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Wie Marketing die Grenzen von KI überwindet

10.07.2018 - Künstliche Intelligenz (KI) mit Big Data, Deep Learning, Mass Customization und Chatbots verändert das Marketing grundlegend. Algorithmen bestimmen zunehmend die Kommunikation zwischen Konsument und Marke und damit was wir sehen und erleben. Manche Entscheidungen dürfen Marketer aber nicht der KI überlassen.

von Christina Rose

KI wird das Marketing und die Markenführung in den nächsten Jahren in vielen Bereichen deutlich verändern. Markenmanager haben daher aktuell die Aufgabe, die neuen Optionen systematisch zu untersuchen und für ihre Marke zu erschließen.

Neue Arbeitsteilung im Marketing durch KI


KI ist unschlagbar systematisch und effizient: Prozesse werden standardisiert, Interaktionen mit Kunden automatisiert und Wahrscheinlichkeiten zum Entscheidungsmaßstab. Bei aller Logik und Effizienz darf dabei die Moral nicht zu kurz kommen, denn Marken brauchen Moral und Haltung. Was das genau bedeutet, verdeutlicht Hellen Markusch, Executive Director Strategy bei Landor, Designnetzwerk für Markenführung, Strategisches Design und Beratung, anhand folgender Beispiele:

Eine Flugdestination wird innerhalb eines Zeitraumes bei einer ganz bestimmten Zielgruppe stark nachgefragt. Der Grund ist ein Festival, beliebt bei einer jungen Zielgruppe. Solche in der Masse der Daten versteckten Abweichungen vom normalen Buchungsaufkommen können von intelligenten Algorithmen gezielt aufgespürt werden. Selbstlernend entdecken sie wie ein Detektiv Anomalien auch auf Micro-Ebenen, die sonst in der Datenmasse unsichtbar blieben. Ferner können sie Zusammenhänge ableiten, indem Verknüpfungen mit anderen Anomalien hergestellt werden.

Bei KI geschieht dies nicht allein auf vordefinierten Parametern, wie beispielsweise Saison oder Urlaubszeit. Indem diese Technologie selbstlernend ist, kann sie auch ungewöhnliche Zusammenhänge herstellen. Beispielsweise zwischen Buchungsaufkommen hinsichtlich einer Destination in einem bestimmten Zeitraum und Alter der buchenden Personen. Aufgrund dessen erhält die Marketingabteilung die Option, gezielt lokale Events in die Planung miteinzubeziehen und spezifische Marketingmaßnahmen im Hinblick auf eine exakt definierte Zielgruppe zu gestalten - abseits der 08/15-Marketingmaßnahmen hinsichtlich Ferienbeginn oder Sonderangeboten.

Diese Prozesse lassen sich dank KI automatisieren. Der Grund für diese Anomalie in der Nachfrage könnte ein lokales Festival oder Event sein. Es könnte sich aber auch um eine politische Großdemonstration mit Gewaltpotenzial handeln. Ob letztere ein geeigneter Anlass für gezielte Marketingmaßnahmen ist, kann KI an dieser Stelle nicht entscheiden. Hier ist das Marketing gefragt.

"KI ist zwar eine selbstlernende und intelligente Technologie, moralische und soziale Maßstäbe sind jedoch nicht beinhaltet. Sie benötigt daher von den Markenverantwortlichen definierte ethische Leitplanken, innerhalb welcher sie sich dann selbstlernend weiterentwickeln kann", betont Markusch. Geschieht dies nicht, könne die Marke Schaden nehmen und moralisch aus dem Ruder laufen, wie das beispielsweise bei Microsofts Chatbot Tay passierte, einem KI-basierten Programm zur automatisierten Kommunikation mit Konsumenten im Social Web.

Tay musste nach kurzer Zeit aussortiert werden, weil er sich im Dialog zu rassistischen Aussagen verführen ließ. Er hatte diese selbstlernend in seinen Wortschatz übernommen. So bekam die Kommunikation, die Tay für Microsoft führte, eine rassistische Tendenz, die nicht zu Microsofts Werten und der Marke passt und sogar deren Ansehen beschädigt.

"Werte und Haltungen lassen sich zwar grundsätzlich in komplexen Algorithmen abbilden, müssen jedoch von den Marketingabteilungen und Markenverantwortlichen von Anfang an mitgedacht werden, damit Marke, Mensch und Technologie im Gleichgewicht stehen", erklärt Markusch. Keiner der Entwickler von Tay hatte daran gedacht, dass der Chatbot im Netz mit rassistischen Sprüchen bombardiert werden könnte und sich diese Tonalität zu eigen machen würde. Markusch: "Wird der Grundsatz beachtet, dass Technologien moralische Leitplanken und moralische Kontrolle benötigen, kann KI im Marketing positive Impulse setzen und die Markenkommunikation zielgruppengerechter und effizienter gestalten, ohne dabei die Markenwerte zu konterkarieren. Das reicht von Microtargeting und hoch personalisierten Kampagnen bis hin zu automatisierter Kommunikation und dem Eruieren neuer, sehr spezifischer Marketinganlässe."

"Marken übernehmen die Verantwortung und KI erledigt die Arbeit"


Damit KI marken- und wertekonform agiert und nicht selbstlernend aus dem Ruder läuft, empfiehlt die Marketingstrategin vor dem Einsatz eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zwischen globaler und strategischer Markenführung sowie IT. Konkret bedeutet das, dass sowohl lokale Marketingmanager als auch implementierende oder entwickelnde IT-Verantwortliche bei der konkreten Projektumsetzung die Markenwerte kennen müssen, um deren Einhaltung zu garantieren. Nicht allein die technische Funktionsfähigkeit von intelligenten Algorithmen zählt, sondern auch wie diese letztlich die Markenidentität widerspiegeln und repräsentieren. "Da sich KI grundsätzlich selbstlernend und eigenständig weiterentwickelt kann, hat sie auch das Potenzial, sich eigenmächtig von den Markenwerten zu entfernen", gibt Markusch zu bedenken. "Daher müssen ihr klare Grenzen gesetzt werden."

Oder anders herum formuliert: KI schenkt Marken die Möglichkeit, sich auf ihre emotionalen und ethischen Kernkompetenzen zu fokussieren. Dies geschieht, indem KI der Maschinenraum für automatisierte kommunikative Prozesse ist und Marketingabteilungen auf diese Weise entlastet. "Marken übernehmen also Verantwortung und KI erledigt die Arbeit", resümiert sie.

Damit Kunden und Unternehmen den größtmöglichen Nutzen aus dieser Arbeitsteilung ziehen können, müssen KI-Systeme umfassend mit relevanten Daten auch hinsichtlich der Markenwerte versorgt werden. Die folgenden Handlungsempfehlungen geben eine grundlegende Orientierung:

  • Internes KI-Verständnis und -Know-how aufbauen sowie rechtliche Rahmenbedingungen klären
  • Erwartungen und Ziele definieren
  • KI-Potenzial entlang der Customer Journey erfassen (Standardisierung und Individualisierung von Dialogen und Angeboten)
  • Entwicklung von Algorithmen, die Kundenbedürfnisse und Angebote zusammenbringen (Informationen, Produkte, Services)
  • Definition von Konversations- und Interaktionsprinzipien auf Basis der Markenidentität. Also beispielsweise die Definition von rassistischen Wörtern oder Begriffen, die in der eigenständigen Kommunikation intelligenter Assistenten nicht verwendet werden dürfen, weil diese nicht zur Haltung der Marke passen.
  • Technologische Rahmenbedingungen und Infrastruktur entwickeln (Input & Output)
  • Kundendaten entlang der Customer Journey erfassen, Datenlücken identifizieren und ggf. durch Partner schließen
  • KI-Angebote anhand von Prototypen und Piloten testen
  • Angebotslücken eigenständig und/ oder gemeinsam mit Partnern schließen und ggf. Algorithmen anpassen

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  • Bild: Michael Poganiatz
    Joachim Graf (ibusiness.de)

    Die Zukunft der KI. Die Zukunft der Daten. (Der Weg zum empathischen Zero-Party-Data-Marketing)

    Wohin entwickelt sich die KI in den kommenden zehn Jahren? Und was wird dann aus dem datengestützten Marketing, wenn First-Party-Data erheben für eine erfolgreiche Customer Experience immer schwieriger wird? Zukunftsforscher Joachim Graf stellt aktuelle Studien vor, die über die zunehmend prekäre Lage an der Datenfront zeigen. Er zeigt, wie diese Entwicklung sowohl KI- als auch Personalisierungsansätze gefährdet und warum die KI dieses Problem trotz technischer Fortschritte auf absehbare Zeit nicht lösen kann. Er stellt Strategien vor für den Weg zum empathischen Zero-Party-Data-Marketing: Die Methode, um Personalisierung und KI nach wie vor einzusetzen trotz wachsender Datenzurückhaltung und immer schlechter werdenden Datenqualität.

    Vortrag im Rahmen der Daten & KI 2023. Virtuelle Kongressmesse über Customer Experience mit datengestütztem Marketing und Vertrieb am 06.06.23, 09:00 Uhr

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