31.01.2019 - Der Countdown für den Brexit läuft: Unsere Checkliste gibt Antworten auf sieben Fragen, was Entscheider in Digitalunternehmen und Onlinehändler nun tun müssen.
von Susanne C. Steiger
Selbst wenn es bis zum 29. März 2019 eine ratifizierte Vereinbarung mit der Londoner Regierung gäbe, ist damit noch längst nicht alles geklärt. Wie sich Handeltreibende - unabhängig ob Großkonzerne oder Mittelstand - darauf vorbereiten müssen, hat die EU-Kommission in einem 16-seitigen Brief an die Mitgliedsländer angesprochen. Damit Ihnen mit dem Brexit nicht dasselbe passiert wie bei der DSGVO - man wird erst in den Tagen vor dem letzten Termin aktiv - haben wir Antworten auf sieben Fragen zusammengestellt, was jetzt zu tun ist:
Weil der europäische Binnenmarkt eine einmalige Chance für Menschen und Unternehmen ist, sind die Folgen eines Brexit in jedem Fall hart - selbst wenn in letzter Minute noch eine Einigung ausgehandelt wird. Betroffen sind alle diejenigen,
Geht alles nach Plan, wären die Konsequenzen direkt nach dem Austrittsdatum überschaubar, weil eine Übergangsphase bis Ende 2020 geplant ist. Sie hängt aber von einer Einigung auf ein Abkommen ab, und davor stehen noch einige hohe Hürden. Beide Seiten hoffen auf einen Kompromiss bis Oktober. Die jüngsten Drohungen des neuen Brexit-Ministers Dominic Raab
, das von der EU als schwierig betrachtete Whitepaper von Premierministerin Theresa May
und die Verwerfungen innerhalb der regierenden Tory-Partei führen dazu, dass beide Seiten sich auf ein No-Deal-Szenario vorbereiten - was zumindest die aktuell aktiven Verhandler ablehnen.
Selbst die ins Spiel gebrachte Übergangsregelung bis 2020 ist strittig, weil der harte Kern der Brexit-Anhänger bei den britischen Konservativen einen "Brexit nur dem Namen nach" ablehnt. Damit ist die von May favorisierte Freihandelszone zwischen der EU und Großbritannien gemeint. Die Gefahr eines Scheiterns der Verhandlungen ist also hoch - nicht zuletzt weil beide Seiten keinen Gesichtsverlust akzeptieren können.
Als größter ECommerce-Markt Europas birgt Großbritannien für Händler beträchtliche Chancen in Bezug auf Kunden und Umsätze. Entsprechend groß ist der mögliche Schaden. Insbesondere kleine und mittelständische Onlinehändler könnten unter höheren Versandkosten und bürokratischen Hürden, wie mögliche Wiedereinführung von Zöllen und der Einfuhrumsatzsteuer, leiden. Nach einer Brexit-Studie der Unternehmensberatung Deloitte rechnet mehr als die Hälfte der europäischen Unternehmen im Falle eines Hard Brexit mit hohen oder sehr hohen Schäden für das eigene Geschäft.
Unternehmen mit Großbritannien-Geschäft sollten nach Ansicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nicht darauf hoffen, dass der EU-Austritt der Briten noch gestoppt oder durch weitreichende Freihandelsabkommen abgefedert werden könnte.
Im Worst Case entfallen zum Stichtag 29. März 2019 auf einen Schlag sämtliche Privilegien des europäischen Binnenmarkts. In diesem Fall würden auf alle Einkäufe eines deutschen Verbrauchers bei einem britischen Onlineshop mit einem Wert (Warenwert zzgl. Versandkosten) über 22 Euro die deutsche Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent aufgeschlagen. Ab einem Wert von über 150 Euro müsste sowohl Einfuhrumsatzsteuer als auch Zoll abgeführt werden. Umgekehrt wären ähnliche Regelungen zu erwarten. Kurz gesagt: In UK-Shops einzukaufen würde völlig unattraktiv, ebenso wie der Import von Waren aus Großbritannien. Es wäre sogar möglich, dass einige Produkte gar nicht mehr in der EU in Verkehr gebracht werden dürfen, weil sie zum Beispiel bestimmte Kennzeichnungen (etwa die CE-Kennzeichnung) nicht aufweisen.
Der Verkauf von Waren nach Großbritannien würde ebenfalls unattraktiv - zum einen wegen der Zölle, zum anderen wegen fallender Wechselkurse und der damit verbundenen signifikanten Abwertung des britischen Pfund gegenüber dem Euro.
Der Best Case ist, dass die EU mit Großbritannien ein umfangreiches Freihandelsabkommen schließt und zudem die Übergangszeit bis 2020 vereinbart wird. Bei entsprechender Vertragsgestaltung könnte der Onlinehandel zunächst fast unverändert weitergeführt werden. Digitalunternehmen mit Sitz in Deutschland können auf jeden Fall auch weiterhin nach Großbritannien verkaufen und deutsches Recht zur Anwendung bringen, wenn in den AGB eine entsprechende Rechtswahl vereinbart wurde. Die Klausel "Es gilt deutsches Recht" reicht allerdings nicht aus. Es müsste darüber hinaus ein Hinweis auf das sogenannte Günstigkeitsprinzip erfolgen. Das bedeutet, bei Verbrauchern gilt die vereinbarte Rechtswahl nur, soweit nicht die Verbraucherschutzvorschriften am Sitz des Verbrauchers günstiger sind.
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