Retouren haben einen massiven Einfluss auf die CO2-Bilanz der gesamten Branche, kosten E-Commerce-Unternehmen Geld und KundInnen Zeit. Keine Frage also, dass eine Retourensenkung im Interesse aller Beteiligten liegt. Doch wie können Online-Händler ihre KundInnen dazu bewegen, so einzukaufen, dass weniger Retouren anfallen?
In der Studie "Die Psychologie der Retoure"
hat die ECommerce-Beratung Elaboratum
gemeinsam mit dem Software-Anbieter Behamics
und der Universität St. Gallen
ein Feldexperiment mit mehr als 100.000 Online-Shoppern durchgeführt. Dabei wurde empirisch untersucht, wie sich verhaltenspsychologische Interventionen auf das Rücksendeverhalten der KundInnen auswirken.
Einigkeit über die negativen Folgen von Retouren
Händler und KundInnen sind sich im Prinzip einig: Es ist uneingeschränkt positiv, Retouren zu reduzieren. Doch in der Realität sind Rücksendungen immer noch gängige Praxis: Im Corona-Jahr 2020 wurden 15,9 Prozent aller Online-Bestellungen an die Händler zurückgesendet - alleine in Deutschland sind das 315 Millionen Pakete.
Das widerspricht den rationalen Interessen aller Beteiligten. Warum wird dennoch so viel zurückgeschickt? Eine Erklärung dafür liefert das so genannte "Intention-Action-Gap". Wir alle wollen nachhaltiger leben und dazu beitragen, das Paketvolumen zu senken - die "Intention" ist also vorhanden. Dennoch sinkt die Retourenquote seit Jahren nicht signifikant - an der "Action" mangelt es offensichtlich. Denn im Entscheidungsmoment fehlt es an wirksamen Impulsen, die eigenen guten Intentionen in konkrete Aktionen zu überführen. Herauszufinden, ob verhaltenspsychologische Interventionen das Retourenverhalten beeinflussen können, war Ziel des verhaltensökonomisches Retouren-Experiments.
Hilfe durch verhaltenspsychologische Interventionen?
In der Studie sollte die Frage geklärt werden, ob verhaltenspsychologische Interventionen die Lücke zwischen "Intention" und "Action" schließen und das Retourenverhalten der KundInnen signifikant beeinflussen können.
Dazu wurde das echte Verhalten von NutzerInnen in verschiedenen Online-Shops analysiert und ausgewertet. Grundlage dafür waren randomisierte Experimentaldesigns: BesucherInnen der Online-Shops wurde nach dem Zufallsprinzip an einem bestimmten Kontaktpunkt (z.B. Bestellbestätigung bei Kaufabschluss) oder ausgelöst von einer bestimmten Aktion (z. B. wenn mehrere Größen eines Artikels in den Warenkorb gelegt werden) eine von mehreren hinterlegten Interventionen ausgespielt. Beispiele für solche Interventionen sind Verweise auf das Verhalten anderer KundInnen (Soziale Normen) oder auf den persönlichen Zeitverlust, der durch eine Retoure entsteht (Verlustaversion).
Die Reaktionen auf die Interventionen wurden dann mit dem Verhalten von KundInnen verglichen, die keine entsprechende Botschaft gesehen haben. Durch dieses Vorgehen ist sichergestellt, dass die gemessenen Unterschiede zweifelsfrei auf die Wirkung der jeweiligen Intervention zurückgeführt werden können. So konnte ermittelt werden, welche Intervention eine retouren-reduzierende Wirkung hat und wie stark diese ist.
Ergebnis: Behavior Patterns senken Retourenquote um rund 4 Prozent
Die Studienergebnisse belegen, dass verhaltenspsychologisch fundierte Interventionen zu signifikanten Verhaltensänderungen führen können - und das ganz ohne monetäre oder restriktive Maßnahmen. Quer über vier durchgeführte Experimente hinweg wurde ersichtlich, dass die Retourenrate bereits mit den im Rahmen dieser Studie verwendeten Mitteln um rund 4 Prozent gesenkt werden kann. Eine weitere konzeptionelle Verfeinerung der Interventionen, zusätzliche Behavior Patterns und Training des Interventionsalgorithmus könnten diesen Wert auf mindestens 5 Prozent steigern, so die Autoren. Doch allein 4 Prozent weniger Retouren bedeutet in Zahlen jährlich 15,75 Millionen weniger Rücksendepakete in Deutschland und damit rund 13.000 t weniger CO2 - um diese Menge zu kompensieren, müssten wir 13 Millionen große Bäume pflanzen.