Bild: obs/Metronom Theater Produktionsgesellschaft mbH
Wir befinden uns im Wandel. Dieser Wandel ist komplex, denn Menschen, Gesellschaft und Welt verändern sich mit einer nie dagewesenen Dynamik. Es gibt fast nichts, was sich heute nicht im Wandel befindet: Klima, Werte, Kultur, Technologie, Weltordnung usw. In dieser Welt der Veränderungen geht es nicht um Größe und Stärke, sondern um Anpassungsfähigkeit. Ganz im Sinne von Charles Darwin: "It is not the strongest of the species that survives, not the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change."
Diese Fähigkeit zur Anpassung müssen auch Unternehmen haben, um zukunftsfähig zu sein. Dabei ist eine ganzheitliche Innovationskraft ein wichtiger Baustein, um in einer sich wandelnden Welt bestehen zu können. Dabei haben Unternehmen oft große Defizite im Bereich Innovation:
- Die bestehende Unternehmenskultur erstickt Innovation im Keim und sanktioniert Mut zur Veränderung des Status-quo.
- Es fehlt eine klare strategische Vision für die Zukunft des Unternehmens und damit Orientierung für Innovation.
- Das operative Setup für neue Themen ist ungenügend und Innovation bleibt in der theoretischen Bearbeitung stecken.
Unternehmen versuchen mit Innovationsprogrammen diesen Defiziten entgegenzuwirken. Allzu oft werden dabei aber entscheidende Managementfehler gemacht:
- Statt die Kultur zu verändern, wird versucht mit der Anwendung vielfältigster Innovationsmethoden, zum Ziel zu kommen.
- Statt eine klare Zukunftvision zu entwickeln, wird in der Breite nach Ideen gesucht. Schlimmstenfalls werden die gehypten Möglichkeiten von "Tech" zur primären Perspektive.
- Statt Innovationen den operativen Raum zu geben, sich iterativ zu entwickeln, werden kurzfristige, unrealistische Erwartungen definiert.
Damit kommen Innovationen - bestenfalls - nicht über einen Prototyp hinaus und schaffen damit keinen echten Wert für das Unternehmen. Sie sind erfolglos.
In den vergangenen Jahren wurde dieses Problem durch eine größtenteils positive wirtschaftliche Entwicklung des Kerngeschäfts der Unternehmen überdeckt. Mit der Folge: Mit dem finanziellen Erfolg, waren die Unternehmen in der Lage die Budgets für die Innovationsprogramme zur Verfügung zu stellen, ohne diese hinsichtlich ihres Wertbeitrags zu hinterfragen. Es reichte aus, dass sie ein wichtiger Bestandteil für das strategische Narrative des Managements waren.
Professor Steve Blank definierte dafür 2019 den Begriff des "Innovationstheaters" und meint damit Initiativen, die zwar sichtbar sind und - bestenfalls - einen Beitrag zur Unternehmenskultur leisten, aber
dabei völlig unfähig sind, echte Innovationen hervorzubringen
.
Um das Innovationstheater zu verhindern und echte Innovationkraft - und damit Impact auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens - herzustellen, sind
3 grundlegende Schritte notwendig:
- Komplexität reduzieren
Bevor man die Planung von Innovationsaktivitäten beginnt, ist ein klares Verständnis der wesentlichen Rahmenbedingungen aus den Perspektiven Marke, Mensch, Organisation und Markt erforderlich. Das Verstehen und nachfolgende Verdichtung auf wiederkehrende Muster reduziert die Komplexität für alle Stakeholder und schafft eine stabile Basis für die weiteren Schritte.
- Halt & Orientierung geben
Im nächsten Schritt muss die eigene Identität definiert werden und aus ihr eine fokussierte Strategie abgeleitet werden. Die Strategie muss dabei eine klare Orientierung in den Perspektiven Kultur, Organisation und Business geben.
Exkurs: Identitätsbasierte Strategien
Für die Gestaltung einer erfolgreichen Zukunft muss man die eigene unternehmerische Herkunft verstehen. Das Verständnis über die eigene Identität hilft dabei Strategien zu definieren, die die eigenen Stärken so einsetzen, dass diese auch in der Zukunft ihre volle Wirkung entfalten können. Als Steuerungsinstrument in diesem Prozess dient das Konzept der Marke. Sie hilft, die Identität einer Organisation zu definieren und ihr Gestalt zu geben. Die Identität einer Marke konstituiert sich aus ihrer Vision, den Werten, für die sie einsteht, ihren Kernkompetenzen und schließlich ihre Erlebbarkeit. Marke leistet auch einen entscheidenden Beitrag, die Beziehung zwischen Unternehmen und den Stakeholdergruppen aktiv zu gestalten. So haben Marken die einzigartige Kraft, Organisationen Halt über Identität und gleichzeitig Orientierung in der Transformation zu geben.
- Zukunft operativ erlebbar machen
Aus der Strategie werden dann operative Initiativen abgeleitet, die die Zukunftsvision schrittweise im Unternehmen implementieren, die Mitarbeitenden einbeziehen und die Veränderungen erlebbar machen. Die Aktivitäten müssen hinsichtlich Zielsetzung, Struktur, Methodik und Ressourcen-Ausstattung von Ideenfindung bis zur Wertstiftung aufeinander abgestimmt sein und kommunikativ begleitet werden.
Mit diesem Vorgehen stellt man sicher, dass die Programme nicht "Innovationstheater" sind, sondern einen nachweisbaren Einfluss auf die positive Unternehmensentwicklung haben, die Innovationskraft der gesamten Organisation maßgeblich verbessern und messbare Ergebnisse liefern.
Innovation für die Entwicklung von Produkten & Services
Für die Entwicklung von Innovationen im Bereich Produkte & Services sind die Anforderungen besonders komplex:
- KundInnen verändern die Erwartungen an Produkte & Services und entwickeln zunehmend ein holistisches Verständnis von Qualität.
- Bestehende Kundenbeziehungen sollen besser monetarisiert werden oder es sollen durch die Erschließung neuer Märkte neue Umsätze generiert werden.
- Grundsätzliche Technologie- und Marktveränderung erfordern ganz neue Produkte & Services, die völlig neue Fähigkeiten erfordern bzw. die völlig neue Märkte schaffen.
Diese Komplexität hat
McKinsey mit dem 3-Horizonte-Modell
dargestellt, das auch zeigt, dass die Ebenen unterschiedliche Wirkdauer haben: Während eine inkrementelle Veränderung an einem bestehenden Produkt innerhalb weniger Monate Wert stiften kann, können disruptive Innovationen Jahre benötigen, bis sie einen positiven Beitrag leisten.
Dieses Wissen ist entscheidend zur Formulierung der richtigen Strategie und damit auch für die Auswahl des richtigen operativen Ansatzes.
Horizont 1
Inkrementelle Innovationen sollten organisatorisch nahe an den bestehenden Entwicklungs- und Produktmanagementteams angesiedelt sein. Sie erfordern ein gutes Verständnis über die Veränderungen in den adressierten Zielgruppen und die Fähigkeiten, Ideen schnell mit Kund:innen zu verproben. Außerdem müssen sie auch schnell operativ umgesetzt werden, um die volle Wirkung entfalten zu können.
Geeignete Methoden:
- Betriebliches Vorschlagswesen
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
- Ideenwettbewerb (intern & extern)
- Design Sprint
Horizont 2
Innovationen, die der Erweiterung des Produktportfolios bzw. der Erschließung neuer Märkte dienen, haben die stärkste transformative Kraft auf die gesamte Organisation. Sie erfordern auf der einen Seite Freiraum für neues Denken & Handeln, sollten aber auch die Leistungsfähigkeit der Kernorganisation nutzen können.
Geeignete Methoden:
- Innovation Labs
- Hackathon
- Design Thinking
- Externe Forschung & Entwicklung
Horizont 3
Disruptive Innovationen brauchen die Erlaubnis den Status-quo als Ganzes in Frage zu stellen und alle Erfahrungen, Altlasten und Unternehmensparadigmen - wenn notwendig - über Bord werfen zu dürfen. Sie entsteht darum am besten in Organisationsformen, die eine maximale unabhängig von der Kernorganisation haben und keine Abhängigkeit vom aktuellen Geschäft spüren.
Geeignete Methoden:
- Innovation Labs
- Corporate Start-Ups
- Incubator/ Accelerator Programme
- Venture Client Projekte
Für alle 3 Horizonte gilt, dass beim Setup der Initiative auch das die Verantwortlichkeit, Vorgehen, Ressourcen und Budgets für die Umsetzung von vielversprechenden Ideen verbindlich festgelegt werden. Diese Definition ist nicht nur ein wichtiger Aspekt für die Festlegung der Ziele der Initiative, sondern auch erster Test, ob die festgelegte Strategie von allen mitgetragen wird.
Anna Lüders
Bild: Sasserath+
ONEtoONE-Autorin Anna Lüders ist Managing Partner bei der Strategieberatung Sasserath+
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Simon Loebel
Bild: Sasserath+
ONEtoONE-Autor Simon Loebel ist Managing Partner bei der Strategieberatung Sasserath+
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