06.12.2022 - Wer mit seiner Marketing-Kampagne unbedacht ins Metaverse stolpert, kann sich leicht eine blutige Nase holen. ONEtoONE hat bei Agentur-Chefs nachgefragt, wie erfolgreiche Kampagnen funktionieren.
von Dominik Grollmann
Selbst wer noch nie einen eigenen Schritt in Zuckerbergs vielbeschworene Ersatzwelt unternommen hat, dürfte ihr zumindest schon flüchtig begegnet sein. Zum Beispiel in einem der unzähligen TV-Spots, die der Meta-Konzern
derzeit zur besten Sendezeit ausstrahlen lässt. Nun mag man berechtigte Zweifel daran hegen, ob ein Trend, für den man Fernsehwerbung machen muss, überhaupt noch ein Trend sein kann. Aber immerhin hat Meta auf diese Weise dafür gesorgt, dass sich der Werbe-Claim selbst erfüllt: Jeder redet über das Metaverse - auch wenn mancher gar nicht weiß, was das ist.
Umso wertvoller sind daher Agenturen, die bereits Kampagnen und Kundenprojekte im Metaverse umgesetzt haben. Das erst in diesem Jahr gegründete Düsseldorfer Unternehmen 42Meta
bietet auf Basis eigenentwickelter Technologie eine metaversespezifische Adtech-Lösung ("MetaSuite") zur programmatischen Ausspielung von Kommunikationskampagnen in virtuellen Welten. Voxels
- und Decentraland
-Avatare (weitere Metaversen sollen folgen) können auf diese Weise nach vielfältigen Targetingoptionen erreicht werden (Wallet-ID, Avatar-Gender, Wearables und ortsbasierten Informationen, aber auch nach NFT- ("Non Fungible Token") basierte Charakteristika, etwa im Besitz befindliche Parzellen und Gebäude, Gebote, Verkäufe, Ausgaben und Einnahmen).
Zunächst bietet 42Meta kaum mehr als Display-Advertising an und hat quasi virtuelle DooH-Displays installiert. Entscheidender Unterschied allerdings: Im virtuellen Raum können zwei Avatare zugleich vor der Litfaßsäule stehen und jeweils andere, individuell zugeschnittene Motive sehen. "Der einzigartige Vorteil im Metaverse liegt darin, dass wir sehr vielfältige Informationen über die Avatare erhalten", erklärt Martin Frericks, Strategic Advisor des Unternehmens. "Wir können sogar einen Blick in die Wallets der NutzerInnen werfen und nachvollziehen, welche NFTS oder Krypto-Beträge sie besitzen." Datenschutzrechtlich sei das kein Problem, da kein Rückschluss auf eine echte Person möglich ist, sondern lediglich der virtuelle Avatar getraced wird.
Obwohl die Firma noch nicht ganz ein Jahr alt ist, hat sie bereits für einige prominente Marken wie Coca-Cola
, Sodastream
oder die Bundeswehr
Kampagnen durchgeführt. Konkrete Kampagnenziele wie etwa eine Reichweitenwirkung oder Conversions standen dabei weniger im Vordergrund. "Im derzeitigen Entwicklungsstand ist es vor allen Dingen wichtig, Erfahrungen zu sammeln", sagt der Chef-Stratege. "Ich würde daher im Moment gar nicht dazu raten, beispielsweise eine spezifische Zielgruppe zu suchen. Der Fokus sollte viel mehr darauf liegen, zu lernen, wie die Metaverse-Mechaniken funktionieren." Ein Learning kann Frericks seinen Kundinnen und Kunden immerhin schon jetzt auf den Weg geben: Wenn wirklich konkrete Conversionziele erreicht werden sollen, sollten sie sich innerhalb des Metaverse umsetzen lassen. Schon alleine, weil sich das Targeting dann viel präzisier umsetzen lässt.
Nicht grundsätzlich anders sieht Alexander El-Meligi den Markt. Er gründete 2008 gemeinsam mit seinem Partner Kristian Kerkhoff die inzwischen vielfach ausgezeichnete Digitalagentur Demodern
, die an den Standorten Köln und Hamburg mit rund 90 Digitalexperten für Kunden wie Nike, Ikea, SAP, Snipes, Roland Berger oder BMW arbeiten.
Auch er warnt davor, den Markt zu unterschätzen. Denn im Grunde sei die Zielgruppe riesig: Jeder Mensch mit einem Smartphone, Laptop oder Computer ist in der Lage, das Metaverse zu betreten. Damit sind immerhin mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung eingeschlossen, die ein modernes App-fähiges Smartphone besitzen. Natürlich weiß auch El-Meligi, dass es sich dabei lediglich um das Potenzial, nicht um die tatsächliche Reichweite handelt. Aber gepaart mit der Geschwindigkeit, in der sich das Thema entwickelt, entsteht mächtig Druck im Kessel. "Insbesondere die Generationen Z und Alpha sind sehr Tech-affin und wachsen mit Spielen und Metaverse-Plattformen wie Roblox, Fortnite und Minecraft auf", sagt der Agentur-Chef. Und El-Meligi möchte auch mit dem Vorurteil aufräumen, dass das Metaverse "nur" etwas für Gamer sei. Denn: "Gaming ist längst ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Inzwischen wird in allen Altersgruppen und von Männern wie Frauen gespielt." Laut Statista beläuft sich der Anteil der Gamer in Deutschland derzeit auf 54 Prozent und ist zwischen den Geschlechtern gleichmäßig verteilt.
Auf diesem Boden, so ist sich El-Meligi sicher, werden Metaversen sehr schnell an Bedeutung gewinnen. Und damit zugleich auch die Kampagnen.
"Zunächst stellt sich generell die Frage, ob das Thema im Marketing überhaupt richtig verortet ist", stellt El-Meligi klar. Eine Metaverse-Plattform kann sich ja sowohl an Consumer richten (B2C), oder auch nur im Corporate-Bereich (B2B) eines Unternehmens existieren, zum Beispiel für Meetings, Konferenzen, Mitarbeiterbildung, Workshops. "Das Metaverse kann das Geschäftsmodell eines Unternehmens sehr weitreichend beeinflussen und digital transformieren, von physischen Produkten zu rein digitalen". Daher ist es keinesfalls sinnvoll, sich einfach ins Abenteuer zu stürzen und mal zu sehen, was so geht. Vielmehr sollte das Thema auf Basis einer Metaverse-Strategie zunächst vom C-Level korrekt platziert und adressiert werden.
Am einfachsten klingt es, zunächst eine Kampagne in einem bereits existierenden Metaverse wie Roblox umzusetzen. "Aber auch hier sollte wirklich jedem klar sein, wie diese Plattformen funktionieren und was die NutzerInnen dort von den Inhalten erwarten", warnt El-Meligi. Vor allem sollten keine statischen Werbeflächen genutzt, sondern Erlebnisse geschaffen werden. "Von sehr plumpen und einfachen Werbe-Platzierungen würde ich abraten, da dies keine besondere oder nachhaltige Wirkung auf die NutzerInnen hat und daher nur sehr bedingt Teil einer langfristigen Metaverse-Strategie sein kann."
Stattdessen sollte ein kollektives Erlebnis geschaffen werden, das zur Marke oder dem Produkt passt. "Ein anschauliches Beispiel ist die Roblox Vans World. Hier können NutzerInnen gemeinsam mit anderen in einem Skate- oder BMX-Park fahren und waghalsige Tricks üben, um so Punkte und Zugänge zu neuen Produkten oder auch Fähigkeiten zu erlangen."
Es gibt aber viele Marken und Unternehmen, die bereits wichtige Grundvoraussetzungen mitbringen, um ein großes Potenzial in einer Metaverse-Plattform für sich zu erschließen. Sie sollten sich vorab folgende Fragen stellen:
(K)ein kostspieliges Experiment
Gerade weil sich im Metaverse nur selten ein konkreter Umsatz erzielen lässt, haben es viele Marketer schwer, die Kosten zu verargumentieren. Allerdings sind die Befürchtungen meist auch zu groß. "Je nach Umfang oder Strategie sind die Kosten vergleichbar und nicht zwingend größer als bei herkömmlichen Kampagnen", erklärt El-Meligi. Je nach Distribution sind auch die zusätzlichen Marketingkosten, mit denen die Aktion beworben wird, sehr ähnlich. Social-Media-Kanäle haben sich dazu als sehr wirksames Mittel erwiesen.
Allerdings können die initialen Kosten der ersten Kampagne, wenn es also darum geht, den Platz in einer Plattform wie Decentraland oder Sandbox zu erwerben, größer sein. Doch schon bei den folgenden Kampagnen kann man die Entwicklung mit einer aufwendigen Microsite vergleichen, mit kleineren Markenerlebnissen in den Plattformen. Zudem profitiert die Marke dann auch schon von den existierenden Followern aus den vergangenen Kampagnen. "Im Prinzip ist ein Metaverse-Auftritt in vielen Punkten vergleichbar mit einem Social-Media-Kanal", sagt der Demodern-Mitgründer.
Wichtig ist es jedoch gerade zu Beginn, bei den ersten Metaverse-Maßnahmen ausreichend Zeit für die Entwicklung einer Strategie und eines Konzepts einzuplanen. Denn die jeweilige Plattform oder auch Community sollte man vorab genau analysieren und verstehen, um eine erfolgreiche Maßnahme zu erzielen. Diese Learnings sind enorm wertvoll und müssen natürlich erstmal gewonnen werden.
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