von Christina Rose
Jüngst hat sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg für eine international abgestimmte Regulierung im Internet ausgesprochen und die EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) dabei als Vorbild bezeichnet. Wie ernst zu nehmen das ist, erklären Digital-Experten gegenüber ONEtoONE:
Man höre und staune: Mark Zuckerberg hat jüngst die EU-Datenschutzverordnung als mögliches Vorbild für eine international abgestimmte Regulierung im Internet ins Gespräch gebracht. In Beiträgen für die 'Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung'
und 'Washington Post' fordert er "die Regeln für das Internet neu aufzustellen":
"Ich glaube, dass wir eine aktivere Rolle für Regierungen und Regulierungsbehörden brauchen. Nachdem ich mich in den letzten zwei Jahren auf diese Themen konzentriert habe, ist es meiner Meinung nach wichtig zu definieren, welche Rolle Unternehmen und Regierungen spielen sollen. Durch die Aktualisierung der Regeln für das Internet können wir das Beste daran bewahren - die Freiheit der Menschen, sich selbst auszudrücken, und Unternehmer, um Neues zu bauen - und gleichzeitig die Gesellschaft vor weiteren Schäden schützen. Nach meinem Wissen benötigen wir neue Regelungen in vier Bereichen: schädliche Inhalte, Wahlintegrität, Datenschutz und Datenportabilität", so Zuckerberg.
Christian Tiedemann, CEO der Digitalagenturgruppe PIA Group, begrüßt die Offensive Zuckerbergs - "wenn ernst gemeint". Neben der berechtigten Kritik an Facebook werde es nun endlich Zeit eine Initiative und eine klare Positionierung zu sensiblen Themen wie Datenschutz zu starten.
Auch Torsten Oppermann, Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur MSM.digital sieht den aktuellen Vorstoß positiv: "Es geht um den Schutz der Nutzer, ebenso aber auch um Brand Safety für die Marken, die im Netz werben. Gerade in Hinblick auf neue Technologien wie Künstliche Intelligenz sind einheitliche Regelungen nötig, damit die Entwicklungen ethisch vertretbar und maximal transparent für alle Beteiligten sind. Schon lange wird ja auf Digital-Kongressen und bei den Landesmedienanstalten und Medien-Verbänden darüber diskutiert, dass Technologie sich den Menschen unterordnen muss, nicht etwa umgekehrt."
Der Teufel stecke aber natürlich wie immer im Detail, so Oppermann: "Nicht alle DSGVO-Regeln sind gut umsetzbar. Hier sind Korrekturen nötig. Regelungen brauchen Systeme, die global einheitlich sein müssen. Die gelten dann für alle Plattformen, nicht nur für Facebook. Auch bei anderen Plattformen gibt es ja durchaus Klärungsbedarf, was den Umgang mit Nutzerdaten oder den Schutz vor Hate Speech und Fake News angeht." Nicht nur IT-Systeme sollten global einheitlich funktionieren, sondern auch ethische Regeln und Datenschutzregeln. Die ausgehandelten Regeln könnten dann wiederum mithilfe von IT-Systemen umgesetzt und kontrolliert werden.
Grundsätzlich könne man es nur begrüßen, wenn auch Mark Zuckerberg erkenne, dass sich einiges im Internet ändern muss, kommentiert Nicolas Poppitz, Managing Director Germany bei dem Video-Advertisingportal Teads. "Was Fake News angeht, sind die Nutzer auf jeden Fall schon einen Schritt weiter als er. Längst haben sie erkannt, dass Social Media keine vertrauenswürdige Informationsquelle sind. 75 Prozent der Internetnutzer weltweit informieren sich zu aktuellen Nachrichten bewusst auf hochwertigen Quellen."
"Die DSGVO ist ein guter Ansatz für die Regulierung des Internets. Aber das reicht leider nicht", bemängelt Dr. Klaus Holthausen, Gründer und Verwaltungsrat des Blockchain-Systemanbieters TEAL AI AG. "Es muss ein grundlegendes Umdenken stattfinden und das können weder die Politik und schon gar nicht bestehende Plattformen herbeiführen. Eigentlich benötigen wir eine Greta Thunberg des Internets. Für ein wirklich faires und transparentes Internet, muss die Macht der Community in den Fokus rücken. Wikipedia und das World Wide Web Consortium (W3C) sind gute Beispiele hierfür."
Ilhan Zengin, Gründer der Mobile-Video-Plattform Showheroes.com, hält Zuckerbergs Vorstoß für unabhängiges, umfassendes Regelwerk hinsichtlich "Bad Content" und für mehr Transparenz von Online-Plattformen grundsätzlich richtig. "Bereits die DSGVO hat bewiesen, dass der Gesetzgeber mehr Sicherheit für Endverbraucher schaffen kann. Dabei sollte sich jeder Anbieter digitaler Dienste seiner eigenen Verantwortung bewusst sein, mit gutem Beispiel vorangehen und das Regelwerk mit Leben füllen." Aber genau vor genau diesem Hintergrund hält er es für fraglich, ob Mark Zuckerberg der glaubhafteste Befürworter eines solchen Regelwerks ist bzw. sein kann.
Für Cosmin Ene, CEO von Bezahlsystemanbieter LaterPay, spielt Zuckerberg mit dem offenen Brief den schwarzen Peter für all die Probleme im Facebook-Universum an die globale Politik zurück. "Dabei dürfte ihm völlig klar sein, wie viele Jahre sich die Verhandlungen für globale Regularien ziehen dürften, bevor sie vermutlich an kulturellen und konsumbedingten Unterschieden scheitern. Würde Zuckerberg seine Forderungen wirklich ernst meinen, müsste er mit anderen Tech-Giganten aktiv auf eine Selbstregulierung hinarbeiten. Schließlich kennt niemand sein Netzwerk und die damit verbundenen Skaleneffekte so gut wie er. Dieser Move aber ist ein klares Signal an die Politik: Good luck solving this."
Veröffentlichen auch Sie ihre Gastbeiträge auf ONEtoONE. Einfach PremiumPlus-Mitglied werden und loslegen!
Gastbeiträge veröffentlichenMischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de