Technologie

Experten-Interview mit diva-e

Unternehmen stehen vor der Entscheidung für welche Plattform sie einen Bot bauen. Doch aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit von den Betreibern sollten sie auch an Alternativen denken (Bild: Illustration: Uwe Müller)
Unternehmen stehen vor der Entscheidung für welche Plattform sie einen Bot bauen. Doch aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit von den Betreibern sollten sie auch an Alternativen denken

25.08.2017 - Unternehmen benötigten eine digitale Vernetzung. Der Aufbau eines eigenen digitalen Ökosystems ist dafür dringend ratsam. Worauf bei einem Aufbau zu achten ist, erfahren Sie im ONEtoONE-Interview mit Axel Jahn und Dr. Peter Gentsch von der Digital-Agentur diva-e.

von Svenja Tasch

Herr Gentsch, was ist ein digitales Ökosystem?
Dr. Peter Gentsch: Ein digitales Ökosystem ist die Gesamtheit aller digitalen Systeme und Akteure, die mit diesem System interagieren. Der Begriff ist sehr abstrakt. Er wird aber mit Leben gefüllt, wenn man sich ein digitales Ökosystem für ein bestimmtes Unternehmen vorstellt. Akteure sind dann Kunden, Interessenten, Mitarbeiter, Management, Partner und Zulieferer, Medienvertreter etc. Die digitale Systemlandschaft ist bereits heute komplex, und diese Komplexität wird zunehmen, da die Interaktionen der Akteure mit dem digitalen Ökosystem auch die kommenden Jahre stark wachsen werden. Beispielsweise die neuen Impulse durch Conversational Commerce.

Ist der Aufbau eines digitalen Ökosystems für jeden sinnvoll?
Axel Jahn: Es ist schwer vorstellbar, dass ein Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann ohne den Aufbau eines digitalen Ökosystems. Die Ausprägung unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen. Bei manchen Unternehmen werden nur interne Abläufe und die Kundenkommunikation erfasst, bei anderen Unternehmen ändert sich durch die Digitalisierung sogar das Geschäftsmodel.

Dr. Peter Gentsch: Wichtigster Treiber für das digitale Ökosystem ist der Kunde, der zunehmend smarter und vernetzter wird und die Unternehmen zur Veränderung zwingt. Die Unternehmen haben keine andere Wahl, als digital zu reagieren. Beispielsweise hat sich der Glühbirnen-Hersteller Osram Gedanken gemacht, welche Veränderungen notwendig sind, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. So konnte man sich dort dem Trend, Leuchtmittel intelligent in ein Smart-Home-Netz integrierbar zu machen, nicht verweigern. Der Kunde erwartet solche digitalen Lösungen von den Anbietern. Er möchte Geräte zukünftig auch über Conversational Devices wie Alexa bedienen können. Wird ein Unternehmen nicht digital, dann geht der Kunde zum Wettbewerber, der schon erfolgreich ein digitales Ökosystem aufgebaut hat.

Und wie geht ein Unternehmen am besten solch eine Umsetzung an?
Dr. Peter Gentsch: Die Unternehmen haben das Problem, einer Menge von Handlungsfeldern gegenüberzustehen und daraus den richtigen Mix an Maßnahmen herausfiltern zu müssen. Es ist unmöglich, alles, was digital umsetzbar wäre, auch faktisch umzusetzen. Dienstleister helfen dann dabei, Strategien und Umsetzungspakete zu bewerten und zu priorisieren.

Und wieso war der Aufbau digitaler Ökosysteme wie jenem von Apple erfolgreich?
Axel Jahn: Apple & Co. haben den Vorteil, dass sie von Beginn an eine rein digitale DNA besitzen - mit digital denkenden Mitarbeitern. Das Problem in vielen Unternehmen sind schlicht die überwiegend traditionell denkenden Mitarbeiter, die einer Digitalisierung kaum weitreichende Impulse geben können. Viele Unternehmen haben aber inzwischen erkannt, dass sie Digital Natives in ihrem Unternehmen brauchen. Sie laden Start-ups oder junge Leute ein, um das Geschäftsmodell zu hinterfragen. Heute heißt es Digital first: Denke alles, was du machst, zuerst digital. Das ist für viele Unternehmen ein wahnsinnig schwieriger Prozess.

Gehören Bots zu einem digitalen Ökosystem?
Dr. Peter Gentsch: Für ein digitales Ökosystem braucht man Akteure, die miteinander über ein Kommunikationsmedium kommunizieren. Zunächst waren das Telefone, dann kamen die Mobile Devices. Bisher lebten wir in einer App-Economy. Jeder musste eine App haben. Diese sind aber nicht besonders kundenfreundlich, weil man alles manuell eintippen muss. Die nächste Evolutionsstufe sind nun die Bots. Sie sorgen dafür, dass wir nicht mehr tippen, sondern sprachversiert agieren. Erste Beispiele dafür sind Apples Siri, Amazon Alexa, Google Home und Microsoft Cortana. Die Sprachkommunikation ist dabei zweitrangig. Irgendwann geht es darum, intelligente Agenten für einen agieren zu lassen. In Deutschland sind die Bots noch sehr einfach. Die arbeiten noch mit Textbausteinen.

Kommt man in der Zukunft also nicht um Bots herum?
Dr. Peter Gentsch: Genau. Wer das Anbieter-Rennen machen wird, ist derzeit schwer vorauszusagen. Fakt ist, einer wird es tun, wenn die Unternehmen nicht reagieren. Dabei darf man einen Bot aber nicht einem Roboter gleichsetzen. Es ist eine Art Überbegriff für alle zukünftigen intelligenten Geräte. Bei Amazon heißt der Bot Echo, das Betriebssystem ist aber Alexa. In der Zukunft sollen alle Geräte, inklusive der Zahnbürste und des Föhns, ein Betriebssystem wie Alexa bekommen. Wie sinnvoll das ist, lassen wir mal dahingestellt.

Sollten sich die Unternehmen um eine Abhängigkeit von den IT-Giganten sorgen?
Dr. Peter Gentsch: Klar. Bisher sind alle daran interessiert, mit Amazon oder Google vernetzt zu sein. Der Druck, an diesen Ökosystemen teilhaben zu müssen, hat schon sehr viel mit Marktmacht zu tun. Die Unternehmen sollten daher eigene Lösungen bauen. Heute können wir noch lernen, wie Bots funktionieren, und eigene Lösungen aufbauen, die in wenigen Jahren dann auch marktfähig sind. Gelingt das nicht, dann wird die Abhängigkeit von den IT-Giganten noch größer.

Was wäre ratsamer: Bestehendes nutzen oder eigene Lösungen bauen?
Dr. Peter Gentsch: Das ist eine gute Frage. Für jede digitale Plattform muss man bisher einen eigenen Bot bauen, da Amazon & Co. nicht miteinander kompatibel sind. Man steht somit vor der Entscheidung, für welchen Konzern man einen Bot baut. Vielleicht sollte man sich aufgrund dieser zunehmenden Abhängigkeit also eine Alternative suchen. Yellow Strom hat einen Bot namens "Eve" ins Leben gerufen und damit bewusst eine unabhängige Lösung gebaut. Und Eve ist unterdessen tatsächlich Kult. Man kann also ohne weiteres einen eigenen Bot bauen. Wenn sich der Kunde allerdings in Ökosystemen wie jenen von Amazon & Co. aufhält und man kein Teil dessen ist, bringt einem die eigene Lösung nicht viel. Am besten ist es daher, sich den großen Konzernen anzupassen und parallel nach eigenen Lösungen?zu suchen. (st)

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