46 K A R R I E R E U N D W I S S E N O N E t o O N E 0 3 / 2 0 2 0 I hre Marktmacht ist enorm: Die Generation Z, also die nach 1998 Geborenen, verfügen über eine Kaufkraft wie kaum eine Generation zuvor. Allein in den USA shoppen laut Mobil-Analyst App Annie die 16- bis 22-Jährigen jährlich für rund 44 Milliarden US- Dollar und beeinflussen geschätzt weitere 600 Milliarden US-Dollar an Konsumausgaben. „Meine Erfahrungen definieren mich irgendwie – nicht, weil ich damit angeben kann, sondern eher, weil sie mir wirklich Wertvolles beigebracht haben.“ (männlich, 20) Sie sind nicht nur kaufkräftig, sondern anspruchsvoll, weil gut informiert und vernetzt. Als erste Generation, die nach der Kommer- zialisierung des Internets geboren wurde, sind sie mit einem breiteren Zugang zu Unterhaltung, Marken und Prominenten aufgewachsen, als jede andere Generation, kon- statiert der Strategieberater OC & C in seiner Studie „Eine Generation ohne Grenzen“. Der Aufstieg von sozialen Medien und Online-News haben die globale Wahrnehmung von Kampagnen, Ideen und The- men um ein Vielfaches gesteigert. „Marken müssen sich mehr anstrengen, um ihre Kunden zu behalten. Ich fände es gut, wenn sie ihre Angebote erweitern und es einfacher machen würden, das zu finden, was man sucht.“ (weiblich, 20) Das bedeutet aber auch, dass sie am wahrscheinlichsten beeinfluss- bar sind – sei es durch Werbung, Medien oder Influencer. Generell sei die Generation Z laut Adobe- Studie „Across the Ages“ viel eher bereit, mit Marken und deren Wer- bung zu interagieren (Gen Z: 54 Prozent, Baby Boomer: 12 Prozent). Für ein besseres Kundenerlebnis würde 62 Prozent der Gen Z ihre Daten an eine Marke weitergeben. Bei der Wahl von Produkten und Marken bevorzugen sie Be- kleidung, Accessoires und sogar Lebensmittel, die einzigartig oder ungewöhnlich sind, was allerdings nicht heißt, dass sie nicht auch Mainstream-Marken unterstützen und gerne Kleidung mit bekannten Logos tragen, so das Ergebnis der OC&C-Studie. In anderen Worten: Die Gen Z will herausstechen, aber nur innerhalb fester Grenzen. Ihre Grundorientierung ist ins- gesamt pragmatisch. So sind sie bereit, sich in hohem Maße an Leis- tungsnormen zu orientieren und hegen gleichzeitig den Wunsch nach stabilen sozialen Beziehun- gen im persönlichen Nahbereich, so das Ergebnis der aktuellen Shell- Jugendstudie. „So, wie in den sozialen Medien Nachrichten verbreitet werden, sind wir sehr gut über die Zustände in der Welt informiert.“ (weiblich, 20) Umweltschutz wichtiger als hoher Lebensstandard „Was uns von anderen Genera- tionen unterscheidet, ist die Tat- sache, dass wir vorsichtiger und pragmatischer sind“, erklärt eine 20-jährige Probandin im Rahmen der OC&C-Studie. „Wir sind wäh- rend der Weltwirtschaftskrise, Ter- rorattacken und dem Krieg gegen den Terror aufgewachsen. Bei der Planung unserer Zukunft streben wir nach Stabilität und Sicherheit statt nach dem Optimismus und der Flexibilität der Millennials (Anm.: der zwischen 1981 und 1997 Geborenen).“ Die deutlichste Veränderung im Wertekanon von Jugendlichen zeigt sich bei den Wertorientie- rungen, die für eine bewusste Lebensführung stehen, wie die Shell-Studie zeigt: Gesundheits- „Ethik und Aussage sind mir am wichtigsten... kein Unternehmen kann erwarten, dass man seine Produkte kauft, wenn es eine miese Ethik hat.“ (weiblich, 17) bewusstsein ist für vier von fünf Jugendlichen wichtig. Dies ist damit unter Jugendlichen unge- fähr gleich wichtig wie der Wunsch nach Unabhängigkeit, die Bedeu- tung von Fleiß und Ehrgeiz sowie der Lebensgenuss. Der Generation Z, die in ihrer Jugend infolge von Terrorismus, Klimaerwärmung oder Wirtschaftskrisen Unsicherheiten erlebt hat, ist Arbeitsplatzsicher- heit sehr wichtig. Berufe, die die Vorgängergeneration langweilig fand, werden wieder bedeutender. „Ich bleibe auf Instagram über Promis, Influencer und manchmal Marken auf dem Laufenden.“ (weiblich, 17) Der Schutz der Umwelt liegt 71 Prozent am Herzen und ist damit sogar wichtiger als ein ei- gener hoher Lebensstandard (63 Prozent). Vor allem junge Frauen repräsentieren diese Veränderun- gen im Wertekanon und treten für Achtsamkeit, Verträglichkeit und Non-Konformismus ein. Bewusst, aber nicht spaßfrei: Vier von fünf Jugendlichen wollen „das Leben in vollen Zügen genießen“. Diese Haltung hat laut Shell-Studie seit 2002 stetig an Bedeutung ge- wonnen und ist seit 2015 stabil. Täglich 3,7 Stunden online Das Internet spielt dabei eine wesentliche Rolle. 45 Prozent streamen in ihrer Freizeit häufig Videos (2015: 15 Prozent). Kom- plementär dazu hat das klassische Fernsehen an Bedeutung verloren (von 49 auf 33 Prozent). Die Be- deutung des Spielens an Konsole oder Computer (23 Prozent) bleibt langfristig stabil. Vor allem für die 12- bis 14-jährigen Jungen ist diese Art des Gamens eine zentrale Frei- zeitbeschäftigung (57 Prozent). Die Bedeutung von aktivem Sport bzw. Training bleibt konstant (27 Pro- zent), Freizeitsport (24 Prozent) hat etwas an Beliebtheit verloren. „Generation Z ist stärker auf Innovation und Einzig artigkeit ausgerichtet.“ (männlich, 19) Das Lesen von Büchern, vor allem aber von Zeitschriften oder Magazinen, ist Jugendlichen heute weniger wichtig als noch vor knapp 20 Jahren. Kreative oder künstleri- sche Aktivitäten werden vor allem bei jungen Frauen beliebter. Zentrales Medium für alle Ak- tivitäten ist das Smartphone. 70 Prozent nutzen es in erster Linie um online zu gehen. An einem ge- wöhnlichen Tag sind sie laut Selbst- einschätzung durchschnittlich 3,7 Stunden im Internet – und zwar über alle Alters-, Geschlechts- und soziale Herkunftsgrenzen hinweg. Dabei ist das Internet für Jugend- liche keineswegs reines Unter- haltungsmedium, konstatieren die Autoren der Shell-Studie. An erster Stelle steht für die Kommu- nikation: Nahezu alle (96 Prozent) sind mindestens einmal täglich in den sozialen Medien (Messenger- Dienste oder soziale Netzwerke) unterwegs. Zwar gehen drei Viertel mindestens einmal am Tag aus Un- terhaltungszwecken online – sei es für Musik, Videostreaming, Gamen oder Ansehen von Beiträgen von Personen, denen sie folgen. Aber 71 Prozent suchen auch mindes- tens einmal täglich nach Informa- tionen (allgemeiner Art, für Schule, Ausbildung oder Beruf oder über Politik und Gesellschaft). Von wegen „Generation Selfie“: Deutlich seltener nutzen sie das Internet dagegen zur Selbstinsze- nierung. Nur 12 Prozent stellen laut Shell-Studie mindestens einmal täglich Fotos, Videos, Musik oder Blogbeiträge ins Netz. (cr)