30.03.2016 - Die Digitalisierung hat eine bisher ungebrochene Dynamik ?im Bereich neuer Werbetechnologien ausgelöst. Das Wort "Data" hat nur vier Buchstaben. Doch trotz der Einfachheit öffnet sich in dem Wort ein schillerndes Kaleidoskop an technologischen Innovationen: unendliche Weiten, über die Marketer in immer schnelleren Zyklen den Überblick behalten wollen.
Auf der seit 2011 bestehenden D3con in den Räumen der Hamburger Handelskammer wurde auch dieses Jahr wieder über Gegenwart und Zukunft des digitalen Marketings diskutiert. Bei dem Event rund um das Zukunftsfeld Programmatic Advertising kristallisierten sich einige zentrale Schwerpunkte heraus.
TV goes Programmatic
Die Möglichkeit, auf dem klassischen Bewegtbild-Kanal des Fernsehens ein programmatisches Advertising auszusteuern, sind noch nicht ausgeschöpft, jedoch gehen die Meinungen über die Zukunft des Kanals weit auseinander. Über dieses Thema diskutierten auch Stefan Beckmann (Spotx), Yoav Arnstein (Facebook), Marco Dohmen (Stickyads.tv), Cengiz Kurt (Clipkit), Jean-Pierre Fumagalli (Smartclip) und Thomas Wrobel (Trivago). "Programmatic video challenge" war der Titel, und die Zukunft des Programmatic im TV-Bereich stand auf dem Programm.
Einig waren sich die Panel-Teilnehmer, dass die Zeit der Cookies als Datenquelle im Zuge des zunehmenden Mobile-First im Prinzip vorüber sei. Strittig bleibt jedoch die Frage, welche Rolle dem Endgerät TV in der neuen Programmatic-Ära zukommen kann. Yoav Arnstein, Head of International von Facebooks Plattform Live Rail, sah das Medium jedoch sehr kritisch - insgesamt sei das TV im Prinzip "tot". Dem widersprach Jean-Pierre Fumagalli, der Arnstein zwar in Bezug auf das lineare TV-Programm nicht kategorisch widersprach, dem Endgerät Fernseher aber weiterhin eine unique Rolle für den Video-Konsum insgesamt attestierte - und damit auch für das Bewegtbild-Programmatic. Ein Konsens deutete sich bei dem Resümee an, dass nicht personalisierte Inhalte des Fernsehens im Zeitalter von Programmatic TV wohl wenig Zukunft haben. Data bleibt also der Schlüssel dabei, dem Fernseher seinen Weg in die Zukunft zu ebnen.
Antworten auf Ad-Fraud
Das Problem des Ad-Fraud im Programmatic Advertising sahen zahlreiche Teilnehmer als brennendes Problem der Gegenwart. Neben "Technik und Manpower", so Stefan Beckmann von Spotx, sollen genauere Messmethoden sowie das Outsourcing an spezialisierte Dienstleister den wertvollen Traffic ?herauskristallisieren und die Spreu vom Weizen trennen.
Auch in dem Panel "Mobile Strategy Challenge" wurde das Fraud-Problem thematisiert. Mit Julia Stern, VP Performance Marketing bei Zalando, und Mario Dietrich von der Dating- und Interest-Sharing-Plattform Lovoo stellten zwei Internetunternehmen mit eigenen Werbeflächen auf ihren Websites bohrende Fragen an die Technologie-Anbieter Adsquare (Tom Laband) und Smaato (Ragnar Kruse). Zalando, das bereits 2015 den "Mobile-Moment" mit mehr als 50 Prozent mobiler Nutzung seiner Netz-Präsenz hatte, hat sich durch eine große Anzahl an eigenen Apps zu einem Ökosystem entwickelt. Das Selbstbild hat sich parallel hin zur Tech-Plattform für Fashion gewandelt. Damit steht das Unternehmen aber auch vor einer Fülle neuer Herausforderungen, was digitales Marketing betrifft, denn Zalando tritt als Advertiser und Publisher zugleich auf und gerät damit von zwei Fronten ins Visier betrügerischer Ad Impressions.
Stern und Laband richteten die Frage an den deutsch-amerikanischen Unternehmer Kruse, wie dessen System Fraud filtert. Denn Kruses Mobile-only-Plattform Smaato wirbt insbesondere mit ihrer großen Reichweite und der strengen Kontrolle, beispielsweise von Computer-generated Clicks. Der CEO versprach Zalando, den Fraud-Anteil bei Smaato auf unter vier Prozent halten zu können. Adsquare hingegen will das Aussieben von Fraud durch das Abgleichen von Standortbestimmungen bei der Mobile-Nutzung erreichen, wie der CEO Laband erklärte.
Einen detaillierten Einblick in die Anti-Fraud-Strategie seines Unternehmens gab Torben Heimann von der Technologieplattform Improve Digital: "Wir kennen in der Regel die Käufer der auktionierten Ad-Impressions, die auch die Kaufsysteme oder DSPs, die angeschlossen sind, einsetzen. Mit denen haben wir ausnahmslos Verträge, die unerwünschte Werbung ausschließen. Das geschieht durch Sicherheitsmechanismen dieser Partner, die sicherstellen sollten, dass solche Werbung erst gar nicht zu den Publishern gesendet wird. Zudem haben wir noch selbst Systeme im Einsatz, die die Ad-Impressions prüfen, die also die Werbemitteln checken, die ausgeliefert werden. Schließlich beschäftigen wir Menschen, die das dann auch noch überprüfen, dabei aber natürlich nicht in der Lage sind, sich jede einzelne Impression einzeln anzuschauen."
Den Antworten der Teilnehmer nach konnte man mitunter meinen, das Problem sei technologisch bereits gelöst. Hier scheint zwischen Anspruch und Realität noch eine gewisse Kluft zu bestehen. Herausforderung eingestehen, aber keine Blöße zeigen, war das Credo.
Die Komplexität durch Meta reduzieren
Zahlreiche Firmen werben mit dem Alleinstellungsmerkmal, die zunehmende Komplexität des datengetriebenen Marketings durch intuitive Dashboards zu reduzieren. Real Time Advertising und globale Aussteuerung privater und öffentlicher Märkte schließen eine leicht durchschaubare Visualisierung nicht aus, so das Versprechen. Um Vereinfachung bemühte sich auch Heimann, der ehemals bei der Deutschen Bank arbeitete und nun Managing Director bei dem Technologieanbieter Improve Digital ist. Der ehemalige Banker zog den Vergleich: "Programmatic Advertising ist mit der Börse zu vergleichen. An der Börse geht es um Aktien, in der SSP um Ad-Impressions." Und er versprach: "Es ist nicht kompliziert, es ist sehr einfach. Und mit der richtigen Technologie wird es möglich."
Während Heimann das Modell der "holistischen Optimierung" präsentierte, bei der Supply-Side-Plattformen (SSP) der Publisher und Demand-Side-Plattformen (DSP) der Advertiser in einen integrierten Verbund mit automatischer Versteigerung von Ad-Impressions in Echtzeit überführt werden, stellte auch Frederike Voss, CEO des Programmatic-Anbieters Orbyd, ein Meta-Modell vor. Dabei handelt es sich um eine Meta-SSP, mit der Orbyd die Schnittstelle zwischen Publishern und Advertisern radikal vereinfachen will. Auch hier besteht, wie bei Improve Digital, das Prinzip darin, komplexe Programmatic Sales und Purchases von Ad Impressions auf einfache
Dashboards zu reduzieren. Orbyds System vereint unter anderem die Plattformen Appnexus, AdX, Rubicon, Pubmatic, StickyADS. Quasi per virtuellem Regler sollen hier in Echtzeit die Ventile aufgedreht und Werbung auf einer Kombination von privaten und offenen Marktplätzen global geflutet werden können.
Eine Reihe von Themen, die auf der D3con angesprochen wurden, verdienen es, vertieft zu werden, dazu gehört auch der Bereich Cloud Computing.
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