Anzeige
Anzeige

Customer Journey

Der Kunden-Weg ist das Ziel

11.01.2016 - Die Customer Journey, also die Reise des Kunden zur Conversion, das Nachvollziehen aller Touchpoints mit einer Marke, könnte der Schlüssel sein, um im Zeitalter des Kunden bestehen zu können. Denn wenn Unternehmen wissen, was Kunden wollen, kann zielgruppengenau, zur richtigen Zeit und auf dem richtigen Kanal die richtige Botschaft für jeden individuell ausgespielt werden.

"Der Customer Journey geht die Luft aus", sagt aber Alexander Krippahl, Head of Digital bei der Dialogagentur RMG Connect. Denn: "Viele Unternehmen sind (noch) nicht in der Lage, aus den gewonnenen Daten einen Nutzen zu ziehen. Sie denken zu starr in klassischen Zielgruppen und übersehen dabei die Tatsache, dass Einteilungen dieser Art auf längst überholten Annahmen basieren. Zudem findet die Kommunikation mit dem Kunden in der Regel über vordefinierte, lineare Modelle statt."



Das Wissen zu bekommen, welche Touchpoints und Botschaften zu einem Kauf geführt haben, wird immer schwieriger. Zumindest alles, was online passiert, kann aufgezeichnet werden. Aber die exponenzielle Zunahme der Devices und ein steigendes Privatsphäre-Bewusstsein der Konsumenten, die immer mehr Cookies löschen, die steigende Anzahl der Kanäle und die immer größer werdenden Möglichkeiten, Werbebotschaften auszuspielen, erhöhen die Schwierigkeit.



Vor allem die Bedeutung des Cookies, der Werbebranche liebster Tracking-Mechanismus, sinkt. "Das Cookie, seit vielen Jahren Tracking-Standard, verliert an Bedeutung", sagt Tobias Wegmann, CTO von Performance- und Targeting-Anbieter media-scale und stellvertretender Vorsitzender der Fokusgruppe Targeting im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Gründe gibt es viele: Die Cookie-Akzeptanz der Nutzer sinkt, die Mobile-Nutzung steigt, und einige viel genutzte Browser und Betriebssysteme haben ihr Default-Cookie-Handling geändert. Das heißt im Klartext: In der Voreinstellung bei Inbetriebnahme erlaubt zum Beispiel der Apple-Browser Safari, der aktuell einen weltweiten Marktanteil von knappen zehn Prozent im Web-Bereich hat, keine Third-Party-Cookies mehr. Third-Party-Cookies werden von Drittanbietern, also von anderen Domains als der, die in der URL auftaucht, gesetzt, nicht von dem eigentlichen Website-Betreiber. Das kann zum Beispiel ein Werbe-Banner machen. Nahezu alle in der Werbeindustrie verwendeten Cookies gehören zu dieser Art. Doch es gibt Alternativen: Fingerprinting, Common IDs, eTag, Local Storage, Flash-Cookies und Authentification Cashe. Im mobilen App-Browser kann man mit Advertiser IDs von iOS und Android tracken.



Wie kann man über mehrere Devices tracken?


Die Technik macht große Sprünge. So große, dass viele Unternehmen mit den Entwicklungen gar nicht mehr Schritt halten können. Da gibt es zum Beispiel das junge Berliner Unternehmen Roqad, einen deutschen Anbieter im Cross-Device-Advertising. Das Start-up hat eine Technologie, oder einen Technologiensatz, wie Richy Ugwu, Mitgründer und Chief Commercial Officer, es nennt, entwickelt, der verschiedene Devices zu einer Person oder zu einem Haushalt matchen kann. "Das sind nicht nur Smartphone, Tablet, Desktop oder Laptop, sondern auch IoT-Devices wie Smart Fridge, Fitnesstracker oder eine Apple Watch", sagt Ugwu. Gelauncht wurde der Ansatz im Januar, und auch große Unternehmen ließen nicht lange auf sich warten: Axel Springer, Esprit und die Deutsche Bank zählen bereits zur Kundenliste. Das Ganze funktioniert in zwei Schritten: Zunächst muss erkannt werden, dass ein Device überhaupt existiert. Das geht über alte Bekannte: Cookies bei Desktop oder Laptop, IDFAs (Identifier for Advertisers) für mobile Apple-Geräte und Android-IDs.



Beim Matchen der Devices wird es etwas komplexer: Roqad verfolgt hier zwei Ansätze: den probalistischen und den deterministischen. Beim probalistischen Ansatz wird über RTB-Exchanges (Real Time Bidding) über das Browsing Verhalten oder über das W-Lan getrackt. Kurz gesagt: Wenn zwei Geräte immer dieselben Ads ausgespielt bekommen, gehören sie wahrscheinlich zusammen. Wenn sich zwei Geräte immer ins selbe W-Lan einwählen, auch. "Da gibt es Tausende Heuristiken, die man gegen das Device laufen lassen kann", so Ugwu. Der deterministische Ansatz dagegen beinhaltet "harte Informationen" wie E-Mails oder Telefonnummern. Loggt sich ein User auf verschiedenen Geräten mit dem gleichen Mail-Account ein, gehören diese Devices wahrscheinlich zusammen. Alles gehasht natürlich, damit es dem Datenschutz entspricht, bekräftigt er.



Tablet und Desktop-Rechner werden oft von mehreren genutzt


Natürlich ist nichts so gut, wie es sich anhört, und Schwierigkeiten gibt es auch hier. "Die größten Probleme sind Desktop-PCs im Büro und zu erkennen, wer in einem Mehrpersonenhaushalt vor dem Screen sitzt." Wenn aber zum Beispiel in einem Haushalt ein Gerät erkannt wird, auf dem zu einer bestimmten Zeit immer Fußballergebnisse und zu einer anderen Zeit Fashion-News aufgerufen werden, und es gibt im selben Haushalt zwei Smartphones, auf dem einen wird nach Fußball, auf dem anderen nach Mode gesucht, könne die Pattern Recognition Technologie von Roqad erkennen, dass das eine Gerät von zwei Personen benutzt wird. Typischerweise werden Smartphones und Laptops von einer Person genutzt, Desktop-Rechner und Tablets werden von mehreren Personen verwendet. Es sei aber technisch immer noch sehr schwierig, zu wissen, wer da gerade das Tablet in der Hand hält oder vor dem Familienrechner sitzt. "Aber da muss man auch an den Advertiser appellieren: Eine Kampagne für Verlobungsringe sollte dann vielleicht nicht auf den Devices ausgespielt werden, die typischerweise von mehreren Usern in einem Haushalt genutzt werden", rät Ugwu.



Tracking mit IDs verspricht, der Heilige Gral des Marketings zu sein


Ein weiterer Cross-Device-Tracking-Ansatz, der genau dieses Wissen verspricht, ist das Tracking mit IDs. Facebook preist seinen Werbedienst Atlas mit dem Claim "People-based Marketing" als nichts weniger an als den wahr gewordenen Traum jedes Marketers: einen Platz, um digitale Kampagnen zu kreieren, zu kaufen, zu messen und zu optimieren. Und das on- und offline, über alle Channels, Geräte und das gesamte Internet hinweg. Atlas trackt und targetet nicht mit Cookies, sondern mit der Facebook-ID. Voraussetzung für ein ID-Tracking ist, dass der User mit seiner ID im selben Browser eingeloggt ist, in dem er auch andere Seiten öffnet. Common-ID-Tracking, wie der BVDW das nennt, funktioniert aber natürlich nicht nur mit der Facebook-ID und mit Atlas.



Auch andere große Web-Anbieter wie Microsoft, Google und Yahoo bieten dieses Tracking an. In der Lage dazu ist jeder Web-Dienst, dessen Nutzung Log-in-Daten erfordert. Das sind neben E-Mail-Portalen, Sozialen Netzwerken und Streaming-Diensten natürlich auch E-Commerce-Betreiber. Die Dienste haben für jeden User eine eigene ID mit personenbezogenen Daten, die ganz klar eine Person identifizieren kann. Großer Vorteil daran: Das Opt-in zur Speicherung und Verarbeitung der Daten, das aus Datenschutzgründen erforderlich ist, erhält der Betreiber schon bei der Registrierung, in der Regel durch das Akzeptieren der AGB.



Die Portale nutzen diesen Tracking-Mechanismus aber nicht nur für sich selbst. Manche, wie Facebook oder Xing, stellen zusätzlich Schnittstellen zur Verfügung, mit denen auch Third-Parties Zugriff auf die IDs haben. Voraussetzung ist, dass der User im selben Browser eingeloggt ist. Die Schnittstellen liefern eine eindeutige Kennung des Users zurück. Diese kann dann von der Third Party genutzt werden, um selbst einen Pool an Unique Identifiern aufzubauen und in Form eines Cookies auf dem Device zu hinterlegen. Bei Kontakt mit dem Portal kann die ID neu abgefragt und die Information wiederhergestellt werden, auch wenn der User seine Cookies inzwischen gelöscht hat. Denn die ID ist personenbezogen und unabhängig von Browser oder Gerät.



Daten für die Customer-Journey-Analyse nicht nur online erheben


Aber nicht nur im Netz hat der Kunde Kontakt mit einer Marke. Auch Offline-Daten sollen helfen, seinen Weg nachvollziehen zu können. "Wir sammeln Daten, wo auch immer du in Kontakt mit einer Marke kommst", so Neil Joyce, EMEA-Chef von Matching-Anbieter Signal. Das heißt nicht nur online und mobile, sondern vor allem auch in der Offline-Welt. Allerdings dort, wo On- und Offline Hand in Hand gehen. Also über Beacons in stationären Geschäften, über E-Receipts, die der Shop dem Kunden per E-Mail schickt und nicht auf Papier in die Hand drückt, über ein kostenloses W-Lan und ganz klassisch mit Loyality-Cards. "Wichtig ist nicht nur, zu wissen, dass ein Kunde da war, sondern auch, was er gemacht hat in der Zeit, als er da war", so Joyce. Also was hat er gekauft, was hat er sich angesehen, wie lange war er im Laden. Doch was fange ich nun mit den Daten an, die ich so fleißig über alle Kanäle, Devices und Welten gesammelt habe? Es ist die Frage, die das Marketing beschäftigt: Wie wird aus Big Data Smart Data?



Signal erstellt Customer Journey Maps, eine visuelle Repräsentation aller Touchpoints, an denen der Kunde mit der Marke auf dem Weg zum Kauf in Berührung gekommen ist. So kann man den Kunden verstehen, seine Kampagnen gezielt daraufhin optimieren. Aber auch werthaltige Kunden identifizieren und verschiedenen Zielgruppen verschiedene Maßnahmen über verschiedene Kanäle kommunizieren. Alles geht also in Richtung persönlicher und relevanter. Auch Frequency Capping kann so betrieben oder das ureigene Problem des Retargeting, einem Kunden nicht noch einmal das Produkt zu zeigen, das er schon lange gekauft hat, mit Hilfe der über die Customer Journey gesammelten Daten gelöst werden. Attribution ist dafür zunächst das Zauberwort. Das ist der Prozess der Identifizierung eines Sets von User-Aktionen, die in irgendeiner Art zu einem gewünschten Ergebnis geführt haben. Diesen Aktionen oder Ereignissen wird dann ein bestimmter Wert zugeschrieben. Marketing Attribution soll Verständnis liefern, wie die Kombination bestimmter Ereignisse zur Conversion geführt hat. Jeder Maßnahme, die zur Conversion beigetragen hat, wird ein Wert zugeschrieben, sie wird also quantifiziert. So werden im Endeffekt alle Maßnahmen skalierbar.



Natürlich geht es immer darum, Kampagnen zu optimieren, Streuverluste zu mindern, den Media Spend effizienter zu gestalten, den ROI und die Conversion zu steigern. Auch Roqad sammelt in erster Linie Daten, die dann an andere Ad-Tech-Companies oder Agenturen weitergegeben und analysiert werden, um Kampagnen besser ausspielen zu können. "Sobald man einmal weiß, dass die Geräte zusammengehören, kann man das alles machen", sagt Richy Ugwu.



Der Kunde darf nicht das Gefühl bekommen, verfolgt zu werden


Bei allen technischen Möglichkeiten sollte man jedoch stets aufpassen, dass der Verbraucher nicht das Gefühl bekommt, der Eingriff in seine Privatsphäre wäre zu groß, warnt Neil Joyce von Signal. Der Kunde müsse immer im Mittelpunkt stehen. Wenn der Kunde nämlich tatsächlich die Macht hat, muss man sich die Frage stellen, ob er wirklich will, dass man alles über ihn weiß, seine Vorgeschichte, seine Vorlieben, seine Kanäle, wann er welches Produkt gekauft, wann er welche Website oder App besucht, wann er welchen Newsletter geöffnet und wann er welchen TV-Spot gesehen hat. Denn Joyce weiß: "Manchmal will der Kunde auch einfach überrascht werden." (ks)

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: Thilo Kerner
    Thilo Kerner (Sybit GmbH)

    Wie Sie ein wirklich sinnvolles Management-Dashboard für Marketing und Vertrieb aufsetzen

    Wie definieren Sie die wirklich wichtigen KPIs für Marketing und Vertrieb? Und wie steuern Sie dann mit diesen Ihre Marktbearbeitung erfolgreich? Thilo Kerner, Chief Revenue Officer der Sybit GmbH zeigt an Beispielen aus der konkreten Vertriebs- und Marketingpraxis, wie ein wirklich nützliches Marketing-Dashboard aussehen muss und wie Sie kennzahlengesteuertes Management im Unternehmen aufsetzen. Außerdem liefert er Tipps und Strategien, um KPIs effektiv im Geschäftsalltag Ihres Unternehmens zu integrieren.

    Vortrag im Rahmen der Daten & KI 2024. Künstliche Intelligenz, Datengestütztes Marketing und Vertrieb am 14.05.24, 10:00 Uhr

Anzeige
Anzeige
Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.versandhausberater.de