Vom Fachkräftemangel in Deutschland besonders betroffen sind die Bereiche IT und technische Berufe. Rund 51.970 offene Stellen für Informatikberufe gab es laut Verein Deutscher Ingenieure (VDI)
im ersten Quartal 2022 in Deutschland. Nicht zuletzt die aktuelle Energiekrise lässt die Zahlen steigen, ermittelt der 'VDI-/IW-Ingenieurmonitor'
. So erwarten für die kommenden fünf Jahre 32 Prozent aller Unternehmen und sogar 63 Prozent aller Unternehmen ab 250 Beschäftigten einen steigenden Bedarf an IT-ExpertInnen speziell zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte.
IT-Unternehmen suchen daher nach Strategien, um Fachkräfte für sich zu begeistern, etwa mit New-Work-Konzepten. Mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeiten sehen viele Beschäftigte mittlerweile als selbstverständlich an. "In der Pandemie haben viele Unternehmen begonnen, vorhandene New Work Konzepte weiter zu denken", sagt Lucia Falkenberg
, CPO und Sprecherin der Kompetenzgruppe New Work im Eco-Verband der Internetwirtschaft
. "Immer mehr Mitarbeitende arbeiten zeitweise aus dem Ausland oder gar nur noch 4-Tage die Woche. Entsprechende Arbeitskonzepte setzen sich bei großen Internetkonzernen durch." Der Trend gehe zu Work-Life Blending: Berufliches und Privates wird stärker vermischt. "So wird auch nach Feierabend in die Mails geschaut oder mit den Kolleginnen ein geselliger Abend verbracht."
Voraussetzung dafür sei eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen fuße und in dem Führungskräfte Teammitgliedern entsprechende Freiräume lassen. Mitarbeitende wünschen sich mehr Eigenverantwortung und einen tieferen Sinn in ihrem Tun. In den Mittelpunkt rückt der englische Begriff "Purpose" und die Frage "Wofür arbeite ich und wozu leiste ich meinen Beitrag?".
Recruiting-Checkliste: Wie gut ist Ihr Unternehmen aufgestellt?
Lucia Falkenberg nennt 7 Checkpunkte, anhand derer Unternehmen prüfen können, ob sie fürs Recruiting wertvoller Fachkräfte gut aufgestellt sind:
- Unterstützen Sie Ihre Fachkräfte mit maximaler Flexibilität und Raum für Kreativität und Selbstorganisation. Helfen Sie Ihren MitarbeiterInnen dabei, Arbeitszeit und Ort freier zu gestalten. Statten Sie diese dafür technisch so aus, dass diese sicher Remote arbeiten und an Meetings teilnehmen können. Mitarbeitende erwarten die technische Ausstattung und die Freiheit, sich innerhalb eines Teams autonom und flexibel selbst zu organisieren.
- Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden. "Statt auf hierarchische Führung sollten Führungskräfte auf Vertrauen und Verständigung bauen", sagt Ursula Vranken
, Gründerin und Geschäftsführerin des IPA Instituts
. Sie empfiehlt Digital Leadern nicht nur auf Führung von oben, sondern auch von der Seite zu setzen, auch laterale Führung genannt. "Geführt wird dabei auf gleicher Hierarchie-Ebene, Peer-to-Peer oder gar Hierarchie übergreifend, ohne dass man sich auf disziplinarische Weisungsbefugnis berufen kann. Wer nicht befehlen kann, braucht Akzeptanz. Akzeptanz entsteht durch Authentizität und exzellente Kommunikation."
- Setzen Sie auf diverse und gemischte Teams, denn die sind nachweislich erfolgreicher. Dafür brauchen Sie eine offene Unternehmenskultur, die die Vielfalt und Unterschiede in der Belegschaft fördert - etwa hinsichtlich Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, Behinderung und sexueller Orientierung. Rekrutieren Sie über den eigenen Tellerrand hinaus und sprechen Sie beispielsweise Quereinsteiger an oder Fachkräfte in anderen Städten oder sogar im Ausland. Beim Remote-Hiring ist der Arbeitsmarkt die ganze Welt.
- Holen Sie Ihre weiblichen Fach- und Führungskräfte in die erste Reihe, um aktiv um weibliche Fachkräfte zu werben. Nur ein Viertel der IT- und Tech-Fachkräfte weltweit sind Frauen, in Europa fällt der Frauenanteil mit 18,5 Prozent noch geringer aus.2 Eine von Diversität geprägte Unternehmenskultur und Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, helfen Ihnen (siehe auch Whitepaper der Eco-Initiative 'Ladies in Tech (LiT)'
.
- Kommunizieren Sie authentisch. Nur wer echt wirkt kann andere mitreißen. Vermitteln Sie nur Werte, zu denen Sie auch wirklich stehen. BewerberInnen merken es, wenn Ihre Worte nicht im Einklang mit Ihren Werten und Zielen stehen. Seien Sie offen und vermitteln Sie ein authentisches Bild von sich und Ihrem Unternehmen. Gestalten Sie auch Ihr Employer Branding authentisch und vermeiden Sie nichtssagende Phrasen. Vermitteln Sie BewerberInnen stattdessen ein klares und unverfälschtes Bild davon, wie Ihr Unternehmen tickt.
- Bieten Sie moderne, offene Workspaces. Wer nicht zuhause, sondern im Büro arbeiten möchte, sollte die Chance dazu haben. Schaffen Sie Shared-Desk Büros, Meeting-Räume und Bereiche für konzentrierte Stillarbeit. Auch Räume mit Möglichkeiten für persönliche Gespräche und Networking sind wichtig, um den Teamzusammenhalt und die Identifikation mit dem Arbeitgeber zu stärken.
- Qualifizieren Sie Ihre Mitarbeitenden fortlaufend. Die Arbeitswelt ist im Wandel, das erfordert stetige Weiterbildungen. Internes Know-how kann über Mentoring-Programme oder betriebsinterne Inhouse-Schulungen weitergegeben werden. Ergänzen Sie das durch externes Know-how in Form von Trainings und Schulungen. Investitionen in die Fortbildung der Belegschaft zahlen sich aus und machen Mit-Arbeitende fit für die Zukunft.