10 O N E t o O N E 0 6 / 2 0 2 4 tuation mit einem bestimmten Bedarf zu erkennen und dann entsprechende Botschaften auszusenden. Dazu muss man natürlich erst einmal wissen, an welchen Merkma- len man diese Situation überhaupt erkennen kann. Und als zusätzliche Aufgabe wollen wir die Kommunikation auch orchestrieren und den Kunden nicht überfrachten. Wir müssen also eine sinnvolle Auswahl treffen und das Wichtigste, die Next Best Action, bestimmen. Die Arbeit mit Use Cases ist sehr komplex und ein Thema, das nur sehr arbeitsteilig in der gesamten Organisation funktioniert. Es gibt Leute, die erkennen, wo ein Bedarf sein könnte. Andere finden heraus, in welchem Kontext man das ansprechen kann. Wieder andere versuchen, die optimale Orchestrierung zu finden. Und dann muss noch die konkrete Ansprache über die richtigen Kanäle gestaltet werden. Und am Ende muss das alles nahtlos ineinander- greifen und beim Kunden ein rundes Beratungserlebnis erzeugen. Was sind die nächsten Herausforderungen, die Sie an- gehen wollen? Wir haben in den letzten vier Jahren eine solide Basis ge- schaffen, jetzt geht es an die Skalierung. Konkret erweitern wir Emma jetzt für die Kolleginnen und Kollegen der VR- Banken. Als genossenschaftliche Finanzgruppe wollen wir – sofern der Kunde es wünscht und die entsprechenden Einwilligungen gibt – eine übergreifende Begleitung zu seiner Finanz- und Absicherungssituation bieten. Wir wollen auch den Kundenservice besser ein- binden. Sie haben gerade selbst ein Beispiel genannt: Wenn man bei einem Kunden ein Signal wahrnimmt – etwa weil er ein neues Auto gekauft hat –, dann kann man direkt einen Hinweis für einen Be- rater auslösen. Auch unser Use Case- Portfolio erweitern wir laufend. wenn sich etwas Entscheidendes geändert hat. Lässt sich diese Begleitung auch digital abbilden? Das ist für uns sogar ein sehr wichtiger Punkt, weil hier eine unserer Stärken liegt. Zunächst geht es darum, zu systematisieren. Es gab und gibt ja keine Verpflichtung für die Kolleginnen und Kollegen im Außendienst, jede Infor- mation zentral zu dokumentieren. Schon notgedrungen hat das in der Vergangenheit jeder für sich selbst gemacht. Dadurch ist es aber natürlich schwierig, solche Dinge zen- tral mitzudenken und die Mitarbeiter zum Beispiel mit Erinnerungen zu unterstützen. Deshalb bieten wir in Emma Services an, die die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter motivieren, etwas in das System einzutragen, weil sie auch etwas zurückbekommen. Ein Beispiel: Wenn ein Außendienstmitarbeiter einen Termin mit Emma plant, erhält der Kunde automatisch eine Erin- nerungsmail für diesen Termin. Durch dieses Feature ist die No-Show-Rate vor Ort deutlich gesunken, was die Mitarbei- ter sehr schätzen. Das erhöht die Bereitschaft, das System zu nutzen. Die Termine sind dadurch dokumentiert, was uns wiederum hilft zu verstehen, welchen Wert die Termine haben. Wir können dann vielleicht darauf hinweisen, wann ein Termin bei bestimmten Kunden wieder sinnvoll wäre. Wir wollen aber nicht so weit gehen, dass wir unseren Au- ßendienst verpflichten, bei bestimmten Kunden bestimmte Termine in bestimmten Intervallen wahrzunehmen. Ich glaube, dass Kundenbindung nur dann gut funktionieren kann, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch eine gewisse Gestaltungsfreiheit haben. Deshalb set- zen wir lieber auf einen Empfehlungscharakter, verbunden mit automatischen Erinnerungen. In jeder Kundeninteraktion steckt auch eine Information. Wer seine Adresse ändert, gründet vielleicht gerade eine Familie. Wer ein neues Auto anmeldet, braucht vielleicht eine Vollkaskoversiche- rung. Kann ein CRM solche Botschaften verstehen? Technisch lässt sich enorm viel machen und genau solche Muster greifen wir auf. Allerdings lassen sich die meisten solcher Muster nur von Mensch und Maschine gemeinsam „entdecken“ und erfordern einen entsprechenden Aufwand. Man muss daher immer Aufwand und Nutzen abwägen. Außerdem kann ich aus der Praxis sagen, dass man meis tens nicht hundertprozentig richtig aus einer solchen Interaktion auf einen bestimmten Bedarf schließen kann. Man muss sich vorsichtig und dialogorientiert herantasten. Es gibt jedenfalls keine Black Box, die man nur mit den richtigen Daten füttern muss, um das genaue Kundenverhalten vor- herzusagen. CRM erfordert kundenzentriertes Denken. Welche Spuren hinterlässt das im Unternehmen? Früher gab es den Kampagnenmanager oder den Pro- duktmanager als Berufsbild, der sich überlegt hat, in wel- chen Konstellationen ein Produkt Sinn macht. Dann hat man eine Kampagne gefahren. Heute sind unsere Use Cases eher Dauerthemen. Es geht darum, eine bestimmte Si- „Es geht nicht um die Frage: ,Print oder Mail?’, sondern um einen intelligenten Kanalmix“ Wird GenAI dabei helfen? Die Möglichkeiten, die GenAI bietet, sind enorm und ich rechne mit vielen sinnvollen Einsatzmöglichkeiten in bestehenden und auch neuen Anwendungsfeldern. Dabei sehe ich GenAI aber selten als eigenständige Lösung, sondern eher als Lösungsbaustein, der sinnvoll zu integrieren ist. Aus meiner Sicht lässt sich dadurch besonders gut Wissen bündeln und für verschiedene Zielgruppen verständlich aufbereiten. Das verbessert die Cross-funktionale Zusam- menarbeit. Auch die Möglichkeiten zur verbesserten Per- sonalisierung über effizientere Erstellung oder Modifika- tion von Content wie Bildern, Sprache oder Bewegtbild, sind sehr vielversprechend. Dabei ist aber immer auch der rechtliche Rahmen zu beachten. Wichtig ist hier, auf Mitarbeiterebene ein gutes Verständ- nis aus technischen Möglichkeiten und notwendigen Rahmenbedingungen aufzubauen, um Kreativität und Verantwortungsbewusstsein bei der Schaffung sinnvoller Lösungsbausteine zu erreichen. Kürzlich habe ich mit mei- ner Abteilung einen Hackathon veranstaltet und es sind einige vielversprechende Ideen entstanden. Das Gespräch führte Dominik Grollmann