28.06.2004 - ONEtoONE fragt: Wie wird sich der Markt in den nächsten Jahren entwickeln? Bleiben Yoc,12snap und MindMatics die dominanten Player in Deutschland? Haben neue Anbieter wie E-Plus überhaupt eine Chance bzw ist der Markt bereits aufgeteilt?
Ingo Griebl, Leiter des Arbeitskreises Mobile beim Deutschen Multimedia Verband (dmmv): Fest steht, dass der Erfahrungsvorsprung, insbesondere mit wirklich großen Kampagnen netzübergreifend bei den genannten Spezialanbietern immens ist. Es ist nicht das Kerngeschäft der Mobilfunkbetreiber. Zudem ist neben der technischen Infrastruktur und dem Kampagnenmanagement auch die Kreativleistung nicht aus dem Boden stampfbar für neu eintretende Player. Gerade die Kombination: technische Komplexität aus einer Hand anbieten zu können und Marken- und Zielgruppenverständnis in erfolgreiche Kreativkonzepte gießen zu können, ist für die heutigen Organisationen der Mobilfunkbetreiber nicht einfach zu kopieren. Letztlich bräuchten die Mobilfunkbetreiber das Thema Mobile Marketing auch gar nicht selbst angehen, da sie es genauso gut über Beteiligungen wie T-Mobile bei MindMatics und Vodafone bei 12snap regeln könnten. Eine gewisse Netzunabhängigkeit ist in jedem Fall elementar, da bedeutende Branding Companies ganze Länder abdecken müssen und nicht nur Kunden eines Netzbetreibers. Insofern macht das Angebot eines noch dazu kleinen Netzbetreibers im Mobile Marketing nur dann aus FMCG-Sicht Sinn, wenn es netzunabhängig funktioniert.
Die Kampagnenformen werden sich weiter ändern, den einzelne Konzepte und Formate verlieren rasch an Neuigkeitswert und Attraktivität. Hier ist insbesondere der Spielesektor extrem interessant. Schon heute werden in Video-Games hohe Werbegelder für Product/Brand Placement in die Graphik bzw. die Story des Games bezahlt. Die Java-Fähigkeit bei einem sehr hohen Anteil der neu ausgelieferten Handies erlaubt, dass sich die mobile Spielekonsolen weiter durchsetzen werden.
Die Tarifierung der Mobilfunkbetreiber, insbesondere im Wholesale-Bereich, aber auch bei den Endkunden, wird mit darüber entscheiden, welche Applikationen und Angebote marketingseitig nutzbar sind. Hier ist sicherlich auch von Regulierungsseite genau hinzusehen, damit Kartellrechtlich nicht einwandfreie Modelle nicht zum Tragen kommen. Auch die Content-Anbieter müssen Modelle spitz rechnen, damit sie mit zu hohen Forderungen für ihre Contentnutzung nicht Markt verkleinern, statt zu verbreitern. Der Markt ist also nicht verteilt, aber man darf die Anfangsinvestitionen in den erforderlichen Know-how-Aufbau nicht unterschätzen.
Stefan Hiene, Geschäftsführer von ocean seven consulting: Der Markt ist noch lange nicht aufgeteilt. Die meisten werbetreibenden Unternehmen haben das Thema Mobile Marketing bis heute noch nicht auf der Agenda. Hier besteht enormer Aufklärungsbedarf, der nicht nur von Dienstleistern und Agenturen, sondern auch von Beratungsunternehmen geleistet werden sollte, um die Unabhängigkeit von der Umsetzung zu garantieren.
Im Rahmen von Permission- und Beziehungsmarketing ist der direkte Zugang zum Kunden für den Erfolg einer Kampagne entscheidend. Proprietäre Datenbanken wie zum Beispiel mobile Communities auf Agentur- oder Providerseite werden bei diesen Kampagnen deshalb in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren. Um erfolgreich am Markt zu reüssieren, ist das Know-how im Bereich der Umsetzung von größerer Bedeutung als eine bestehende Datenbasis mit Profilen von mobilen Nutzern.
Matthias Lechle, Geschäftsführer von Spielplatz.cc: Meiner Meinung nach sind Unternehmen wie 12Snap oder MindMatics artifizielle Unternehmen, deren Existenzberechtigung mittelfristig durch den Markt entzogen wird. Etablierte Unternehmen werden diese Leistungen in Zukunft besser anbieten. Für professionelles Kampagnen-Management geht man zur betreuenden Agentur, für Mobile Media und den OTA Vertrieb zu einem der Mobilfunkbetreiber oder direkt zu den technischen Dienstleistern wie Materna oder Logica. E-Plus mit dem Geschäftsfeld E-Plus Media ist wesentlich glaubwürdiger als erster genannte. Hier nützt der Vergleich mit den Rundfunksendern.
Eine zentrale Rolle kommt aber den Agenturen zu, die sämtliche Kommunikationstätigkeiten, auch die mobilen, aufeinander abstimmen müssen. Die Frage lässt sich aber auch durch eine Gegenfrage beantworten? Woher kommt das Budget für Mobile-Marketing-Kampagnen und von welchen anderen Kommunikationskanälen wird es weggenommen.
Ingo Lippert, CEO von MindMatics: Das Segment Mobile Marketing wird seinen Umsatz im europäischen Werbemarkt laut Prognosen in diesem Jahr von 60 Millionen auf 180 Millionen Euro verdreifachen. Im nächsten Jahr halten die Forscher von Forrester Research sogar ein Volumen von 400 Millionen Euro für möglich. Der deutsche Markt soll dazu rund ein Drittel beisteuern. Große Firmen wie Coca-Cola, Ferrero oder T-Mobile bauen ihre Werbung per Handy aus: statt fünfstelliger Etats investieren die Kunden jetzt zunehmend sechs- oder siebenstellige Summen in mobile Werbung.
Zur Frage, ob Yoc, 12snap und MindMatics die dominanten Player in Deutschland bleiben: Wir geben grundsätzlich keine Prognosen über die Entwicklung unserer Mitbewerber ab. Was aktuelle Umsatzahlen und Kampagnen angeht, hoffen wir die Spitzenreiterposition in Deutschland - ja, unserer Kenntnis nach auch in Europa - weiter verteidigen zu können.
Zur Frage, ob neue Anbieter wie E-Plus überhaupt eine Chance haben:
Wir gehen davon aus, dass aufgrund der sehr überschaubaren Anzahl an Mobile-Marketing-Spezialisten und der mittlerweile attraktiven Kampagnengrößen sich weitere Player in den Markt drängen werden. Sicherlich wird die Agenturszene bemüht sein auf den Zug Mobile Marketing aufzuspringen. Wir sehen diese Bemühungen jedoch nicht als Gefahr sondern als weiteres Potenzial für MindMatics. Warum? Es fehlt den Agenturen an technischem Know-how. Das Video auf das Handy eine Nutzers, "die Lokalisation eines Nutzers vor dem POS - das sind alles phantastische Agenturideen, aber derzeit leider mit geringen technischen Umsetzungschancen versehen. Spätestens hier kommt wieder MindMatics ins Spiel, da wir wissen, ob und wie Dinge technische machbar sind, oder eben nicht. MindMatics kann hier die Agentur beraten, Empfehlungen zur Realisierung geben und die Kampagne letztendlich auch umsetzen.
Zum Thema E-Plus: E-Plus betreibt im wesentlichen eine Facette von Mobile Marketing, nämlich der Vermarktung von mobilen Rufnummern. Ob diese Strategie aufgeht wissen wir nicht. Wir sehen E-Plus derzeit eher als Partner zur Reichweitenergänzung - weniger als Konkurrent. Ob der Fokus auf Reichweitenvermarktung genügt, um sich als Mobile-Marketing-Player zu etablieren muss E-Plus selbst beantworten.
Richard Malley, Head of Business Development von Yoc: Wie der Markt sich tatsächlich entwickeln wird, lässt sich nur vermuten. Derzeit scheint sich zu bestätigen, dass die zwei bis drei Player am Markt sich weiterhin behaupten und den Markt dominieren werden. Dies heißt nicht, dass der Markt damit schon aufgeteilt ist. Es gibt unzählige Beispiele in der Industrie, in denen ein scheinbar aufgeteilter Markt durch frische Anbieter neu aufgerollt wird. E-Plus als Wettbewerber ist sicherlich genau zu beobachten. Die Frage, die sich stellt, ist, wie nehmen die Kunden und die Endverbraucher den Anbieter war? Ist er authentisch genug? Ist er unabhängig von seiner Marke oder wird zu er stark mit dem Mutterbrand assoziiert? Der Anbieter muss die Bedürfnisse der Zielgruppe erkennen und sich durch Kreativität auszeichnen. Wie schnell wird ein Netzprovider die gesamte Klaviatur des Marketings, Dialogmarketings und der Verkaufsförderung beherrschen?
Ulrich Pietsch, Managing Director von 12snap Germany: Neue Anbieter werden es sehr schwer haben, den Erfahrungsvorsprung der etablierten Spieler einzuholen. Wenn ich mir überlege, wie wir Kampagnen vor drei Jahren gemacht haben und wie wir sie heute gestalten ist dies ein extrem großer Unterschied. Im Mobile Marketing wird man nur durch Erfahrung gut und insbesondere dadurch das man aus Fehlern lernt.
Gary Pöpl, Director Mobile Solutions von BBDO InterOne: Als führende CRM-Full-Service Agentur in Deutschland ist Mobile Marketing für uns ein weiterer Baustein im Marketing-Mix. Im Gegensatz zu den genannten Unternehmen integrieren wir Mobile-Marketing-Komponenten sinnvoll in die Kommunikationskonzepte unserer Kunden. Damit können unsere Kunden den maximalen Mehrwert dieses neuen Kommunikationskanals ausschöpfen, anstatt losgelöste Mobile-Kampagnen zu fahren.
Als Beispiel hierzu haben wir für unseren Kunden BMW zur Einführungskampagne des 1er neben der Online- und Dialog-Kommunkation auch eine Mobile Kommunikationsplattform geschaffen. Kunden die ein xhtml-fähiges Handy besitzen, finden unter http://one.bwm.com ein mobiles Portal mit Informationen über den 1er, sowie Logos und Klingeltönen zum Download.
Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer, leitender Direktor des Institut of Electronic Business (IEB) in Berlin: Der Stellenwert von Mobile Marketing steigt, denn kostengünstige Lösungen, die zu schnellen Absatzerfolgen führen, sind gefragt. Die hohe Akzeptanz mobiler Endgeräte und die weite Verbreitung des Handys in allen relevanten Bevölkerungsschichten sprechen dafür, dass das Potenzial des noch sehr jungen M-Marketing noch nicht ausgeschöpft ist.
Momentan ist die SMS als Responsekanal mit 44,4 Prozent die zurzeit am häufigsten eingesetzte Form mobiler Werbung. Die klassische Textnachricht kann mit jedem Handy, dass heute auf dem Markt ist, gesendet und empfangen werden und sichert damit die größtmögliche Kontakt-zahl bei der Zielgruppe ab. Deshalb ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass sich der Einsatz dieser Art mobiler Werbung bei über 44 Prozent der befragten Agenturen in Planung oder in Überlegung befindet.
Eigene mobile Infodienste befinden sich bei etwa 33 Prozent der Agenturen im Einsatz, allerdings schließen auch fast 28 Prozent diese Form mobiler Werbung für ihre Kunden aus. Der Einsatz von Sponsoring fremder Infodienste wird dagegen von etwa 39 Prozent der Agenturen völlig ausgeschlossen, nur bei knapp der Hälfte der Befragten befindet sich diese Art mobiler Werbung im Einsatz oder in der Planung.
Die reine mobile Werbebotschaft ist zwar erst bei 22 Prozent der Agenturen im Einsatz, allerdings planen auch hier über die Hälfte Befragten die Verwendung. Ein weiteres großes Einsatzpotenzial haben vor allem die Marktforschung und Kundenbefragung via Mobile Marketing sowie Games, Gewinnspiele, Coupons und Gutscheine.
Zur Frage, ob Yoc, 12snap und MindMatics die dominanten Player in Deutschland bleiben: Es existieren bereits diverse Spezialanbieter für Mobile Marketing, die bekanntesten sind 12snap und MindMatics (beide etwa 60 Prozent gestützte Bekanntheit).
Vom Trend zu Mobile Marketing werden vor allem Agenturen und andere etablierte Unternehmen der Werbebranche sowie Mobilfunknetzbetreiber wie e-plus, die seit Oktober 2003 über den Geschäftsbereich e-plus Media im Mobile Marketing tätig sind, profitieren. Neue Anbieter haben vor allem dann gute Aussichten, wenn sie bereits über sehr gute Kenntnisse über die individuellen Präferenzen der Kunden verfügen und verstehen diese für ein zielgerichtetes Direkt-Marketing erfolgreich umzusetzen.
Langfristig ist ein mobiles CRM nötig, dass Werbesendungen so filtert, dass sie den Nutzer situationsgerecht bedient. Die richtige Werbung geht somit zur richtigen Zeit, an den richtigen Ort zur richtigen Zielgruppe bei direkter Interaktion. Die daraus neu generierten Daten ermöglichen den Kunden besser kennen zu lernen, um somit langfristig One-to-one-Marketing-Maßnahmen noch besser auf die Bedürfnisse des Nutzers zuschneiden zu können.
Zusätzlich ergibt sich für das Unternehmen ein weiterer Vorteil. Durch den langfristigen Dialog mit dem Kunden erhöht sich die Wettbewerbsbarriere für potentielle Konkurrenten. Durch das Wissen über den Kunden, seine Bedürfnisse und Wünsche, kann das Unternehmen dauerhaft zufrieden stellende Leistungen anbieten, wodurch die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass der Kunde zu einem anderen Anbieter wechselt.
Oliver Schmidt, Geschäftsleiter von Synapsy Mobile Networks: Unser Team erwartet in den nächsten beiden Jahren jeweils eine Verdoppelung der Umsätze im Mobile Marketing. Enorme Potenziale bietet die neue Trägertechnologie MMS sowie der Mobilfunkstandard UMTS. Dementsprechend kann nicht die Rede davon sein, dass der Markt bereits aufgeteilt ist. Etatgewinne nach Pitches gegen vorgenannte Player belegen dies.
Claus Seebeck, Geschäftsführer von AS Interactive: Wenn durch Einbindung des mobilen Kommunikationskanals innerhalb von Kampagnen eine Minimierung von Streuverlusten und gleichzeitige Maximierung der Reichweite erzielt werden kann, dann dürfen wir von einer sehr dynamischen Entwicklung ausgehen. Mobile Endgeräte als Empfänger und Sender von (Werbe)-Botschaften bieten sich ganz selbstverständlich an. Aber nur bei klar definierten Kommunikations-Zielen, Zielgruppen und der sinnvollen Einbindung in den Mediamix werden Erfolgsstorys produziert. Dann wird der Kanal Mobile integraler Bestandteil zukünftiger Kampagnen sein. Fazit: das Potential und die Chancen sind groß.
Zur Frage, ob Yoc & Co die dominanten Player bleiben: Das Thema ist viel zu facetten- und chancenreich, als das es für nur wenige Unternehmen Platz böte. Nehmen Sie die AS Interactive: seit vielen Jahren nutzen viele große Markenartikler unser Know-How bei Telefonmehrwert-Diensten (Servicerufnummern) im Bereich großer Promotions und Gewinnspiele. Mehr und mehr entwickeln sich die Kommunikationskonzepte hin zur Einbeziehung des mobilen Endgerätes. Und da ist es geradezu selbstverständlich, dass wir unseren Kunden diese neuen Möglichkeiten zur Erweiterung des Kommunikationsspektrums anbieten. Mobile Marketing ist für uns deshalb nichts Neues, sondern nur die konsequente Erweiterung des Kanals- bzw. Leistungsspektrums.
Es wird zukünftig viele professionelle Anbieter von Mobilen Kommunikationslösungen geben. Manche werden sich auf Kreation und Konzeption, andere auf Technologische Lösungen spezialisieren, wiederum andere bieten zukünftig alles aus einer Hand an. Kreativ-konzeptionelle wie technische Kompetenz innerhalb der Leistungserbringung müssen letztlich eng abgestimmt werden und führen so zum Erfolg. Hier wird sich, wie überall sonst auch, in den nächsten Jahren zeigen, das der Markt groß genug ist für viele Anbieter.
Zu E-Plus: Ich halte es für absolut legitim, dass sich ein Unternehmen wie E-Plus mit der Ausschöpfung neuer Potentiale im Bereich Database beschäftigt und hiermit versucht, neue Erlösquellen und Kompetenzfelder zu erschleißen. Wir werden die Entwicklung aufmerksam verfolgen. Die Erfahrung zeigt: nicht alles was neu ist und ausserhalb der Core-Competence liegt, ist automatisch auch erfolgreich.
Dirk Uhlemann, CTO von Midray: Es wird in den kommenden Jahren ganz klar eine Konsolidierung unter den Anbietern für mobile Lösungen geben. Noch ist das Mobile Marketing-Geschäft sehr breit gefächert und jeder möchte die Chance nutzen, in diesem innovativen und entwicklungsfähigen Markt Fuß zu fassen. Im Zuge der Marktkonzentration werden sich letzten Endes nur einige wenige Anbieter behaupten können, für die dann technisches Know-how und die Weiterentwicklung der Content-Plattformen in den Vordergrund treten. Für den Erfolg von Mobile Marketing wird auch in Zukunft eine Einbindung in cross-mediale Kampagnen entscheidend sein.
Dr. Thorsten Wichmann, Managing Director von Berlecon Research: Meines Erachtens wird es für Neueinsteiger zunehmend schwierig, weil auch die technische Komplexität steigt, z.B. durch MMS. Aber E-Plus würde ich durchaus eine Chance einräumen.
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