18.02.1999 - Zur Arbeitnehmerstellung und der daraus folgenden Sozialversicherungspflicht von "freien Mitarbeitern" gibt es Neues aus den Gerichten - zuletzt das sogenannte "Eismann-Urteil".
Von Rechtsanwalt Thomas Rieche
Danach wird die freie Mitarbeit schärfer von der Scheinselbständigkeit abgegrenzt.Das Problem: Freie Mitarbeiter besitzen den Status der Selbständigen, weshalb für sie keine Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen. Auch Privilegien des Arbeitnehmers wie Kündigungsschutz oder Haftung für schuldhaft verursachte Schäden stehen den freien Mitarbeitern nicht zu.
Ausgenommen sind die sogenannten Scheinselbständigen, die eigentlich eine Arbeitnehmerstellung innehaben, bei denen aber durch den Status der freien Mitarbeit die Sozialversicherungspflicht umgangen wird. Diese Beziehungen werden problematisch, wenn die Zusammenarbeit in Unfrieden endet oder anläßlich von Steuerprüfungen Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen. Laut Eismann-Urteil - hier befaßte sich das Gericht mit der Arbeitnehmerstellung des fahrenden Händlers für Tiefkühlkost, Eiscreme und tiefgekühlte Konditorwaren - zeichnet sich der Scheinselbständige durch folgende Kriterien aus:
Einbindung in die betriebliche Organisation des Auftraggebers, beispielsweise wenn ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird
Anwesenheitspflichten im Betrieb, keine freie Zeiteinteilung
Weisungsgebundenheit
Erzielung des überwiegenden Teils seiner Einkünfte aus der Tätigkeit.
Sind diese Kriterien erfüllt, so handelt es sich bei den freien Mitarbeitern um Arbeitnehmer, für die die gesetzliche Sozialversicherungspflicht besteht. Weitere Klärung in rentenversicherungsrechtlicher Sicht schafft das zum 01.01.1999 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung der "Scheinselbständigkeit". Danach wird eine Rentenversicherungspflicht der "arbeitnehmerähnlichen Selbständigen" vermutet, wenn mindestens zwei der folgenden Merkmale vorliegen: Wenn sie
in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit (mit Ausnahme von Angehörigen) keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig sind
für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen erbringen oder nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftreten. Die Vermutung kann von seiten des Auftraggebers oder freien Mitarbeiters ausgeräumt werden; sie sind jedoch beweislastpflichtig.
Für Altvereinbarungen gibt es eine Übergangsregelung. Danach werden "arbeitnehmerähnliche Selbständige" von der Versicherungspflicht befreit, soweit sie bis zum 31.12.98 nicht versicherungspflichtig waren und ab dem 01.01.99 versicherungspflichtig werden; wenn sie vor dem 02.01.49 geboren sind oder vor dem 01.07.99 mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall der Invalidität, des Todes und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres abgeschlossen haben - und für diese Versicherung mindestens ebensoviel aufwenden müssen, wie sie Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen hätten. Der Antrag muß bis zum 30.06.1999 beim Rentenversicherungsträger gestellt werden.
Um unliebsame Konsequenzen und Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen in nicht unbeträchtlicher Höhe zu vermeiden, sollten bestehende Vereinbarungen überprüft und ggf. Befreiungsanträge bis spätestens 30.06.1999 gestellt werden.
Thomas Rieche ist Sozius der Hamburger Kanzlei Reuther & Schaefer
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