ONEtoONE Special „Marketing und KI 2021“ elle IT-Hardware basiert auf 0 oder 1. Ja oder Nein, Wahr oder Falsch. Die Quantencomputer können ein Ja, ein Nein oder auch ein Vielleicht zu- rückgeben. Somit trifft das Bespielen von Quantencomputern mit neuro- nalen Netzen aus der KI auf ein Sy- stem, was genau dafür ausgelegt ist, erläutert Rahimi: „Konkret bedeutet es, dass Aufgaben, für die eine KI jetzt zu lange braucht, in Bruchteilen ge- löst werden können.“ Dies sei aber nur ein erster Schritt. Im nächsten Schritt gehe es um die Frage, wie eine Kombination der Technologien zu ganz neuen Möglichkeiten führt. Po- tenzial sieht er in der Gesundheitsin- dustrie, Pharmazie, Wetter- und Zu- kunftsforschung, Landwirtschaft und auch im Marketing. Bis wir für Quantencomputer entwickeln könnten, werde noch viel Zeit vergehen, aber das ändere natür- lich noch einmal alles, schätzt auch Carlo Matic. Das größte wirtschaft- liche Potential sieht er gar nicht nur in der Automatisierung, sondern vor allem im Lernen der Maschinen. Durch automatische Bildanalysen, semantisches Textverständnis, Ma- chine Learning, Algorithmen auf Daten etc. werden die Welt und ihre Muster immer transparenter. So ergäben sich ganz neue Ge- schäftsfelder. Matic: „Wer durch Di- gitalisierung von Schnittstellen un- terschiedliche Gewerke und KIs ver- bindet, wird immer neue Möglich- keiten finden, Innovation und neues Geschäft zu betreiben.“ C A R L O M AT I C Geschäftsführer der Digitalagentur Interactive Pioneers Next: Quantencomputer und Vernetzung von KI mit menschlichen Zellen Es ist wie bei einem Kind: Je mehr es lernt, desto mehr versteht und kann es. Daher ist für Timo von Focht die Frage, wie schnell die KI erwach- sen wird, nur eine Frage der Zeit. „Je mehr Anwendungen es gibt, desto mehr kann dabei auf bestehende Grundlagen (Beispiel: Mustererken- nung) zugegriffen werden, und desto schneller ist die Evolution.“ Meistens gehe ein Entwicklungsschub im Softwarebereich mit dem im Hard- warebereich Hand in Hand. Neue 19 Quantencomputer und neue, bes- sere Datennetze wie 5G sind dabei genauso disruptive Faktoren wie ver- besserte vernetzte Endgeräte (IoT) und Wearables. Einen weiteren Intelligenzschub erwartet er, wenn es gelingt, KI und menschliche Zellen (Gehirn, Nerven, Muskeln, Augen, etc.) miteinander zu verbinden. „Auch wenn das wie ein Horrorszenario klingt, gibt es sicher viele Menschen, denen damit gehol- fen wird“, sagt von Focht. Die Festset- zung, was KI darf und was nicht, die ethischen Grundsätze, müssten dabei von uns allen mitgestaltet und defi- niert werden. Diversität ist hier nach seiner Einschätzung ein entscheidender Faktor. Es gibt zahlreiche Beispiele, wie KI zu neuer Diskriminierung führt, weil die Algorithmen von sehr heterogenen Gruppen entwickelt wurden. Die Gefahr liegt darin, der KI dann automatisch Objektivität zu- zuschreiben, weil sie keine „Gefühle“ hat – aber sie hat womöglich einpro- grammierte Vorurteile. Von Focht: „Wenn KI wirklich ‚gleichberechtigt‘ neben Menschen stehen soll, dann muss sie nicht nur im kognitiven Bereich lernen, sondern auch im af- fektiven Bereich, d. h. wir müssen es schaffen, einer KI ein Werteverständ- nis beizubringen.“