01.09.2004 - Hohe Kosten, rechtliche Einschränkungen sowie mangelnde Akzeptanz bei Verbrauchern und Unternehmen - das sind nach Expertenmeinung die Hauptgründe dafür, dass die Outbound-Telefonie hier zu Lande eine weitaus geringere Rolle spielt als Inbound-Projekte.
Und das obwohl Outbound-Aktionen in der Regel sehr viel höhere Gewinne abwerfen. Doch wenn das Geld - wie seit Jahren bei vielen Call-Center-Anbietern der Fall - knapp ist, fehlt oft der Mut für Investitionen in die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter, die für Outbound-Projekte dringend notwendig ist: "Outbound-Marketing stellt höhere Anforderungen an die Agenten", erklärt Tim R. John, Vertriebs- und Marketingvorstand des Mehrwertdiensteanbieters dtms in Mainz.
Dazu kommt, dass der gemeine Verbraucher für gewöhnlich nicht gerade in Jubelstürme ausbricht, wenn ihn ein Werbeanruf erreicht. "Die Leute fühlen sich oft gestört, wenn man ihnen am Telefon etwas verkaufen will", sagt John. Die Folge: Viele Anbieter lassen gleich die Finger davon, nicht zuletzt deshalb, weil ihnen die Vorteile dieser Werbeform noch nicht bewusst sind: "Das Telefon als Instrument der systematischen vertrieblichen Kundenbetreuung wird nach wie vor dramatisch unterschätzt", sagt Fonetix-Geschäftsführer Jörg Schmidt.
Sein eigenes Unternehmen erziele in diesem Bereich "exzellente Ergebnisse", sodass trotz weiterer rechtlicher Einschränkungen durch die UWG-Novelle (siehe ONEtoONE 08/2004) mit einer positiven Entwicklung des Outbound-Geschäfts zu rechnen sei - ein Optimismus, den Schmidt mit mehreren Call-Center-Anbietern teilt. Nach Auskunft von adm-Geschäftsführer Thomas-Marco Steinle werden die Kundenanfragen "immer Outbound-lastiger", sowohl im B-to-B- als auch B-to-C-Bereich. Insofern könne es sich ein "zukunftsorientierter Outsourcer eigentlich nicht mehr leisten, dieses Thema zu vernachlässigen".
Laut buw-Chef Karsten Wulf hat der Stellenwert von Outbound-Kampagnen in den letzten zwölf Monaten "deutlich zugenommen". Einen möglichen Grund für diese Entwicklung formuliert Viafon-Geschäftsführerin Anne Stahl-Weiß: "Viele Unternehmen erkennen, dass qualitativ hochwertige und kontinuierlich durchgeführte Kundengewinnungs- und Kundenbindungsmaßnahmen eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Sales-Management sind."
Die vollständigen Antworten der Befragten:
Anne Stahl-Weiß, Geschäftsführerin von Viafon in Berlin: Das liegt unter anderem daran, dass die Konzeption von Outbound-Kampagnen komplexer und auch sehr viel vernetzter erfolgen muss als der Betrieb eines Inbound-Call-Centers. Doch das wird sich ändern, denn viele Unternehmen erkennen, dass qualitativ hochwertige und kontinuierlich durchgeführte Kundengewinnungs- und Kundenbindungsmaßnahmen über die einschlägigen Dialogkanäle eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Sales-Management sind.
Jörg Schmidt, Geschäftführer von Fonetix in Nürnberg: Das Telefon als Instrument der systematischen vertrieblichen Kundenbetreuung wird in seiner Bedeutung nach wie vor dramatisch unterschätzt. Wir realisieren hier exzellente Ergebnisse und erwarten trotz rechtlicher Einschränkungen eine positive Entwicklung für das Outbound-Geschäft.
Achim Plate, Vorstandsvorsitzender von D+S europe in Hamburg: Aktives Telemarketing ist von großer Bedeutung. Gleichwohl ist diesem Geschäft durch die Akzeptanz der Kunden eine natürliche Grenze gesetzt. Outbound erfordert große Sensibilität: Es darf nicht überstrapaziert werden, sonst führt es zur Übersättigung. Insgesamt muss mit Blick auf den einzelnen Kunden ein gesundes Verhältnis zwischen Inbound und Outbound gewahrt bleiben.
Rüdiger Wolf, Geschäftsführer der TAS Gesellschaft für Dialogmarketing und Fullservice Dienstleistungen in Mühlheim an der Ruhr: Auch wir stellen häufig fest, dass dem Outbound-Bereich eine zu geringe Bedeutung zukommt. Dies hat unterschiedlichste Gründe. Es beginnt damit, dass oft die Meinung vorherrscht, dass Marketing- und Werbemaßnahmen ausreichen, damit sich Kunden und Interessenten per Telefon, Fax oder Internet melden und ihre Wünsche artikulieren. Außerdem ist es für die meisten Menschen angenehmer, selbst kontaktiert zu werde, als von sich aus auf jemanden zuzugehen. Auch spielt die Tatsache eine Rolle, dass alle aktiven Maßnahmen als Hoheitsrecht des Vertriebs angesehen werden. Und natürlich darf man die rechtliche Situation nicht vergessen.
Tim R. John, Vertriebs- und Marketingvorstand von dtms in Mainz: Outbound-Marketing stellt natürlich höhere Anforderungen an die Agenten und bedeutet deshalb für die Call-Center auch höhere Kosten. Dies ist ein Grund für die Dominanz von Inbound-Projekten in Deutschland. Ein zweiter Grund ist aber auch, dass es in Deutschland noch keine ausreichende Akzeptanz für Telemarketing gibt. Die Leute fühlen sich oft gestört, wenn man ihnen am Telefon etwas verkaufen will. Hier muss sich unsere Telefonkultur in den kommenden Jahren noch weiter verändern. Dieser wünschenswerten Entwicklung hat die Politik aber mit ihrer wenig geglückten UWG-Novelle vorerst einen Riegel vorgeschoben.
Dietmar Klug, Geschäftsführer von T.D.M. in Sarstedt: Bei Outbound-Aufträgen bedarf es bei Unternehmen, die keine oder überwiegend schlechte Erfahrungen mit Outbound gemacht haben, größerer Überzeugungsarbeit, um Kunden- und Interessentenadressen zur Betreuung zu erhalten. Oft gibt es Vorbehalte vom Außendienst.
Dr. Ralf Kogeler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Walter Tele- Medien-Gruppe in Ettlingen: Outbound-Dienstleistungen bieten ein großes Potenzial, vor allem beim Cross- und Up-Selling im Versandhandel oder auch im Finanzdienstleistungsbereich. Die Konzentration vieler Unternehmen auf Inbound-Projekte ist nicht zuletzt auf Kosten- faktoren zurückzuführen, denn Outbound-Services verlangen höher qualifizierte Agents und somit höhere Investitionen in Aus- und Fortbildung.
Michael Raum, Geschäftsführer von Sellbytell in Nürnberg: Das sehe ich nicht so. Outbound wird in der Kundenbasis künftig wieder eine wichtigere Rolle spielen. Die Werbegelder werden dort eingesetzt, wo es am effizientesten ist. Dazu gehört nun einmal das kostengünstige und erfolgreiche Outbound-Geschäft an der Kundenbasis.
Karsten Wulf, geschäftsführender Gesellschafter der buw Unternehmensgruppe in Osnabrück: Der Stellenwert von Outbound-Kampagnen hat in den letzten zwölf Monaten deutlich zugenommen. Der Umsatzanteil im Outbound-Bereich hat sich bei buw positiv und damit zulasten des Inbound-Geschäfts verschoben. Der Trend im Outbound-Geschäft wird nach unserer Einschätzung weiter anhalten.
Thomas-Marco Steinle, Geschäftsführer von adm in Mannheim: Aus meiner Sicht ist das Thema Outbound in Zukunft von wesentlicher Bedeutung. Der Outbound-Markt wird von vielen Unternehmen gerade erst entdeckt, insbesondere bei den eigenen Kunden. Die Anfragen sind sehr viel Outbound-lastiger geworden. Sowohl im B-to-B- als auch im B-to-C-Markt ist diese Tendenz zu verzeichnen. Ein zukunftsorientierter Outsourcer kann es sich eigentlich nicht mehr leisten, dieses Thema zu vernachlässigen. Mit Telesales ist natürlich oft die Königsdisziplin gefordert, die für den Dienstleister und für den Agenten am Telefon etwas unbequemer ist, als Customer-Care-Anrufe im Inbound entgegen zu nehmen. Für die Kultur und die Learnings eines Call-Centers ist diese Erfahrung jedoch essenziell, da nicht nur im Outbound verkauft werden soll. Durch Dialer-Technologien ist es heute realistisch, einen höchstmöglichen Komfort für den Agenten mit einer hohen Effizienz für den Arbeitgeber zu verbinden.
Dirk Zils, Director Business Development bei Sykes: Die meisten Unternehmen trauen sich Outbound-Projekte nicht zu, weil man a) leichter messbar ist und b) besonderes Können benötigt. Dabei ist Outbound ein schönes Thema, macht viel Spaß und ist recht Gewinn bringend.
Angel Martinez, Sprecher von getaline in Hamburg: In erster Linie will der Kunden Service. Dieser wird durch vereinfachte Kommunikationslösungen angeboten (Inbound). Eine entscheidende Rolle spielt auch der Gesetzgeber bei diesem Trend. Allerdings ist im B-to-B-Bereich ein starker Trend, wie beispielsweise im Multi-Channel-Vertrieb zu erkennen.
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