24.11.2004 - Der Bundesgerichtshof hat den eBay-Käufern in einem Grundsatzurteil den Rücken gestärkt. Gewerbliche Händler müssen grundsätzlich Rückgabefristen gewähren. Die Begründung: eBay-Auktionen sind gar keine Auktionen.
Gewerbliche eBay-Verkäufer müssen ihren Kunden künftig die handelsüblichen Rückgaberechte einräumen. Dies entschied Anfang November der Bundesgerichtshof (BGH) in einem mit Spannung erwarteten Grundsatzurteil. Zur Begründung erklärten die Karlsruher Richter, dass es sich bei den Versteigerungen auf der Internet-Plattform eBay nicht um Auktionen im Sinne des Gesetzes handele, sondern um gewöhnliche Fernabsatzverträge, die innerhalb bestimmter Fristen grundsätzlich rückgängig gemacht werden können. Während Verbraucherschützer das Urteil begrüßten, sehen sich Händler vor erhebliche Probleme gestellt.
Für das Unternehmen erwartet eBay-Sprecher Nerses Chopurian keine gravierenden Konsequenzen: "Die jetzt geklärte Rechtslage wird keinen nachhaltigen Einfluss auf die positive Geschäftsentwicklung von eBay in Deutschland haben." Vielmehr sei die Attraktivität der Plattform durch den erhöhten Käuferschutz gestiegen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt denn auch die Entscheidung der Bundesrichter. "Das Urteil ist ein wichtiges Signal, dass Verbraucher bei Internet-Auktionen nicht auf ihre Rechte verzichten müssen", sagte Patrick von Braunmühl, Fachbereichsleiter Wirtschaftsfragen beim vzbv.
Probleme erwartet Chopurian dagegen für kleinere Händler. "Existenzgründer sind besonders betroffen, da der Vertriebsweg der Online-Auktion vielfach der Einstieg in die Selbstständigkeit als Online-Händler ist", sagt der eBay-Sprecher. Für etwa ein Drittel aller gewerblichen eBay-Offerten ("Sofort kaufen") galt die Regelung bereits vor dem dritten November. Doch zahlreiche Ich-AGs, die in den letzten Jahren bei eBay Zuflucht vor Arbeitslosigkeit und Hartz IV suchten und fanden, werden ihren Business-Plan nun neu kalkulieren müssen.
Denn als Konsequenz des Urteils müssen eBay-Händler ihren Kunden die Rückgabe der Artikel nicht nur einräumen, sondern diese auch umfassend über ihre Rechte informieren - eine Verpflichtung, an der nach Ansicht von eBay ebenfalls vor allem kleinere Händler scheitern könnten. "Es ist schon jetzt fast unmöglich, überhaupt einen Überblick über alle Verpflichtungen zu bekommen, und die Auflagen sind in der Praxis kaum oder nur mit unvertretbarem Aufwand umsetzbar", sagte Chopurian. Die Komplexität dieser Verpflichtungen müsse daher auf ein angemessenes Maß reduziert werden.
Folgenlos bleibt das Urteil für alle, die einfach mal ihren Keller entrümpeln oder hin und wieder eine CD verkaufen wollen. Allerdings sei es für Käufer oft kaum zu erkennen, ob es sich bei eBay-Angeboten um gewerbliche oder private Händler handelt, kritisiert der vzbv.
Das könnte daran liegen, dass die Händler es selbst nicht wissen. Denn die Grenze zwischen privat und gewerblich ist oftmals fließend und keinesfalls bundesweit einheitlich geklärt. Wer einen Gewerbeschein besitzt, ist zweifellos Unternehmer. Doch das deutsche Recht kennt neben privaten und gewerblichen Händlern schließlich noch eine dritte Klasse von Verkäufern, die ohne entsprechenden Gewerbeschein "im geschäftlichen Verkehr handeln", ohne dabei dauerhaft Gewinne erzielen zu wollen. Während das Oberlandesgericht Frankfurt den "geschäftlichen Verkehr" bei 170 Verkäufen in vier Monaten festsetzt, unterscheiden andere Gerichte mitunter nach der Art des Verkaufs. Klarheit besteht allenfalls bei Power-Sellern.
Hintergrund des Urteils war die Klage eines gewerblichen Schmuckhändlers, der den unzufriedenen Käufer eines Diamantarmbandes per Gerichtsbeschluss zur Zahlung von 263 Euro zwingen wollte. Bei Kaufverträgen, die via Telefon übers Internet zustande kommen, genießen Verbraucher innerhalb einer Frist von mindestens 14 Tagen ein grundsätzliches Widerrufsrecht. Hiervon ausgenommen sind lediglich Versteigerungen im Sinne des Artikels 312 Abs.4 Nr.5 BGB, bei denen der Käufer den Zuschlag durch eine dritte Instanz - etwa den Auktionator - erhält. Bei den durch eBay vermittelten Transaktionen handelt es sich nach Ansicht des BGH jedoch lediglich um Kaufverträge zum Höchstgebot. asc
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