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Gastbeitrag

Ist Qualitätsjournalismus im Social Network noch möglich?

01.04.2016 - Der freie Journalist Teja Adams probiert bei seinen Tätigkeiten bei Tagesschau, Zapp oder dem NDR aus, was mit Bewegtbild bei Facebook, Instagram & Co. geht. Next Media Hamburg, die Standortinitiative für die Medien- und Digitalwirtschaft, hat mit ihm darüber gesprochen, welche Alternativen die sozialen Netzwerke für Medienmacher bieten.

Teja, ist Fernsehen angesichts der Anziehungskraft sozialer Netzwerke für die jungen nur noch was für alte Leute?Teja Adams: Das glaube ich nicht. Fernsehen wird in den nächsten Jahren noch eine große Rolle spielen. Nur, wahrscheinlich wird sich der Fokus ändern. Vielleicht kriege ich dort die längeren Geschichten, das Einordnende, das mir die Hintergründe von News erklärt. Kanäle wie Facebook oder Instagram sind schon jetzt und vielleicht auch dann eher für den schnellen und interaktiven Content da. Das Fernsehen wird es für jedes Alter weiter geben, aber es wird sich verändern und anpassen.

Bewegt sich auch das Fernsehen zunehmend in den sozialen Netzwerken? Ich finde es in gewissem Sinne gefährlich, sich alleinig auf die sozialen Medien einzulassen. Wir wissen nicht, wie Facebook morgen seine Geschäftsbedingungen oder die Verteilung seiner Werbeeinnahmen ändert. Je mehr wir uns komplett darauf einlassen würden, desto weniger können wir unser eigenes Spielfeld bespielen, und das wäre nicht gut.

Dennoch wird es für alle Medien, auch für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, immer wichtiger, in die sozialen Netzwerke zu gehen und originären Content dafür zu produzieren. Man kann seinen Content und seine Marke auch in den Sozialen Netzwerken pflegen und weiterentwickeln. Allerdings sollte man sich ein bisschen von der Denke lösen, dass mit jedem Klick Messbares für die eigene Homepage herausspringt.

Die Tagesschau beispielsweise gehörte zu den ersten deutschen Angeboten, die mit Instant Articles bei Facebook experimentiert haben. Natürlich ist es wichtig, in diesen Bereichen unterwegs zu sein, denn dort sind unsere Zuschauer, Zuhörer und Leser.

Wie verändert sich denn Content oder die Produktion von originärem Content für die Sozialen Netzwerke? In allen sozialen Netzwerken müssen sich Content-Produzenten viel mehr am Verhalten der Nutzer orientieren. Anders als auf der eigenen Homepage lässt sich das dort nicht so einfach steuern. Klassischerweise scrollen die Nutzer durch ihren News-stream und stoßen dabei immer häufiger auf Videos.

Oft legen Anbieter mehr Wert darauf, dass ein Beitrag auf ihrer Profilseite gut aussehen muss, aber das ist gar nicht so wichtig. Nur wenige Nutzer steuern solche Seiten aktiv an, die meisten Beiträge müssen daher vor allem im News-stream funktionieren. Das bedeutet zunächst einmal: bitte nicht zu lang! Zwischen einer und anderthalb Minuten reicht meistens aus, länger gucken die wenigsten.

Gerade bei Facebook ist Emotionalität enorm wichtig. Das funktioniert bei klassischen Nachrichtenformaten nicht immer, ist als Ziel dennoch richtig.

Und dann müssen die Videos für jedes Endgerät konfektioniert sein. Klar ist: die mobile Nutzung von Videoangeboten nimmt extrem zu. Also müssen die Videos auf Smartphones und Tablets gut aussehen und ruckelfrei laufen. Hier gibt es, bedingt durch das Hochformat von Smartphones, zudem einen starken Trend zu vertikalen Videos, also muss ich auch das bei der Produktion berücksichtigen.

Wie wichtig ist Interaktivität bei Bewegtbild in den Sozialen Netzwerken? Nicht jede Plattform bietet dieselben Möglichkeiten. Bei Facebook kann ich - außer über Kommentare - nicht direkt mit dem Video interagieren, bei Youtube geht das schon eher. Insgesamt haben die Nutzer aber auf allen Plattformen die Möglichkeit, auf die ein oder andere Weise Feedback zu einem Beitrag zu geben, und das sollten die Content-Anbieter unbedingt berücksichtigen, indem sie Fragen möglichst sofort beantworten oder Kommentare verfolgen.

Ist Qualitätsjournalismus in diesen Modellen noch möglich? Ein 30-Sekunden-Video ist nicht deswegen schlechter, weil es nur 30 Sekunden dauert. Der journalistische Aufwand für die Story und die Recherchen ist gleich. Im Gegenteil ist die Herausforderung bei einen 30-Sekunden-Video viel höher als bei einem Einminüter: Was erzähle ich, wie erzähle ich es, was lasse ich weg: Das sind Fragen, die sich bei jedem Thema und bei jeder Form stellen, aber bei kurzen Formen sehr viel deutlicher. Zudem müssen die Videos nicht nur kurz sein, sondern im besten Fall auch ohne Ton funktionieren, so dass ich es mobil in der Bahn oder im Autoplay bei Facebook auch konsumieren kann. Das alles sind echte Herausforderungen an die Qualität von Beiträgen, also: Ja!

Mit welchen konkreten Sachen experimentiert ihr beim NDR?Wir haben zum Beispiel jenseits von Bewegtbild mit Whatsapp einen Flüchtling begleitet. Der hat uns seine Erlebnisse über den Messenger geschickt. Die Nutzer konnten sich dafür anmelden und hatten das Gefühl, er würde ihnen persönlich schreiben.

Ich selber probiere momentan sehr viel im grafischen Bereich aus, spiele also weniger mit realem Video-Content, sondern mit der Gestaltung von Texten in Videos. Und wir arbeiten derzeit an Vertical-Video-Formaten, die ich ganz spannend finde und die über Smartphones derzeit sowieso eine starke Verbreitung finden.

Bist du beim NDR mit deinen Experimenten in den sozialen Netzwerken so etwas wie der Feind im eigenen Bett?Nein. Im Gegenteil: Der NDR fördert es, Neues auszuprobieren, um mit unseren Zuschauern in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Nicht nur aus meiner Sicht gehört das zum Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen. Natürlich müssen wir als gebührenfinanziertes Angebot auch auf die Kosten schauen, aber wir haben da gelegentlich mehr Freiheit Dinge auszuprobieren, als private Medien, die sehr viel vordergründiger auf Profit ausgelegt sind. Gerade weil unsere Zuschauer und Zuhörer zunehmend in den Sozialen Netzwerken unterwegs sind, finde ich es wichtig, Sachen auch dort auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln.

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