26.02.2019 - Marken über lokale Absatzpartner zu führen, wird in Zukunft über den Erfolg von Unternehmen entscheiden. In einer global vernetzten Welt ist Vertrauen sehr wichtig: Konsumenten gestatten nur vertrauten Marken und vertrauenswürdigen Ansprechpartnern -, ihre personenbezogenen Daten werblich zu nutzen.
von Joachim Graf
Schon heute ist Marketing zumeist ohne Technologie kaum vorstellbar, man denke nur an automatisiertes E-Mail-Marketing, datengetriebene Kampagnen, Voice-Commerce und Service-Bots. Die Technisierung des Marketings hat zur Folge, dass Informationen jederzeit und überall verfügbar sind und Kunden darum immer mündiger werden: Sie entscheiden autonom und selbstbewusst, welche Marken und Produkte zu ihnen passen. Das wirkt sich auch auf die Markenführung über lokale Absatzpartner aus:
Marken sind individuell zu führen: Mittels Technik gilt es, auf die persönlichen Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Marken sind gefordert, ihren lokalen Partnern technologische Lösungen zur Verfügung zu stellen, über die sie ihre Kunden vor Ort mit passgenauen und CD-konformen Angeboten versorgen können.
Marken sind situationsabhängig zu führen: Egal, ob Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung brauchen - lokale Absatzpartner müssen situativ auf ihre Wünsche und Bedürfnisse reagieren. An sonnigen Sommertagen ist die Nachfrage nach Grillwürstchen erfahrungsgemäß hoch. Händler haben den Warenbestand demnach adaptiv, also individuell und situativ, zu steuern. Ebenso gilt es, entsprechende Werbe-Kampagnen mittels relevanter Vorhersagen zu steuern. Hierfür ist das lokale Marketing im Hinblick auf die Warenbestände und die Kapazitäten der Logistik zu gestalten: Wer Produkte zuverlässig vorhält, kann das Vertrauen in die Marke langfristig vergrößern.
Marken sind kanalübergreifend zu führen: Offline- und Online-Marketing müssen ineinander aufgehen. Es gilt, die Vorteile aus beiden Welten technologisch zu vereinen. Das erlaubt, lokale Zielgruppen auch online anzusprechen, um ihre Aufmerksamkeit für Ladengeschäfte, Aktionen oder Dienstleistungen vor Ort zu wecken. Um das zu bewerkstelligen, müssen Marken den digitalen Reifegrad ihrer Zielgruppen bestimmen. Nur so gelingt es, zielgruppenspezifische Informationen in die relevanten Kanäle auszuspielen und lokale Partner als verlässliche Ansprechpartner zu positionieren.
Marken sind kundenzentriert zu führen: Der alleinige Fokus auf Produkte und Services ist nicht mehr erfolgsversprechend. Kunden müssen im Mittelpunkt des Marketings stehen, damit sie im besten Fall als Botschafter und Sprachrohr der Marke agieren. Gerade lokale Absatzpartner haben Zugang zum Endkunden und können wertvolle Impulse für die kundenorientierte Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen liefern. Das stiftet Vertrauen in die Marke und stärkt die Loyalität der Kunden.
Die komplexeren Anforderungen an die lokale Markenführung gehen nicht zuletzt auf neue Werte zurück, die die Digitalisierung mit sich bringt: Nähe, Sicherheit, Transparenz und Vertrauen.
Um Kunden und Interessenten zukünftig zu erreichen, sind Marken gefordert, Verbraucher nicht nur physisch nahe zu sein, sondern auch relationale Nähe zu schaffen, indem sie online und offline mit ihrer Zielgruppe interagieren. Dabei fungiert der lokale Absatzpartner als Bindeglied zwischen einer Marke und ihren Kunden. Um die Konsumenten vor Ort an sich binden zu können, ist es erforderlich, dass Marken ihre lokalen Partner mit der notwendigen Technologie ausstatten. Zudem gilt es, kanal- und themenübergreifend konsistent zu kommunizieren - ganz im Sinne des Omnichannel-Marketings. Kunden für die eigene Marke zu begeistern und langfristig zu binden, ist nur dann möglich, wenn sie an jedem analogen und digitalen Touchpoint die Informationen erhalten, die sie in der jeweiligen Situation benötigen. Zudem sind Marken gut beraten, analoge Erlebniswelten zu schaffen, in denen Konsumenten haptische Produkte, die perfekt inszeniert sind, anfassen und an Aktivitäten teilnehmen können. Die Aufmerksamkeit ist durch aufeinander abgestimmte Online- und Offline-Kampagnen zu schaffen.
Selbst große Marken mit einer ruhmreichen Unternehmensgeschichte können sich zukünftig nicht mehr im Glanz vergangener Zeiten ausruhen. Dass der (gute) Name allein nicht mehr genügt, hat die Deutsche Bank schmerzlich zu spüren bekommen. Um Sicherheit auszustrahlen und Kunden so an sich zu binden, müssen Marken in der Lage sein, auf Veränderungen flexibel zu reagieren. Hierfür braucht es nicht nur entsprechende Strukturen, die aufzubauen für viele Marken eine große Herausforderung ist, sondern auch eine passende technologische Ausstattung und ein neues Mindset auf Seiten der Verantwortlichen: Sie müssen dem Wandel gegenüber offen sein und agile Ansätze fördern.
Die Digitalisierung schafft eine Transparenz, die es früher nicht gab. Konnten sich Unternehmen in der Vergangenheit hinter ihrer etablierten Marke verstecken und von früheren Erfolgen zehren, gibt es heute Unternehmen, die sich mittels Transparenz und Nachhaltigkeit von ihren Wettbewerbern abheben. So positioniert sich zum Beispiel Ritter Sport als nachhaltiges Unternehmen, das ausschließlich zertifizierten nachhaltigen Kakao verarbeitet und seine Verpackung mit einem Code auf Basis der Blockchain-Technologie versieht, über den Verbraucher nachvollziehen können, woher die verarbeiteten Rohstoffe kommen. Daran angelehnt, könnten lokale Händler zum Beispiel ihr Warenlager online verfügbar machen, sodass Kunden über die vorhandenen Kapazitäten informiert sind.
Vertrauen avanciert zukünftig zum wichtigsten Erfolgsfaktor von Marken. Nur wer die Erwartungen seiner Kunden erfüllt - und damit Vertrauen schafft -, wird seine Position am Markt ausbauen können. So ist beispielsweise Rewe in der Lage, durch eine effiziente Datenanalyse die Bedürfnisse seiner Kunden vorherzusagen und mit entsprechend verfügbaren Produkten zu befriedigen, die der Lebensmittelhändler bei seinen lokalen Zielgruppen zielgerichtet bewirbt. Das erlaubt Rewe, den Markenkern weiter zu festigen und das eigene Portfolio kontinuierlich zu erweitern, etwa mit dem Digitalangebot Rewe digital, womit die Marke nicht zuletzt das Vertrauen ihrer Kunden gewinnt.
Auf Basis von Automatisierungs- und Analysetechnologien können Unternehmen das Verhalten ihrer Kunden und wiederkehrende Verhaltensmuster aufdecken. Damit gewinnen sie Erkenntnisse darüber, wann ein Kunde wahrscheinlich ein bestimmtes Produkt benötigen wird - und können ihm jene Ware zielgerichtet anbieten. Derartige Predictive-Analytics sind bei der Rewe Group gang und gäbe. Anhand von Wetterdaten, dem Einkaufsverhalten der letzten zwölf Monate, Ferienzeiten und dergleichen lässt sich vorhersagen, welche Produkte die lokalen Kunden innerhalb der nächsten drei Tage kaufen werden. Bei verderblichen Waren wie Sushi ist die Vorhersage von Absatzmengen entscheidend für den wirtschaftlichen und emotionalen Erfolg einer Marke.
Um derart datengetrieben agieren zu können, müssen Unternehmen die Digitalisierung als Chance erkennen und die vorhandenen Möglichkeiten nutzen - nicht nur in ihrem eigenen Interesse, sondern auch, weil ihre Kunden die entsprechenden Tools und Technologien rege einsetzen und das von Unternehmen ebenfalls erwarten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Marken können einfacher und bequemer mit Kunden und Interessenten interagieren, was wiederum Nähe und Vertrauen schafft. Vor diesem Hintergrund steht etwa der Versicherungsbranche ein disruptiver Wandel bevor. Um gegen Fintech-Unternehmen und Online-Versicherungen bestehen zu können, sind die alteingesessenen Konzerne gefordert, lokales Online-Marketing über ihre Vermittler vor Ort zu betreiben: über eine lokale Website, ein professionelles Präsenz- und Kundenbewertungsmanagement, eine Facebook Unternehmensseite, rechtssicheres E-Mail-Marketing und regionale Web-Banner, die auf High-Traffic-Seiten auf CPC-Basis (Cost per Click) personalisiert ausspielbar sind. Angesichts der unzähligen Möglichkeiten wäre es geradezu töricht, der vermeintlich digital überlegenen Konkurrenz das Feld zu überlassen. Stattdessen können lokale Vermittler das Vertrauen ihrer Kunden (zurück)gewinnen, indem sie sich professionell, sympathisch und engagiert inszenieren - analog und digital, in allen Kanälen und an sämtlichen Touchpoints, an denen ihre Zielgruppe anzutreffen ist.
Die Digitalisierung schafft unzählige neue Kanäle und Touchpoints. Wer in Zukunft nicht ins Hintertreffen geraten will, muss sich darauf einstellen. Es gilt, nationale Strukturen und lokale Bezugspunkte zu entwickeln, die eine analog und digital integrierte lokale Markenführung ermöglichen. Zentral hierfür sind Technologien, dies es lokalen Absatzpartnern gestatten, definierte Templates bedarfsgerecht anzupassen und im lokalen Markt zielgerichtet auszuspielen. Daneben müssen Marken das Smartphone ins Zentrum aller Überlegungen rücken. Denn die Geschwindigkeit nimmt kontinuierlich zu. Künstliche Intelligenz und die 5G-Technologie werden schon bald automatisiertes Marketing in Echtzeit ermöglichen. Das erlaubt Marken, lokales Online-Marketing etwa mitttels Display-Werbung, Beacons sowie virtuellen Litfaßsäulen effizient und zielführend zu betreiben. Die Weichen sind heute in die richtige Richtung zu stellen. Nur dann kann es auch in Zukunft gelingen, mit einer lokalen Marke offline wie online, lokal wie national, erfolgreich zu sein.
Die ONEtoONE-Autoren:
Thomas Ötinger ist geschäftsführender Gesellschafter von Marcapo, Spezialist für lokale Markenführung und Marketingportale. Sven Göth ist Zukunftscoach, Keynote-Speaker und CEO von MK7 Innovate.
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