam voran, es fehlt jedoch an Geld, Personal und Zeit - und oft auch noch am Willen.

von Frauke Schobelt

Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Regierungsvorschlag   für die Regulierung von Künstlicher Intelligenz vorgestellt. Demnach soll sich die geplante Prüfung und Zertifizierung von KI auf den Einsatz in Hochrisikoanwendungen konzentrieren, hierzu zählen unter anderem der Einsatz von KI in Fahrzeugen, in der Medizin und auch beim Recruiting, sowie biometrische Verfahren und Strafverfolgungen. Der Eco - Verband der Internetwirtschaft   begrüßt, dass Brüssel von "einer pauschalen Überregulierung Künstlicher Intelligenz absieht". Damit ermögliche die Europäische Kommission weitere Innovationen und Entwicklungschancen in einem Technologiefeld, das sich allein in Deutschland bis 2025 auf ein Gesamtpotenzial von rund 488 Milliarden belaufen könnte, so das Ergebnis einer gemeinsamen Studie   von Eco und Arthur D. Little   , unterstützt vom Vodafone Institut   .

"Die EU-Kommission hat mit ihrem Regierungsvorschlag heute einen wichtigen Grundstein für die rechtssichere Anwendung von KI-Technologien gelegt", sagt Vorstandsvorsitzender Oliver Süme . "Das macht Künstliche Intelligenz als eher abstraktes Technologiefeld wohl gerade für kleine und mittelständische Unternehmen sehr viel greifbarer: KI rückt von der Zukunft in die Gegenwart und wird sich positiv auf unser Gemeinwohl und nahezu alle Wirtschaftsbereiche auswirken. Diese Chancen müssen wir jetzt und nicht Morgen nutzen."

Jedes vierte Unternehmen plant Investitionen in Künstliche Intelligenz

Wie Unternehmen Künstliche Intelligenz bereits einsetzen oder dies planen, hat der Digitalverband Bitkom   untersucht. 600 Unternehmen aller Branchen wurden dafür befragt. Demnach plant jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) in Deutschland Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI). Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) meinen, dass KI die wichtigste Zukunftstechnologie ist. Lediglich rund jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) glaubt dagegen, dass KI überschätzt wird und nur ein Hype ist.

Immer mehr Unternehmen sehen zudem für sich selbst Vorteile in KI. Für 62 Prozent bietet Künstliche Intelligenz Chancen für das eigene Geschäft, vor einem Jahr waren es erst 55 Prozent. Der Anteil derjenigen, die vor allem Risiken sehen, ist von 28 auf 23 Prozent zurückgegangen. Jedes neunte Unternehmen (11 Prozent, 2020: 14 Prozent) glaubt, dass KI keinen Einfluss auf das eigene Geschäft hat.

Allerdings steigt die Zahl der Unternehmen, die KI einsetzen, nicht im gleichen Tempo. Aktuell werden KI-Anwendungen in 8 Prozent der Unternehmen genutzt, vor einem Jahr waren es 6 Prozent. Stärker gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die den Einsatz planen oder diskutieren, von 22 auf 30 Prozent. Auch der Anteil der Unternehmen, in denen KI kein Thema ist, ist gesunken - von 71 Prozent im Jahr 2020 auf jetzt 59 Prozent.

"Dass die KI-Nutzung in der deutschen Wirtschaft zunehmend als ein Muss und zugleich als Chance gesehen wird, ist ein gutes Zeichen. Jetzt muss es darum gehen, KI mit noch mehr Schwung in die unternehmerische Praxis zu bringen", sagt Bitkom-Präsident Achim Berg . "Wer erkannt hat, wie wichtig Künstliche Intelligenz schon heute ist und insbesondere künftig sein wird, sollte jetzt investieren."

Hürden: Es fehlt an Geld, Personal und Zeit für KI

Unternehmen, die sich aktuell nicht mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen, nennen dafür als wichtigste Gründe fehlendes Personal (49 Prozent), fehlende Zeit (47 Prozent) und fehlende finanzielle Mittel (46 Prozent). 4 von 10 Unternehmen (44 Prozent) wollen zunächst einmal abwarten, wo sich in anderen Unternehmen der KI-Einsatz als sinnvoll erweist. 40 Prozent verfügen nicht über die notwendigen Daten für den Einsatz von KI, 38 Prozent fühlen sich verunsichert durch rechtliche Unklarheiten. Nur selten scheitert der Einsatz an fehlenden Use Cases im eigenen Unternehmen (17 Prozent) und geeigneten KI-Tools (13 Prozent) oder weil sich die Unternehmen gerade mit anderen Zukunftstechnologien beschäftigen (4 Prozent). "Die zukunftsgerichtete Allokation von Ressourcen ist oberste Managementaufgabe. Künstliche Intelligenz muss in jedem Unternehmen auf die Agenda", so Berg.

Was sich Unternehmen von KI erhoffen

Grundsätzlich sehen die Unternehmen etliche Vorteile beim Einsatz von KI, etwa durch die Optimierung von Prozessen. So erwarten 44 Prozent schnellere und präzisere Problem-Analysen durch KI, 35 Prozent beschleunigte Prozesse und 30 Prozent einen geringeren Ressourcenverbrauch. 39 Prozent rechnen mit der Vermeidung menschlicher Fehler im Arbeitsalltag, 31 Prozent erhoffen sich durch KI-Systeme Expertenwissen, das sonst nicht vorhanden wäre und 28 Prozent gehen davon aus, dass sich Mitarbeiter dank KI-Unterstützung auf wichtigere Aufgaben konzentrieren können.

KI wird auch vielfach das Geschäftsmodell verändern: 21 Prozent erwarten die Verbesserung von bestehenden Produkten und Dienstleistungen, 17 Prozent rechnen sogar mit völlig neuen Angeboten dank KI. Auf diesem Weg Kosten sparen will hingegen nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent). "Es gibt nicht den einen Grund, Künstliche Intelligenz im Unternehmen zu nutzen. KI ist eine Basistechnologie, die eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet", so Berg.

In diesen Unternehmensbereichen wird KI bereits eingesetzt:
  • Am häufigsten verwenden jene Unternehmen, die bereits KI nutzen, die entsprechenden Technologien für personalisierte Werbung (71 Prozent).
  • 64 Prozent nutzen KI zur Verbesserung interner Abläufe in der Produktion und Instandhaltung,
  • 63 Prozent im Kundendienst, etwa bei der automatisierten Beantwortung von Anfragen.
  • Rund jedes zweite Unternehmen setzt KI bei der Analyse des Kundenverhaltens im Vertrieb (53 Prozent)
  • oder bereichsübergreifend bei Texten wie Berichten oder Übersetzungen (50 Prozent) ein.
  • In der Buchhaltung nutzen 44 Prozent KI, etwa für automatisierte Buchungen,
  • 43 Prozent setzen auf KI zur Managementunterstützung, etwa bei der Entwicklung von Strategien.
  • KI-basierte Tools haben 39 Prozent in ihrer IT-Abteilung eingeführt,
  • 35 Prozent in der Logistik, etwa für bessere Routenplanungen.
  • Seltener wird KI bei Forschung und Entwicklung (25 Prozent)
  • oder in der Personalabteilung (21 Prozent) etwa zur Vorauswahl von Bewerbern eingesetzt.
  • 18 Prozent nutzen KI um Risiken im Unternehmen aufzudecken, etwa im Controlling.
  • So gut wie niemand (1 Prozent) hat KI-Anwendungen in der Rechts- und Steuerabteilung im Einsatz.

57 Prozent der Unternehmen wollen nicht in KI investieren

Bei Investitionen in Künstliche Intelligenz halten sich viele Unternehmen im laufenden Jahr zurück. Gerade einmal 8 Prozent aller Unternehmen wollen 2021 in KI investieren, 16 Prozent haben sich das für 2022 oder die Folgejahre vorgenommen. 16 Prozent haben bereits in der Vergangenheit in KI-Technologie investiert. Aber mehr als die Hälfte (57 Prozent) hat noch kein Geld für KI ausgegeben - und hat das auch in Zukunft nicht vor. Kleine Unternehmen sind dabei deutlich zurückhaltender als große.

Chief Digital Officer ist so gut wie nie die treibende Kraft

In zwei Drittel (67 Prozent) der Unternehmen, die bereits KI nutzen, den Einsatz planen oder zumindest darüber diskutieren, treibt die IT-Abteilung den KI-Einsatz voran. In jedem Fünften (20 Prozent) sind es eigenständige KI-Teams oder eine KI-Abteilung, in 15 Prozent engagierte Einzelpersonen, in 14 Prozent interdisziplinäre Projektteams und in 13 Prozent die Geschäftsführung bzw. der Vorstand. Nur in 1 Prozent ist ein Chief Digital Officer (CDO) federführend bei KI-Themen.

Nur 3 Prozent der Unternehmen, die bereits KI nutzen oder den Einsatz planen oder diskutieren, entwickeln und programmieren eigenständig und ohne Unterstützung KI-Lösungen. Rund jedes Zweite (48 Prozent) setzt dazu auf externe Partner, die fast ausschließlich aus Deutschland (71 Prozent) und den USA (29 Prozent) kommen. 6 von 10 Unternehmen (57 Prozent) kaufen oder mieten KI-Anwendungen von externen Anbietern, die vor allem aus Deutschland (46 Prozent) und den USA (38 Prozent) stammen. Und 12 Prozent der Unternehmen geben an, frei verfügbare KI-Anwendungen einzusetzen, etwa aus dem Open-Source-Bereich. In rund jedem dritten Fall (31 Prozent) kommt die Lösung aus Deutschland in jedem vierten (25 Prozent) aus den USA.

USA liegen im internationalen Vergleich vorne

Aktuell sagt jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent), Deutschland ist beim Thema Künstliche Intelligenz im Vergleich der Nationen führend. Damit liegt Deutschland knapp vor China (9 Prozent), aber deutlich hinter den USA (39 Prozent). Im Jahr 2030 sehen 49 Prozent die USA vorne, 20 Prozent China und nur noch 8 Prozent Deutschland. Nur noch rund jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) ist der Meinung, dass die KI-Strategie der Bundesregierung ausreicht, um Wirtschaft und Gesellschaft auf KI vorzubereiten. Vor einem Jahr gab es mit 38 Prozent noch messbar mehr Unterstützung für die KI-Politik der Bundesregierung. Zugleich glauben nur noch 33 Prozent (2020: 39 Prozent), dass Deutschland bei der KI-Forschung zur Weltspitze gehört. Und drei Viertel (74 Prozent) fordern, dass mehr KI-Expertinnen und KI-Experten an den Hochschulen ausgebildet werden sollten (2020: 69 Prozent).

Wunsch nach Unterstützung und Austausch

Damit der KI-Einsatz im eigenen Unternehmen vorangebracht werden kann, wünschen sich drei Viertel (77 Prozent) mehr finanzielle Förderung von KI-Projekten. 60 Prozent wünschen sich einen intensiveren Austausch mit Unternehmen, die bei KI bereits weiter sind, 54 Prozent fordern Hilfe bei der rechtlichen und ethischen Beurteilung des KI-Einsatzes und 48 Prozent brauchen Informationen über marktfähige KI-Lösungen. Jeweils 4 von 10 Unternehmen würden von externen Bewertungen oder Labeln für KI-Anwendungen (44 Prozent) und der Verfügbarkeit von KI-Expertinnen und -Experten auf dem Arbeitsmarkt (43 Prozent) profitieren. Jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) fordert den Ausbau der KI-Forschungsaktivitäten, etwa an Hochschulen, und jedes vierte (27 Prozent) einen besseren Austausch mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) geht davon aus, dass Roadshows und Konferenzen zu konkreten KI-Anwendungen den Einsatz voranbringen könnten.

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    Nicolai Kuban
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