27.12.2022 - Welche Themen werden Marketingverantwortliche im kommenden Jahr umtreiben? ONEtoONE hat auch in diesem Jahr ExpertInnen befragt und die Trends in Marketing und Commerce in einer fünfteiligen Online-Serie zusammengefasst. Wir starten mit den Megatrends Daten, Post-Cookie-Ära und Marketinginvestitionen.
von Christina Rose
2022 war ein besonderes Jahr - und besonders fordernd. Und für 2023 ist absehbar, dass es bei steigenden Energiepreisen und Lebenshaltungskosten wirtschaftlich schwierig wird und die Kaufkraft der KonsumentInnen weiter sinkt. Darauf müssen Marken und Retailer vorbereitet sein.
Wenn Rekordinflation, Lieferengpässe und Energiekrise die Kaufkraft von KonsumentInnen schwächen, ist es umso wichtiger für Unternehmen, KundInnen individuell anzusprechen, sich auf ihre Bedürfnisse einzustellen und sie gezielt an sich zu binden, empfiehlt Christian Heß, CEO der LAYA Group : "Themen wie Erfassung und Nutzung von Kundendaten, Data-Driven Marketing und Personalisierung der Customer Journey werden an Bedeutung daher eher zunehmen."
Untrennbar mit dem Thema Daten verknüpft ist die Diskussion im Cookie-Nachfolger. "Das Post-Cookie-Zeitalter hängt seit Jahren wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Marketer. Was für Konsumenten mehr Privatsphäre, Sicherheit und Schutz der eigenen Daten bedeutet, bringt für Marketer ganz neue Herausforderungen - alles nichts Neues", winkt Daniel Voloz, Country Manager DACH des Adtech-Anbieters RTB House
, ab. Doch für das Online-Marketing wird es im kommenden Jahr allerhöchste Zeit, sich auf das Cookie-Aus vorzubereiten
, neue Wege zu finden, um Zielgruppen zu erreichen und ihre Strategien auf eine Zukunft ganz ohne die Nutzung persönlicher Daten auszurichten. Dabei sei es noch nicht überall angekommen, dass längst Lösungen existieren, die möglichst viele Aspekte der personalisierten Werbung erhalten und gleichzeitig den Informationsfluss beschränken. Gefragt sind Lösungen, die sowohl NutzerInnen als auch Advertisern gerecht werden.
"Um den rechtlichen Anforderungen und vor allem den Ansprüchen der Online-NutzerInnen im Hinblick auf den Datenschutz zu entsprechen, wird es der nächste logische Schritt sein (müssen): Unternehmen und Online-Shops erheben und verarbeiten die Nutzerdaten ausschließlich selbst und für eigene Zwecke", ergänzt Martin Philipp, Managing Director von SC-Networks
.
Wenn unter den aktuellen Cookie-Richtlinien es für Marken immer schwieriger wird, das Online-Erlebnis zu personalisieren, werden nach Einschätzung von Maximilian Modl, CEO von Sendinblue
, 2023 Zero-Party-Daten - also Daten, die KundInnen absichtlich und proaktiv mit einer Marke teilen - bedeutsamer. "Um an diese Daten zu gelangen, haben Unternehmen verschiedene Möglichkeiten: Umfragen in sozialen Medien oder bei der Registrierung für Newsletter bieten sich an. Brands müssen dabei aber klar kommunizieren, warum und wie sie Zero-Party-Daten sammeln, nutzen und deren Schutz gewährleisten. Richtig eingesetzt können Zero-Party-Daten die Grundlage für eine relevante, hochpersonalisierte Kundenkommunikation bilden."
Franco Paolucci, Senior Sales Director bei Mapp
, sieht mit den steigenden Geschäfts- und Produktionskosten den Wettbewerb in den Märkten im kommenden Jahr weiter ansteigen. "Für Marketer bedeutet das: 2023 müssen sie noch effizienter vorgehen. Und hier kommen die Martech-Tools ins Spiel. Marketing Automation und insight-basierte Strategien, die auf der Analyse von Zero- und First-Party-Daten beruhen, spielen im kommenden Jahr eine große Rolle im Wettbewerb um die optimale Customer Experience." Den entscheidenden Unterschied allerdings könnten AI-gesteuerte Martech-Tools machen. Bei ihnen sieht er noch viel Potenzial.
Beim Thema Datenschutz wird 2023 das Bewusstsein der NutzerInnen für den Wert der eigenen Daten weiter wachsen, sagt Tilman Harmeling, Entrepreneur in Residence, Usercentrics
. "NutzerInnen hinterfragen zudem häufiger, wie Daten erhoben werden, was genau gespeichert wird und wozu diese Daten letztlich verwendet werden. Bei Website- oder App-Betreibern, die das Vertrauen ihrer KundInnen gewinnen möchten, werden wir im kommenden Jahr beim Consent & Preference Management verstärkt die Option 'Contextual Consent' sehen." Sie werden NutzerInnen also die Möglichkeit bieten, dass diese erst im Laufe der User Journey bei einem speziellen Anlass die Einwilligung zur Datenerhebung geben. Das könne zum Beispiel beim Anschauen eines Videos, bei der Nutzung einer Maps-Integration oder beim Speichern von Präferenzen entlang der User Journey sein. Harmeling: "Denn NutzerInnen, denen klar ist, was genau sie im Tausch für ihre Daten erhalten, sind eher bereit, diese zu teilen."
Eklatante Wahrnehmungsunterschiede gibt es zwischen den Werbungtreibenden und den KonsumentInnen: So räumen die OWM-Mitglieder der Werbung weiterhin eine hohe Relevanz ein und betonen einstimmig, dass Werbung Treibstoff für den Markenerfolg ist. 90 Prozent finden, dass Werbung den Wettbewerb fördert, 89 Prozent, dass Werbung Wachstum schafft. Kleinlauter werden sie, wenn es um Akzeptanz (Zustimmung bei 26 Prozent) und Nachhaltigkeit (24 Prozent) geht. Die Wahrnehmung des Wertes der Werbung für die WerbekundInnen und die Beurteilung aus VerbraucherInnen-Sicht bewegen sich offenbar auf verschiedenen Umlaufbahnen. Doch die knappen Marketingbudgets sind rausgeschmissen, wenn das ohnehin schon geringe Vertrauen der KonsumentInnen in Werbungtreibende weiter sinkt.
KonsumentInnen suchen nicht nur nach Ware, sondern auch nach Werten. Marken müssen sich bewusst werden, welche Werte sie vertreten und wie sie ihre Versprechen mit darauf aufbauendem Content untermalen, mahnt Naomi Owusu, CEO der Blogging- und Video-Plattform Tickaroo
: "Andernfalls entsteht bei der Zielgruppe der Eindruck, ihre Interessen würden für rein wirtschaftliche Zwecke ausgenutzt werden. Wer sein Image nicht mit Authentizität füttert und stattdessen weiter Sprüche klopft, wird es künftig schwer haben in einer derart vernetzten und mitbestimmenden Gesellschaft." Diesem Anspruch über diverse Kanäle hinweg gerecht zu werden, ist mit hohen Kosten verbunden.
Das reflexartige Zurückschrauben von Branding in Krisenzeiten zugunsten von Performance-Maßnahmen, das man in vergangenen Krisenzeiten immer wieder beobachten konnte, wird sich 2023 nur in abgeschwächter Form zeigen. Marketingverantwortliche haben dazugelernt, dass "die Grenzen zwischen Awareness- und Performance-Kampagnen schwinden, um mit jeder Maßnahme maximale Effizienz zu erzielen und nachhaltige Markenbindung zu schaffen", erklärt Judy Laumayer-Nerzak, Head of Sales DACH beim Native-Advertising-Anbieter Outbrain
. "Angesichts wirtschaftlicher Herausforderungen und schwindender Marketing-Budgets werden immer häufiger reine Awareness-Kampagnen mit Engagement-KPIs angereichert." Ziel sei es, nicht nur Views oder Aufmerksamkeit zu erzielen, sondern "echte Interaktionen zwischen KundInnen und Unternehmen zu generieren und Raum für authentische Geschichten rund um die Marke" zu schaffen.
Brand oder Performance, ist auch für Francois Roloff, CEO des Mobile-Adtech-Anbieter Madvertise
, nicht die Frage. Nachdem sich Data-Driven-Marketing an immer neue Einschränkungen in Bezug auf die Datengrundlage anpassen muss, äußern Marketer vermehrt die Absicht, sich wieder vornehmlich auf Brand- statt Performance-Marketing konzentrieren zu wollen. "Was in der Debatte jedoch oft untergeht: Ein striktes Entweder-oder gibt es längst nicht mehr. Brand- und Performance-Marketing sind verschiedene digitale Disziplinen mit unterschiedlichen Zielen", sagt Roloff. Setzt man hauptsächlich auf Brand-Marketing, lasse sich zwar Aufmerksamkeit generieren, doch würden Kundinnen und Kunden reihenweise zur Konkurrenz wechseln, die sie mit gezieltem Performance-Marketing abwirbt. Setzt man hingegen nur auf Performance, stehe man einer erfolgreichen Skalierung selbst im Weg, da keine Marken-Loyalität erzeugt werde. Roloff: "Man kann also sagen, dass Brand-Marketing den Weg für die Aktivierung durch Performance-Marketing bereitet. Und im Gegenzug Performance-Marketing das Risiko von Brandkampagnen minimiert, da dieses an Vermarkter und Publisher ausgelagert wird." Eine erfolgreiche Marketingstrategie vereine - auch in Krisenzeiten - immer beide Disziplinen.
Ein erheblicher Teil der Budgets wird zudem in die crossmediale Messung von Maßnahmen sowie in Automatisierung fließen. Wenn MarketerInnen effektiver mit ihren KundInnen dort kommunizieren wollen, wo sie sich gerade befinden, ist die "Konsequenz daraus nicht zwangsläufig eine Erhöhung der Ausgaben, sondern eher eine Verlagerung hin zu Marketing-Technologie, die eine Automatisierung und Echtzeit-Optimierung von digitalen Kampagnen erlauben", so die Einschätzung von Julie Barry, Vice President, Global Brand & Communications beim Cloud-Anbieter Wasabi
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"Wer sich von der People-basierten Vermarktung löst, kann flexibler auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren, die Nachfrage umsetzen und die Firma resilient für Krisen aufstellen", so die Schlussfolgerung von Robert Herrmann, Chief Revenue Officer beim Programmatic-Advertising-Anbieter Traffective/Flap.One
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