Robert Härtel: Verpasste Chancen im Mobile Commerce

von Gastbeitrag

"Wer zu spät kommt, verpasst das Beste." In einem Freiraum-Beitrag für ONEtoONE plädiert Robert Härtel (Sales Director bei Sociomantic Labs in Berlin) für mehr Mut im Mobile Commerce.

Im ersten Halbjahr 2013 haben deutsche Werbetreibende 44 Millionen Euro in Bannerwerbung auf mobilen Endgeräten investiert. Das sind laut dem Marktforscher Nielsen 75 Prozent mehr als noch im ersten Halbjahr 2012. Dass Mobile Advertising mehr kann, als nur App Downloads zu pushen, haben Marketer offenbar also verstanden. Der Weg von Mobile Advertising zu Mobile Commerce ist aber noch weit. 

Die Defizite liegen nicht in einem Mangel an Technologie, sondern auf der Entscheidungsebene der Unternehmen. Die Hürde Nummer eins im Mobile Commerce und der Grund für all das Kopfzerbrechen ist Flash. Schon 2011 kündigte Adobe an, diese Technologie nicht weiter entwickeln zu wollen. Nach wie vor werden in der Werbebranche jedoch die meisten dynamischen Display-Werbemittel in Flash programmiert. Sie können damit auf einem Großteil der mobilen Endgeräte nicht angezeigt werden. Die Lösung heißt HTML5. Weil für diesen offenen Programmierstandard kein Player installiert und kein Update heruntergeladen werden muss, ermöglicht er den Zugang zu sämtlichem mobilen Inventar, egal ob auf iOS oder Android, Smartphone oder Tablet, im Web oder in Apps.  

Damit hilft HTML5 den Unternehmen im Umgang mit dem Multi-Screen-Phänomen. Der User surft und shoppt mittlerweile auf diversen Endgeräten. Die Unternehmen müssen ihn deswegen auf genau dem Gerät abholen, auf dem er surft. Egal ob Desktop, Tablet oder Smartphone - Botschaften müssen konsistent, Angebote relevant und Ads personalisiert sein. Hier gibt es noch großen Nachholbedarf. 

Alle reden über Big Data und wie man das Datenchaos nutzen kann. Im Mobile Commerce wird der Big-Data-Hype besonders gepusht. Dabei vergessen Marketer oft die strukturierten Daten, die sie bereits haben. First-Party-Data wie User-, Shop-, App- und CRM-Daten sind alles, was eine gute Display-Strategie für mobile Endgeräte braucht. Oft wird der Wert dieser Daten unterschätzt. Wie oft kauft ein User ein? Wie hoch ist sein durchschnittlicher Warenkorbwert? Ist er Schnäppchenjäger, Empfehlungskäufer oder First-Mover? Das alles wissen Marketer über ihre mobilen User, oft ohne es zu nutzen. 

Eine Frage der Qualität

Banner werben für ausverkaufte Produkte, abgelaufene Angebote oder vergriffene Größen, Retargeting wird zur Dauerverfolgung im Web, Werbemittel zeigen auch nach dem Kauf noch dasselbe Produkt - jeder kennt die Faux-pas der Online-Werbung. Ihren schlechten Ruf hat sie jedoch zu Unrecht. Was eine ganze Generation von Usern zur Weißglut treibt, ist am Ende eine Frage der Qualität, die sich jeder Marketer stellen muss. Nur wer Daten und Ads in Echtzeit synchronisiert, kann exakte Angebote bewerben, und nur wer die Frequenz seiner Werbeausspielungen für jeden User individuell deckelt, schützt seine Marke und sein Budget vor Banner-Burn-out. Hier am falschen Ende zu sparen, führt letztendlich zu einer Verschwendung von Budget und zu frustrierten Usern. 

Noch ist der Wettbewerb gering

Wer zu spät kommt, verpasst das Beste. Bei Mobile Commerce gleich im doppelten Sinn. Programmatic Display, die datenbasierte Auslieferung grafischer Werbung, ist auf mobilen Endgeräten keine Neuheit, sondern die Erweiterung einer jahrelang erprobten Desktop-Technologie. Das Risiko für Marketer ist damit gering. Wer die ersten Schritte anderen überlässt, vermasselt sich nicht nur die Chance auf echtes Thought Leadership, sondern auch das Marketing- Budget. Denn noch ist der Wettbewerb um die mobile Aufmerksamkeit der User begrenzt. Marketer können auf mobilen Endgeräten dieselben Impressions erreichen wie auf Desktop, doch zu wesentlich günstigeren Preisen. Je mehr Advertiser jedoch die Vorteile mobiler Ads für sich entdecken, desto schneller wird der mobile Goldrausch sein Ende finden und der erhöhte Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der User die Preise in die Höhe treiben. 

Die Technologie für Mobile Commerce gibt es. Die Herausforderung ist es, sie richtig zu nutzen.

[i]Dieser Artikel erschien zurvor in ONEtoONE Ausgabe 11/13.

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