Graffiti: Generationswechsel geglückt

18.02.1999 - Irgendwie war eine Zeitlang der Wurm drin: Udo Breidenbach, Gründer und Chef der Münchner Agentur Graffiti, liefen nacheinander mehrere designierte Nachfolger davon.

Ob Martin Wider, jetzt Mitinhaber von Detterbeck, Wider in Hamburg, oder Hansjörg Zimmermann, heute Chef der Münchner argonauten - keiner hatte den langen Atem, auf die endgültige Wachablösung zu warten. Zudem soll das Verhältnis der Münchner zum Hamburger Gesellschafter Springer & Jacoby nicht das beste gewesen sein.

Obwohl die Graffitianer nach wie vor gute Jobs lieferten, feixten die Konkurrenten und schnappten den Dialogmarketern aus der Hofmannstraße den einen oder anderen Etat weg. Zudem meldete Breidenbach als Ranking-Gegner auch seine Umsatzzahlen nicht mehr - was in der Branche gern als Indiz für schlechtlaufende Geschäfte interpretiert wird. Kurz: Es sah noch vor einem Jahr gar nicht gut aus für Graffiti. Und dann kam Holger Kalvelage, teils in England aufgewachsener Gute-Laune-Mensch mit Vorliebe für klare Worte. Der 37jährige war zuletzt in Frankfurt, "die Stadt meiner Niederlage", wo er das FCB-Büro zum Laufen bringen wollte. Im Prinzip ist er eher klassischer Werber, hat in der Markenschmiede Wilkens Know-how gesammelt und dort auch S&J-Legende Reinhard Springer kennengelernt, den er als seinen "Coach" bezeichnet. Von den Frankfurter Erfahrungen gefrustet und beseelt vom Wunsch, selbständig zu sein, traf Kalvelage auf Breidenbach, seinerseits gefrustet vom Nachfolgeproblem.

"Ich habe durch die Gespräche im Vorfeld schon eine Vorstellung von der Agentur gehabt. Und habe es wie ein Löschblatt aufgesogen: Was ist Graffiti, wer ist Udo Breidenbach, was sind die Werte, die Gefühle der Agentur? Ich habe natürlich auch überlegt: Paßt die Agentur zu mir, passe ich zur Mannschaft, was kann ich hier bewegen? Und ich habe überprüft: Können die Kunden mit meiner Idee, die ich von Dialogmarketing habe, leben? Ich habe das Glück gehabt, daß es 100prozentig gepaßt hat", so Kalvelage heute. Zu aller Glück sehen das auch die Kunden so. York von Heimburg vom IDG Magazine Verlag, für den Graffiti u.a. PC Welt oder Game Star betreut, meint zum Wechsel: "Mit Kalvelage kommt neue Phantasie und neues Business in die Agentur. Das ist natürlich auch gut für uns, weil wir - ohne die Agentur wechseln zu müssen - neue Ideen bekommen, ohne nun die frühere Arbeit von Graffiti nicht anzuerkennen. Wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis zu Graffiti."

Bereits seit Februar 98 war Kalvelage zwei, drei Tage die Woche bei Graffiti, um Mannschaft und Kunden kennenzulernen - erfolgreich: Graffiti hat in den ersten vier Monaten seiner Amtszeit Loewe Opta, die Direktanlagebank, T-Mobil, Siemens Business Services und Vom Fass gewonnen. Gesucht und gefunden lautete also schon bald das Fazit der beiden Werber. Sie entschieden, "es nicht zu lange nebeneinander zu versuchen", um den neuen Graffiti-Schwung nicht wieder auszubremsen. Am Tag seines 55. Geburtstages übergab Breidenbach das Zepter an Kalvelage, der nun 65 Prozent der Anteile hält, der Rest liegt bei Springer & Jacoby. Der neue Graffiti-Chef pflegt ein enges Verhältnis zu den Hamburger Werbern - und will ihnen noch näherkommen. Das Hamburger Graffiti-Büro, derzeit noch ein Raum in der S&J-Zentrale, soll bis Jahresende zehn bis zwanzig Mitarbeiter beherbergen. Die Dependance wird von Holger Kracke und dem Kreativen Roland Potthoff geführt. Kracke, der übrigens nicht mit dem designierten DDV-Präsidenten verwandt ist, wurde sechs Monate in München "auf Graffiti getunt". Demnächst wird noch ein strategischer Planer hinzukommen, dessen Name aber noch top-secret ist.

Die Hamburger sollen sich auf Dialogmarketing konzentrieren: "Eigentlich gibt es nur zwei Arten Kommunikation: one way communication und two way communication. Immer, wenn es um two way geht, sind wir im Boot. Ob das dann Anzeigen eher klassischer Natur sind oder ob das TV oder Plakate sind, auf dem Gebiet fühlen wir uns wohl in unserer Haut, und da sehen wir unsere Positionierung", so Kalvelage. Der ehemalige VW- und Mercedes-Mann (auf Kundenseite) und erklärter Gegner der "Leck-mich-kleb-mich-falzmich-Fraktion" ist fest überzeugt, daß die Trennung zwischen DM und Klassik verschwinden wird. "Dialogmarketing mit Markenführungsqualitäten" sei die Zukunft: "Ich glaube, daß gute DM-Agenturen dort schneller sein können als klassische Agenturen, denn die Klassiker sind heute noch damit befrachtet, daß sie eine Kreativ-Truppe haben, die alles, nur keine Telefonnummer in einem TV-Spot akzeptieren und die jeden Titel mit einem Störer am liebsten in die Tonne treten würden", meint Kalvelage und spricht damit vielen seiner Dialogmarketing-Kollegen aus dem Herzen. Apropos Kollegen: Noch in diesem Jahr will Kalvelage in München einen "starken Kreativen" an seine Seite holen.

Schon jetzt ist das Team von 25 auf 42 Mitarbeiter gewachsen. Der Mann, der von sich behauptet "Ich liebe das Neugeschäft. Ich liebe es, mir Leute auszusuchen, die ich überzeugen möchte, daß wir für sie was tun können", hat übrigens schon wieder einen Neukunden zu vermelden, den Finanzen Verlag. Graffiti übernimmt für den Münchner Verlag die Abo-Generierung.

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