30.03.2016 - Bernd Richter, Experte im Bereich Capital Markets, Banking, Wealth sowie Digital Strategy & Transformation bei der internationalen Unternehmensberatung Capco erläutert im Gespräch mit ONEtoONE die Hintergründe und Perspektiven des Booms im Bereich der Financial Technology.
Interessant ist ja, dass sich der Bankensektor gegen die Digitalisierung weniger zu wehren scheint als andere Branchen, die früher von der Digitalisierung erfasst worden. Etwa die Unterhaltungsbranche oder das Verlagswesen. Wie ist diese Innovationsoffenheit begründet? Die Digitalisierung ist natürlich kein Selbstzweck. Digitale Technologien sind der Schlüssel zur Senkung des bestehenden Kostenblocks. Außerdem werden digitale Kanäle und -Produkte von den Kunden erwartet und gezielt nachgefragt - dem müssen die Banken nachkommen. Allerdings kommt die digitale Transformation einer Operation am offenen Herzen bei laufendem Geschäftsbetrieb gleich: Bestehende Technologien können nicht einfach abgeschaltet werden. Die digitalen Pendants müssen einen fließenden Übergang gewährleisten, um das laufende Geschäft nicht zu gefährden.
Der aktuelle Status in Sachen Umsetzung digitaler Maßnahmen ist teilweise sehr verschieden und abhängig von der Größe der Bank: Die großen Player investieren enorme Summen in neue Technologien und neue digitale Kanäle. Kleinere Geldhäuser haben zu Teilen noch nicht einmal angefangen sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil sie nicht über die entsprechende Finanzkraft verfügen.
Allerdings führt nicht nur die unterschiedliche Investitionskraft dazu, dass sich die großen börsennotierten Unternehmen strategisch und operativ intensiver mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen. Es geht auch um Imagevertretung und positive Reputation - einerseits natürlich gegenüber Aktionären, Analysten, etc. zur Darstellung nachhaltigem Handelns, das zur Kostensenkung und Geschäftsmodellerweiterung führt und andererseits auch gegenüber dem Talentmarkt. Zur Umsetzung ihrer hochgesteckten Ziele benötigen die Banken begeistertes intelligentes Personal, das jedoch mindestens genauso anspruchsvoll ist, wie die Kunden und das Potenzial digitalen Denkens besitzt.
Welche Berufe sehen Sie im klassischen Bankengewerbe bedroht, welche neuen entstehen? Die neuen Berufsbilder kennen wir heute wohl noch gar nicht. Datenwissenschaft (Data Science), d.h. Verständnis über neuronale Netze, Definition intelligenter Algorithmen sowie Design Thinking, wird zukünftige Berufe entscheidend prägen. Allerdings stehen wir dabei heute noch ganz am Anfang einer längeren Entwicklung. Die Universitäten bieten noch keine entsprechenden Angebote und Programme, um eben solche Berufsbilder gezielt zu fördern, da nicht präzise vorhergesagt werden kann, wohin die Reise geht. Unter den aktuellen Standards haben Mathematiker und Naturwissenschaftler sicher gute Chancen und befinden sich in einer Vorreiterrolle.
Sicher ist, dass sich das Retailerlebnis, das Banken ihren heute Kunden bietet, verändern muss - der Besuch einer Bank muss künftig mit einer schlagartig positiven Wahrnehmung verbunden sein. Banken könnten sich etwa an den Design- und CRM-Ideen von Apple und Co. orientieren. Obwohl dieses Verständnis gerade erst aufkommt, werden schon zeitnah Berufsbilder benötigt, deren Tätigkeit sich wissentlich auf das Erlebnis Bank richtet.
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