Bereits ab diesem Montagabend soll sie in den App-Stores zum Download bereit stehen, am Dienstag ist dann der offizielle Start der mit Spannung erwarteten Corona-Warn-App der Bundesregierung
zur Bekämpfung und Eindämmung des Virus. Insbesondere das Thema Datenschutz hat in den vergangenen Wochen und Monaten für viele Diskussionen, Verzögerungen und Nachbesserungen gesorgt. Die finale App stößt in der Fachwelt auf eine breite Zustimmung. Ihr Erfolg hängt nun davon ab, wie die Bevölkerung die App annimmt und freiwillig nutzt.
Die Corona-Warn-App soll dabei helfen, Infektionsketten besser zu erkennen. Laut Verbraucherzentrale
funktioniert sie folgendermaßen: Treffen sich Nutzer, die ein Smartphone mit der Tracing-App bei sich tragen, können sich die Geräte gegenseitig erkennen und anonymisierte IDs austauschen, die für maximal 14 Tage lokal auf dem Gerät gespeichert werden. Dabei werden neben den IDs auch Zeitpunkt und Dauer des Kontakts und die Signalstärke aufgezeichnet. Gibt eine Person an, positiv auf COVID-19 getestet zu sein, werden alle temporären IDs, die das Gerät der infizierten Person in den vergangenen 14 Tagen generiert hat, an einen Server gesendet. Dort liegen die IDs dann zum Abgleich für andere Nutzer bereit. Diese erfahren jedoch nicht die konkrete ID, sondern nur ob ein relevanter Kontakt mit einer infizierten Person stattgefunden hat. Die ID-Listen sind für die App-Nutzer nicht einsehbar. Auch die infizierte Person weiß nicht, welche Personen eine Warnung erhalten.
Eine erste Umfrage
der Agentur Frau Wenk
im April unter 39 deutschen Digital- und Datenexperten zeigte ein klares Meinungsbild: Fast alle befürworten die App und würden sie auch privat installieren. Viele glauben, dass eine Corona-App auch ein Türöffner für mehr Akzeptanz von datengetriebenen Geschäftsmodellen sein kann. Drei Meinungen:
Technische Innovationen lassen sich mit Datenschutz verbinden
Rico Knapper
, Geschäftsführer von
Anacision
:
"Wenn ich beobachte, wie Menschen aktuell (teilweise unwissend) mit ihren Daten bei Whatsapp, Facebook oder Instagram umgehen, dann frage ich mich durchaus, warum wir überhaupt eine Diskussion über eine App führen, die Leben retten kann. Am Ende sollte es darum gehen, die Argumente beider Seiten für eine gute und sinnvolle Lösung einfließen zu lassen. Wichtig ist, dass die Nutzung freiwillig erfolgt und den Datenschutz mit einbezieht. Nur so erreicht die App eine hohe Nutzerzahl. Und es gibt ja durchaus bereits technische Möglichkeiten, eine solide digitale Unterstützung zu haben, ohne den Datenschutz, wie er aktuell geregelt ist, zu unterwandern - das sollte das Ziel sein. Ich glaube durchaus, dass eine gut gestaltete Anti-Corona-App am Ende dazu beitragen kann, eine breitere Akzeptanz für digitale Lösungen in der Gesellschaft zu erreichen. Und zwar genau dann, wenn die Menschen merken, dass es nicht nur um die Frage zu neuen technischen Innovationen versus Datenschutz geht, sondern dass sich diese beiden Aspekte verbinden lassen."
Technikskepsis in Gesundheitsbranche abbauen
Willms Buhse
, Gründer und CEO der Hamburger Managementberatung
DoubleYUU
sowie des Weiterbildungspartners D-cademy:
"Als Digitalbeirat einer großen Krankenkasse könnte man jetzt kritteln, dass die App so spät kommt. Vielmehr finde ich es gut, dass sich alle Beteiligten auf ein offenes und transparentes Vorgehen geeinigt haben als auf einen Schnellschuss in alten Denkmustern. Das durchschlägt so manch einen Datenschutzknoten, den es in der Vergangenheit gab. Zudem begeistert mich, dass das App-Konzept den Menschen und seine Selbstverantwortung in den Mittelpunkt stellt. Damit lebt die App eine europäische Identität vor. Amerika stellt traditionell die Wirtschaft in den Mittelpunkt und China den Staat. Es bleibt nur zu hoffen, dass die neue App - wenn gut implementiert - auch großflächig genutzt wird. Wenn ja, kann sie ein wesentlicher Schritt zu einem mehr an Digitalisierung sein und helfen die deutsche Technikskepsis in der Gesundheitsbranche abzubauen. Eigentlich sollte eine Gesundheits-App so selbstverständlich wie eine Wetter-App sein.
Puzzleteil eines großen Ganzen
Dennis Wagner
, CTO bei
Denton Systems
:
"Ich denke nicht, dass eine Corona-App ein Türöffner für datengetriebene Geschäftsmodelle sein wird, eher ein Puzzleteil eines großen Ganzen. Letztlich muss daran gearbeitet werden, wie das Thema Datenschutz den Menschen präsentiert wird. Die Medien und Politik forcieren nur Kapselung der Daten und die Angst der Leute, diese für gewisse Zwecke, wie Forschung und Wissenschaft, freizugeben. Es mangelt ihr eher an der Kommunikation und Aufklärung, was Daten bedeuten und wie sie verarbeitet werden. Keine Forschungseinrichtung verwendet Klartext-Informationen für Studien. Letztlich muss den Leuten gezeigt werden, wie wichtig das Teilen von Daten ist und dass diese auch sicher und datenschutzkonform verarbeitet werden. Ausnahmen gibt es immer, siehe Facebook, aber die Leute, die sich aufregen sind doch trotzdem bei Facebook."