Mitarbeiterbindung: Agenturen setzen auf gutes Klima

18.02.1999 - "Im Käfig", antwortet Ulfried Fritsche von der Hamburger Fritsche Werbeagentur augenzwinkernd auf die Frage, wie er seine Mitarbeiter halte

Okay, die Frage ist vielleicht mißverständlich gestellt, dennoch könnte die ONEtoONE-Umfrage den Mitarbeitern von Fritsche völlig neue Perspektiven eröffnen, denn: Die Käfighaltung ist out!
Herbert Lenzner, Chef der Nürnberger Geis & Partner, faßt sein Mitarbeiterbindungskonzept kurz und knackig zusammen: "Lob, Motivation, Anerkennnung, gute Honorierung, Erfolgsbeteiligung." "Ausbildung, leistungsgerechte Bezahlung, Motivation", lautet die ebenfalls wohlklingende Devise von Scholz & Friends-Personal-Chefin Margit Wegener. "Teamorientierter Führungsstil, ein gutes und unkonventionelles Betriebsklima sowie leistungsgerechte Bezahlung" sind für JM&K-Inhaberin Nele Keinath die besten Voraussetzungen zur Mitarbeiterbindung. Rudolf Jahns von Jahns, Rapp Collins setzt auf "Übertragung von Verantwortung, den Erfolg und das Unternehmensklima".

Das eigenverantwortliche Arbeiten sowie eine angemessene Bezahlung rangieren bei der Mehrheit der befragten Agentur-Chefs noch hinter dem guten Betriebsklima - wobei die ersten beiden Punkte ohne Frage dem Betriebsklima dienen. Christoph Stadeler, President und CEO von Wunderman Cato Johnson in Deutschland, macht das "sehr gute Arbeitsklima, geprägt durch Menschen, die sich mögen und respektieren", dafür verantwortlich, daß die Fluktuation innerhalb der Frankfurter WCJ bei unter fünf Prozent pro Jahr liegt. "Der Spaß und der Erfolg sind wesentliche Garanten einer sehr kleinen Fluktuationsrate", konstatiert Uwe Middeke von HM1. Auch OgilvyOne-Chef Rolf-Dieter Hölzel hält es für "eine der wichtigsten Aufgaben des Managements, ein Klima zu schaffen, in dem erstklassige Leistungen für unsere Klienten möglich sind".

Graffiti-Chef Holger Kalvelage schwört auf "eine inspirierende Agenturkultur". "Tolle Kunden mit super Jobs sind die Hauptsache. Und ein klasse Klima dazu", meint Wolfgang Kracht von Kracht & Woelky. Ein "Mobbing-resistentes, gutes Arbeitsklima und verhältnismäßig viel Freiheit für das Individuum" führt auch Tjark Thumann von SAZ Dialog ins Feld. Gerade das eigenverantwortliche Arbeiten betrachten viele Chefs als wichtige Maßnahme, ihre Mitarbeiter in der Agentur zu halten.

Zu einer gelungenen Führung zählt aber auch die direkte Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern - das kostet zwar Zeit, dient aber allen Beteiligten. "Der offene Umgang mit Fähigkeiten und Leistungen gehört dazu. Ein jährliches Statusgespräch zeigt den Mitarbeitern, wo sie stehen, was gemeinsam noch erarbeitet werden kann, wo Hilfestellung der Agentur oder auch eigenes Engagement nötig ist", meint More Sales-Chefin Gabriele Bohn. "Wir zeigen den Mitarbeitern, daß und wieviel sie uns wert sind", versichert Boris Kochan von Kochan& Partner. Auch Hans Georg Widmann von M-S-B+K Stuttgart setzt u.a. auf "immaterielle Holding-Efforts wie Freiräume mit Eigenverantwortung, ein Klima der Offenheit und des Vertrauens, der positive Umgang miteinander und individuelle Maßnahmen, die sich an den Zielen des einzelnen Mitarbeiters orientieren".

Gerade der positive Umgang läßt aber im Agenturgeschäft häufig zu wünschen übrig. Oft tragen Intrigen und Cliquenwirtschaft unter den Mitarbeitern dazu bei, daß der eine oder die andere das Handtuch wirft. Michael Horlacher, Chef der energy Werbung in Stuttgart, meint: "Werbung entsteht im Kopf und nicht durch Maschinen, daher können Störer in unserem Gefüge nicht überleben." "Bei uns führt schon der Versuch des Mobbens zur fristlosen Kündigung. Das ist vertraglich festgelegt", so Ulrich Brüggemann, von Brüggemann & Freunde in Borken. Die Devise von Manfred Dorfer, Dorfer Dialog, lautet: "Der Krieg findet draußen statt, innerhalb der Agentur kann und muß man sich zwar reiben, aber nie bekriegen."

Als großer Motivator gilt unter Deutschlands Agenturchefs die gute Bezahlung - eine Einschätzung, die die Mitarbeiter sicher allerorten teilen, wenn sich auch unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung des Wortes "gut" ergeben dürften. Brüggemann - der nach eigenen Angaben übrigens eigens einen Masseur für die verspannten Rücken seiner Mitarbeiter beschäftigt - meint: "Die Leute verbringen die meiste Zeit ihres wachen Lebens in der Agentur, da müssen sie sich wohl fühlen und gut bezahlt werden!"

Transparenz ist ein weiterer Aspekt der Mitarbeiterbindung. Bei OgilvyOne kann sich zum Beispiel jeder Mitarbeiter via Intranet über die neuesten Geschäftsentwicklungen und Interna informieren. Holger Kufuß von b.a.s. direct in München ist "Anhänger einer offenen Agenturkultur. Die Häuptlinge sitzen ganz nah bei den Indianern, so können wir auf kurzen Wegen kommunizieren". Kalvelage meint: "Hierarchien sind keine Methode, Agenturen zu führen. Das sollte nicht mit Führungslosigkeit verwechselt werden." Er setzt neben der fachlichen, vor allem auf die soziale Kompetenz. Das Wissen um den Mitarbeiter und seine individuelle Situation sowie Talent, Einfühlungsvermögen und die ständige Bereitschaft zur Auseinandersetzung sind für Kalvelage Indizien einer guter Mitarbeiterführung. Das fröhliche Agenturfest wird als Bindungsmaßnahme ebenfalls gern genommen: Ob DIMA-Party, Spessart-Fest oder Betriebsausflüge bei Peter Reincke Direktmarketing, die allmonatliche Happy Hour bei More Sales oder die OneShow bei OgilvyOne, "zwei wirklich witzige Feste im Jahr" bei SAZ Dialog in Garbsen oder "Feste, die sich keiner gern entgehen läßt", bei Kochan&Partner - fast alle DM-Agenturen folgen dem Motto, das Michael Horlacher auf den Punkt bringt: "Wer hart arbeitet, kann auch mal herzhaft feiern."

Angesichts dieser vielfältigen Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung müßte Fluktuation im Werbe-Business eigentlich ein Fremdwort sein. Bekanntlich sieht die Realität ganz anders aus. "Fragen Sie doch bitte die Kollegen selbst!" lautete die Aufforderung von Wolfgang Kracht an die Redaktion. Dem wird ONEtoONE gern nachkommen und in einer der nächsten Ausgaben über die Ansprüche und Wünsche der Mitarbeiter in der DM-Szene berichten.

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