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Digitalisierung

Arrogante Werber gegen unkreative Digitale?

03.09.2015 - Klassische Kommunikationsagenturen rüsten die digitale Expertise auf. Wann braucht man da denn noch eine Digitalagentur? Wir haben bei Marco Zingler von denkwerk und Hartmut Kozok von Grabarz & Partner nachgefragt.

Digitalisierung - ein Buzzword. Ständig liest, hört, stößt man auf es. Wir sind mittendrin, haben sie verschlafen, müssen uns für sie rüsten - je nach Kontext werden andere Schlüsse gezogen. Mit der steigenden Nutzung digitaler Endgeräte steigen auch digitale Werbemaßnahmen. Eigentlich gute Zeiten für Digitalagenturen, oder?

Mehr als 1,2 Milliarden Euro - das setzten die deutschen Full-Service-Digitalagenturen im Geschäftsjahr 2014 laut Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) um. Der Honorarumsatz steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr um 15,5 Prozent. Nicht eingerechnet werden in diesen Betrag die Umsätze, die klassische Kommunikationsagenturen mit dem Digitalgeschäft machen. Denn um im BVDW-Ranking aufzutauchen, muss die einreichende Agentur oder Agenturgruppe mindestens 60 Prozent mit digitalen Maßnahmen, um genau zu sein "mit der Konzeption, Kreation und technischen Realisierung digitaler Lösungen" erwirtschaften - schwierig für eine klassische Agentur, die viel für Offline-Kanäle konzipiert. Ganz grün sind Digitale und Klassiker sich oft nicht - die einen seien keine richtigen Kreativen, die anderen arrogante Werber ohne viel Digitalkompetenz.

[f1]"Im Bereich Content und Storytelling sind klassische Agenturen wohl stärker. Der ganze Bereich des vorderen Funnels, alles, was mit Reichweite zu tun hat, ist bei den Klassikern normalerweise stärker", sagt Hartmut Kozok, geschäftsführender Gesellschafter von Grabarz zweite Werbeagentur. Für ihn sind Digitale und Klassiker auf zwei unterschiedlichen Wirkungsmodellen unterwegs. "Die Expertise von Digitalagenturen liegt am Ende des Funnels." Auch die Grabarz-Agenturen haben aufgerüstet, was digitales Fachwissen anbelangt. Die Agentur entwickelt Games und Apps. Diese hätten nur mehr promotionalen als funktionalen Charakter. An ihre Grenzen stoßen die Klassiker dann, wenn es zum Beispiel um die Entwicklung von Payment-Lösungen geht, so Kozok.

Die Panik, die in Agenturen gerade am Anfang des Web 2.0 geherrscht habe, sei aber nun vorbei, und die Hysterie habe sich gelegt, besonders im Bereich Social. Denn Facebook, früher ein auf den Klick ausgerichteter Channel, ist nun ein Display-Kanal mit effizienter Reichweite. "Also gar nicht mehr so fremd von dem, was wir früher gemacht haben." Es geht um den Inhalt. Ob man den für TV entwickle oder für einen Social-Kanal, spiele nicht die entscheidende Rolle.

[hl]Wer kann was besser?[/hl]Marco Zingler, Geschäftsführer der Digitalagentur denkwerk und Vorsitzender Fachkreis Full-Service-Digitalagenturen im BVDW, ist nicht ganz Kozoks Meinung: "Zu Mad-Man-Zeiten war noch klar, was unter `Kreation` konkret zu verstehen war: eine Idee und wenige Kanäle. Aber das ist veralteter `Werbeagentursprech` und greift heute viel zu kurz. Jeder digitale Kanal stellt spezifische Anforderungen an Designer, Texter und Redakteure." Der Prozess der Gestaltung von Digitalprojekten ist laut Zingler nicht besser oder schlechter als der, den man zur Anzeigengestaltung braucht - aber anders und differenzierter aufgrund der vielen Kanäle. Sicher ein Punkt, über den man streiten kann. Denn auch offline gibt es zahlreiche Kanäle, die man nicht alle über einen Kamm scheren kann.

[f2]Agenturen, die sich auf diesen Prozess eingestellt haben, "sind am besten in der Lage, exzellente digitale Kreation zu leisten", so Zingler. Die Frage, ob man Generalisten oder Spezialisten mit einer Aufgabe betraut, ist nicht neu. Wer kann also was besser? Marco Zingler empfiehlt: "Wenn man mehr als Banner und Microsites als Verlängerung seiner Kampagne benötigt, kommt man um Digital-Spezialisten nicht herum." Denn die hätten eine "digitale DNA", die den klassischen Kommunikationsagenturen offenbar fehlt. Doch auch die Klassiker rüsten auf, wenn es um digitale Expertise geht: "Alle großen Agenturen haben Digitalkompetenzen aufgebaut", sagt Hartmut Kozok. Die hören jedoch am Ende des Funnels auf.

[hl]Agenturgattungen verschwimmen[/hl]"Die Agenturgattungen verschwimmen ja etwas. Kunden, die Kampagnen planen, werden mit einer Agentur, die viele erfolgreiche Referenzen in diesem Feld hat, besser fahren als zum Beispiel mit einem Digital-Commerce-Spezialisten, der das nicht vorweisen kann. Und das gleiche gilt natürlich auch anders herum", findet Marco Zingler.

Eine binäre Unterscheidung in digitale und klassische Agentur entspricht so wohl wirklich nicht mehr der Realität. Unter den Digitalen gibt es noch speziellere Spezialisten wie Social Media- oder SEO-Agenturen, die sonst nichts anderes machen. Genauso findet man heute aber wohl keine klassische Agentur, die ohne Social-Media-Abteilung auskommt. Und Digitalagentur ist nicht gleich Digitalagentur. Auch für Kozok gibt es entscheidende Unterschiede zwischen einer Agentur wie La Red, die für ihn in erster Linie eine gute Kreativagentur ist und Agenturen, die sich auf die Umsetzung von technischen, funktionalen Details spezialisiert haben. Zum Beispiel der von Zingler angesprochene E-Commerce-Spezialist.

[hl]Werden Digitalagenturen überflüssig? [/hl]Wie wird es weitergehen? Werden die Klassiker im Digitalen so stark, dass alle Differenzierungen verschwimmen, oder halten sich Social-Media-, Digital- und Klassikagenturen nebeneinander? Nimmt die Bedeutung von digitalen Spezialisten in Zeiten der digitalen Disruption zu, oder sind die Klassiker der Entwicklung ebenso unterworfen? Grabarz und Partner und Grabarz zweite Werbeagentur würden jetzt schon kreative Kampagnen, aber genauso kreative Plattformen entwickeln, so Kozok. Man habe außerdem gerade eine kleine Anwendung für die Apple Watch entwickelt, ganz nebenbei. "Wenn es um Kommunikationsthemen geht, kann ich mich als Unternehmen direkt an eine klassische Agentur wenden, egal, um welchen Kanal es geht. Die haben schon heute so viel digitale Expertise, dass sie eine Kampagne für die Apple Watch genauso gut entwickeln können wie eine für TV."

Für Zingler verhelfen aktuelle Entwicklungen wie das Internet der Dinge jedoch eher den Digitalen zu Aufschwung. Auch wenn die "Agentur-Gattungsgrenzen noch ein bisschen weiter verschwimmen." Denn neben der Kommunikation sind es eben genau diese Maßnahmen am Ende des Funnels, die die Digitalagenturen können. Sie bauen "Brand-Sites, Corporate-Sites, Digital-Commerce-Plattformen und all das über die verschiedensten Devices hinweg." Das Internet of Things werde viele Spielregeln und Gattungsgrenzen über den Haufen werfen, so Zingler. "Die Digitalagenturen befinden sich offenbar in einem Hase-Igel-Rennen, und das hat ihnen seit 20 Jahren zu Wachstum verholfen." (ks)

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