05.01.2016 - Wozu sammelt man doch gleich all die Kundendaten? - Genau, eigentlich ganz einfach: damit jeder Kunde zu jedem Zeitpunkt die richtige Marketingbotschaft erhält. Ein Meinungsbeitrag von Senior Technical Consultant Stefan Grätzer und Marketing Manager Anne-Kathrin Stolz, beide sind bei Apteco tätig.
Klingt gut, aber das funktioniert nur dann, wenn Unternehmen auch in der Lage sind, ihre gesammelten Daten zu verwerten. Da beißt sich für viele Marketingmanager die Katze in den Schwanz: Kundendaten werden nicht oder unzureichend analysiert, weil es viel Zeit und Aufwand kostet, Zielgruppen und Segmente immer wieder händisch zu identifizieren und letztlich mehrstufige Kampagnen auszuspielen. Die Kunden ärgern sich, weil sie zwar persönlich angesprochen werden, aber eben nicht auf ihre individuellen Bedürfnisse eingegangen wird, obwohl doch eigentlich laut den letzten Käufen und den Klick-Aktivitäten im Newsletter völlig klar ist, was den einzelnen Kunden wirklich interessiert.
Die Herausforderung liegt in Wahrheit nicht in der Auswahl von Kundensegmenten und auch nicht im Bilden passender Zielgruppen, die Crux liegt in der ständigen Wiederholung, nämlich dann, wenn Response zurückfließt, Kundenverhalten sich ändert oder externe Faktoren Einfluss nehmen. In den meisten Fällen muss die Analyse ad hoc, innerhalb kürzester Zeit, durchgeführt werden, und so ist es nahezu unmöglich, dies händisch zu tun. Stefan Grätzer, Senior Technical Consultant bei Apteco, und Anne-Kathrin Stolz, Marketing Manager bei Apteco, erläutern die Datenanalyse anhand eines fiktiven Beispiels aus der Tourismusbranche.
Hinter den Datenkulissen eines Reiseveranstalters
Holidays, ein mittelständischer Reiseveranstalter, bekannt für seine Europa-Pauschalreisen-Angebote, bemerkt seit Anfang des Jahres Umsatzeinbußen, es scheint, als würden die Leute plötzlich nicht mehr so oft in den Urlaub fahren. Aber warum? Um die Hintergründe genau zu analysieren und Holidays zu helfen, Licht ins Dunkel zu bringen, muss ein Blick hinter die Datenkulissen des Reiseveranstalters geworfen werden.
Segmente bilden
Holidays informiert, dass sie ihren Kundenstamm in insgesamt fünf Segmente aufteilen. Kunden fallen in die einzelnen Segmente, basierend auf der Anzahl ihrer Buchungen und dem damit verbundenen Umsatz. So besteht das Segment "Einmalkäufer" aus Kunden, die genau einmal eine Reise unter 3.000 Euro bei Holidays gebucht haben, während "Gute Stammkunden" mindestens zweimal im Wert von 3.000 bis 5.000 Euro verreist sind.
Segmente über Zeiträume beobachten
Die zuvor dargestellte Segmentierung ist ein guter Anfang für Holidays. Was der Reiseanbieter aber vergisst, ist, dass die jeweilige Segmentgröße nur von kurzer Dauer ist. Ein Einmalkäufer wird durch nur eine Buchung sein Segment "Einmalkäufer" verlassen und in eines der Stammkundensegmente wandern. Ohne Folgebuchungen sollten Kunden nach einer bestimmten Zeit aus den Kundensegmenten herausfallen und beispielsweise in "inaktive Kunden" gruppiert werden, eine solche Reaktivierungszielgruppe fehlt Holidays.
Der Kunde Ulf Urlaub hat genau diese oben beschriebene Customer Journey durch die Segmente des Reiseveranstalters durchlebt. In den letzten zwei Jahren hat er sich vom "Einmalkäufer" zum "guten Stammkunden" gereist. Nach seinen Buchungen konnte man die Uhr stellen. Dann plötzlich hat er keine Reise mehr gebucht. Laut Aussagen von Holidays haben viele Kunden ein ähnliches geändertes Verhalten wie Ulf Urlaub gezeigt.
Als Erstes werden die Segmente einmal genauer betrachtet. Der Zeitbericht zeigt die Segment-Entwicklungen von Holidays über die letzten drei Jahre. Sofort wird deutlich, dass die größten Segmente diejenigen sind, die Einmalkäufe enthalten, und das über alle drei Jahre hinweg. Wie Holidays schon selbst festgestellt hat, sinkt die Anzahl der Kunden in den Keller, ein Trend, der seit Jahresbeginn festzustellen ist. Noch deutlicher wird es, wenn man die Segmentwanderungen anhand zweier Zeitpunkte betrachtet: Beispielsweise Ende 2014 und September 2015. Holidays hat es nicht geschafft, Neukunden in Stammkunden umzuwandeln und so loyale Kunden aus ihnen zu machen. Jetzt erhält der Reiseveranstalter die Quittung, aber was ist da schiefgelaufen? Um das herauszufinden, muss man noch tiefer in den Daten graben.
Kundenprofile analysieren
Wie anfangs erwähnt, sind Europa-Pauschalreisen das Steckenpferd von Holidays. Der Marketingleiter berichtet, dass sie Ende letzten Jahres ihr Angebot um Fernreisen erweitert haben. Sie wollten auf den Zug des Backpacker-Hypes nach Asien aufspringen und der Konkurrenz in nichts nachstehen. Um die neuen Angebote zu fördern, hat Holidays einen großen Teil des Marketingbudgets in Werbeaktionen rund um Asienreisen investiert. Aber kann das denn der Grund sein, warum so viele Kunden plötzlich abspringen? Eigentlich nicht, schließlich hat Holidays doch nur sein Angebot erweitert und nicht komplett umgestellt. Oder? Dank des Hinweises des Marketingleiters ist bekannt, welche Eigenschaften der Kunden es zu analysieren gilt: Ein Blick in die beliebtesten Destinationen der Segmente gibt Aufschluss. Eine Treemap ist in diesem Fall eine gute Darstellung, da durch die Größenverhältnisse gleich die Top-Reiseziele ins Auge stechen.
Die obenstehende Treemap zeigt die beliebtesten Reiseziele der Einmalkäufer bei Holidays. Durch die bisherigen Angebote für Europareisen hat der Reiseveranstalter Neukunden angelockt. Weit über die Hälfte aller Einmalkäufer hat mit dem Reiseveranstalter "die schönste Zeit des Jahres" innerhalb Europas verbracht. Das Bild wandelt sich allerdings, wenn man die Top-Destinationen für das Segment "Gute Stammkunden" anschaut. Folgebuchungen gingen in über der Hälfte aller Kunden dieses Segments nach Amerika, ein weiterer großer Teil reist weiterhin innerhalb Europas. Und wo befindet sich Asien? Richtig, in beiden Segmenten ganz klein, rechts unten in der Ecke. Für die Kunden von Holidays sind Asienreisen offenbar nicht interessant. So wird schnell klar, warum der Reiseanbieter Kunden und Umsätze verliert. Mit Fernreisen nach Asien hat der Reiseveranstalter eindeutig auf das falsche Pferd gesetzt.
Und nun? Holidays wäre viel Leid erspart geblieben, hätten sie ihre Kundendaten doch nur früher und noch dazu regelmäßig analysiert. Aber noch ist es nicht zu spät, nun gilt es, schnell zu sein, Zielgruppen innerhalb der "inaktiven Kunden", basierend auf ihrem bisherigen Buchungsverhalten, zu definieren und durch gezielte, passgenaue Angebote zu reaktivieren.
Fazit: Massenkommunikation war gestern, individuelle, datengetriebene Kommunikation heißt die Devise. Genau deshalb sammelt man doch all die Kundendaten, oder?
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