06.12.2018 - Oft missverstanden als technisch-verspieltes Nice-to-have, Attribution ist ein elementar wichtiger Bestandteil vom Marketing. Denn es ist schwer, gezielt Budgets zu steuern, wenn man über den Beitrag von Marketing-Kanälen oder -Kampagnen zu Conversions nicht Bescheid weiß. Bei der Einführung von Attribution tun sich allerdings theoretische und praktische Fragen auf, über die diese Checkliste einen ersten Eindruck geben soll.
von Christina Rose
Dr. Christian Maass (Cimpress) und Rene Otto (Rock N Shop) haben diese Fragen geklärt und ein über 80 seitiges Etribes-Whitepaper zum Thema "Attribution" zusammengestellt. Sie werden darin sowohl auf theoretische Grundlagen als auch konkret auf die praktische Umsetzung aus Händlersicht eingehen. Vorab stellen sie einen Checklisten-Auszug für die Leser der OnetoOne aus der Sicht von Praktikern zur Verfügung.
Die Attribution ist nichts anderes als der Versuch, die Wirkung von Marketing-Maßnahmen zu erfassen. Dabei ist das Wort "Versuch" wichtig: Ist es doch fast nie möglich, zu 100 Prozent auszumachen, was genau Kunde X zum Kauf von Produkt Y am Tag Z bewegt hat. Aber Unternehmen, die besser (wohlgemerkt nicht: "ganz genau") Bescheid wissen, welche Formen von Werbung in welchen Kanälen eher eine Conversion-relevante Rolle spielen, können mehr aus ihrem Marketing-Budget holen, indem sie diese effektiveren Maßnahmen stärken.
Die Vorgehensweise kann dabei technisch so einfach sein, wie zeitlich begrenzt auszuwerten, ob etwa um die Ausstrahlung von TV-Spots die Bestellungen signifikant ansteigen: So hat das junge Zalando 2008 für sich herausgefunden, dass Fernsehwerbung zwar teuer war, aber einen spürbaren Umsatzeffekt hatte - ein Effekt, den man dann bereit war, sich zu erkaufen. Dabei können gerade "alte Hasen" wie Zalando mittlerweile auch präzise erfassen, woher Kunden online kommen und welche Such- oder Display-Anzeigen sie zum Kauf auf der Plattform bewegt haben (könnten) - und das in einigen Fällen sogar über zwei oder drei Endgeräte hinweg.
Letzteres ist ja auch das, was man gemeinhin mit "Attribution" in Verbindung bringt - und das, was auf viele panikeinflößend wirkt. Da ist es schnell die Rede von "First-/Last-Klick"-Modellen, von Modellierung und Skalierung, von abnehmenden Grenzwerten. Dennoch ist Attribution überhaupt keine Raketenwissenschaft: Zumindest die Auswertung von verschiedenen Attributionsmodellen lässt sich schnell erschließen. Und jedes Unternehmen kann sofort damit anfangen - vorausgesetzt, es handelt innerhalb seiner technischen Möglichkeiten und will nicht zu viel zu schnell.
Folgende Checkliste zeigt, welche Voraussetzungen für Attribution notwendig sind:
1. Wurden Marketingziele auf Unternehmensebene klar festgelegt?Attribution liefert keine unverrückbare Wahrheiten, sondern Interpretationen von Customer-Journeys. Wer sich also etwa für einen Last-Click-Ansatz entscheidet, bewertet bewusst die Rolle der letzten Anzeige, die der Kunde vor dem Kauf gesehen und geklickt hat, höher, als jemand, der sich für First-Click entscheidet. Beide Herangehensweisen haben ihre Berechtigung: Es geht darum, den richtigen Ansatz für das jeweilige Marketing-Ziel zu treffen.
2. Wurde der Technikschnitt definiert und kommuniziert?Damit sie den gewählten Ansatz auch anwenden können, sind Mitarbeiter auf Daten aus zahlreichen Systemen angewiesen, deren Zahl faktisch unüberschaubar ist. So muss man sich einen Überblick verschaffen, welche Systeme im Unternehmen eigentlich im Einsatz sind, um Kundenkontaktpunkte systematisch erfassen zu können und zu verstehen, welche Lösungen man pro Kanal benötigt
3. Wird im Unternehmen das Data-Warehouse als Kernkompetenz eingesetzt?Das Data-Warehouse muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter im Marketing sämtliche zur Entscheidungsfindung oder Prozessautomatisierung erforderlichen Daten per Knopfdruck zur Verfügung haben. Wie haben sich zum Beispiel der ROI oder die Kundenakquisitionskosten je Kanal im Zeitverlauf entwickelt haben? Eine solche Granularität ist erforderlich, um über die Allokation des Marketingbudgets bestmöglich entscheiden zu können
4. Wurden die organisatorischen Rahmen für datengetriebenes Arbeiten aufgestellt?In den meisten Unternehmen, die Attributions-Modelle mit Erfolg einsetzen, stellt man ebenfalls den sicheren Einsatz von agilen Prinzipien fest. Jenseits des Schlagworts heißt "agile" im Kern, dass alles auf eine iterative, testgetriebene Arbeitsweise gerichtet ist. Anders formuliert: Die besten Marketingabteilungen arbeiten zunehmend wie Technologiebereiche.
5. Bringen die Mitarbeiter die notwendigen technischen Kompetenzen mit?Marketing-Mitarbeiter, die mit Attribution beauftragt werden sollen, müssen: a) ein gutes Technikverständnis haben; b) Datenbanken verstehen und als Key-User nutzen können; c) über ein hohes Abstraktionsvermögen verfügen und eine hohe Zahlenaffinität aufweisen; d) eine dauerhafte Lernbereitschaft mitbringen; und e) mental agil sein.
Die schlechte Nachricht zuerst: Viele Unternehmen erfüllen noch nicht ansatzweise diese Anforderungen.
Die gute Nachricht: Das Thema Attribution kann zu Beginn auch einfacher angegangen werden - etwa indem man sich auf die Daten von Google Analytics begrenzt und erst einmal pragmatische Annahmen zu weiteren Marketingkanälen trifft. Und vor allem für kleinere Unternehmen tut sich hier eine Chance hervor: Da in dieser Low-Tech-Variante der Abstand zwischen konzeptionellem Denker und ausführendem Mitarbeiter gering ist, sind Kleinunternehmer hier oft in der Lage, das Thema Attribution schnell anzugehen und erste Erfolge zu erzielen.
In Großunternehmen dahingegen sind Entscheider oft auf externe Berater angewiesen, um Bestandsaufnahmen und Planungen zu liefern. Das verlangsamt (und verteuert) die Einführung von Attribution. Zudem wird nicht jeder Mitarbeiter im Großkonzern gewillt sein, sich in das Thema einzuarbeiten, da es so viele Facetten umfasst. Dabei ist die Steigerung der Marketingeffizienz ist eine Kernaufgabe der Unternehmensführung! Und so ist Attribution alles andere als ein Nice-to-have: Es stellt einen Beitrag zur Sicherung und Steigerung des Marktwerts eines Unternehmens dar - und sollte daher entsprechend priorisiert werden.
Dies ist eine Vorab-Auszug aus der noch nicht veröffentlichten Studie "Knut schichtet um: Warum Attributions-Modelle nicht bloß technische Spielereien, sondern äußerst vertragsrelevante Hebel sind"
. In dieser gehen die Autoren der strategischen Bedeutung sowie der operativen Umsetzung der Attribution detailliert auf den Grund.
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