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Wettrennen um Künstliche Intelligenz?

05.02.2016 - Google verkündete diese Tage, dass der IT-Ingenieur John Giannandrea, der bisher für die Projekte zur Künstlichen Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen verantwortlich zeichnete, den Posten des Head of Search der Suchmaschine Google von Amit Singhal übernommen hat. Der Wechsel an einer Spitzenposition bei Google wirft ein Schlaglicht auf die international gewachsene Aufmerksamkeit, die der KI beigemessen wird.

Die Ankündigung, dass Amit Singhal, der bereits seit 2000 dem Unternehmen angehörte und für die Suchmaschinenprogrammierung verantwortlich war, das Unternehmen zum 26. Februar verlässt, rief weltweit ein Echo in der Fachpresse sowie den Massenmedien hervor. Denn während Singhal ein auf die Programmierung von Algorithmen spezialisierter IT-Experte ist, handelt es sich bei Giannandrea um einen Fachmann, der bereits seit 2010 bei Google als Director of Engineering tätig und dabei für den Bereich der KI verantwortlich war. Er gehörte unter anderem zu den Verantwortlichen hinter Googles im Jahr 2012 eingeführten Knowledge Graph, der Usern Suchvorschläge unterbreitet. Giannandreas Wechsel deutet darauf hin, dass Google zunehmend nicht mehr nur darauf setzt, den Algorithmus der Suchmaschine zu verfeinern, sondern auf die Lernfähigkeit des Programms selber setzt. Dafür, dass Googles Mutterkonzern Alphabet strategisch zunehmend KI fokussiert, spricht auch, dass andere Aktivitäten, wie autonomes Fahren und die digitale Sprachassistenz Google Now aus dem Umfeld dieser Technologie stammen. Dass nun aber auch die zentrale Einnahmequelle des Unternehmens einen KI-Experten als Chef erhält, gibt dem eine neue Qualität.



Doch was ist Künstliche Intelligenz überhaupt konkret? Darunter fallen eine ganze Menge Dinge, wie etwa Robotik, lernende intelligente Fabriksysteme (Industrie 4.0), Sprachtechnologie, intelligente Analytik für massenhafte Datenauswertung (Big Data), Intelligente Netze, Virtual Reality und Augmented Reality, Sprachtechnologie, intelligente Benutzerschnittstellen aber auch autonome Elemente aus Computerspielen. Auch Großbegriffe wie "Internet der Dinge" sind nicht klar davon zu trennen. Die Begriffskonturen sind unscharf. Im Kern geht es hier jedoch um die Frage, wie der Bezug zwischen Mensch und Maschine in Zukunft aussehen wird. Hier kommen Hoffnungen und Ängste ins Spiel.



So hatte zu Beginn des vergangenen Jahres Elon Musk, der Gründer des Technologie-Konzerns Tesla, auf die Gefahren hingewiesen, die von Künstlicher Intelligenz seiner Ansicht nach ausgingen. Wie das Manager-Magazin berichtete, hatte Musk der zivilgesellschaftlichen Organisation "The Future of Life Institute" zehn Millionen Dollar gespendet und gehörte auch zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs der Einrichtung, in dem renommierte Wissenschaftler wie der Physiker Stephen Hawking auf die Gefahren einer unkontrollierten Erzeugung von KI hingewiesen. Hawking ging bei einer "Ask Me Anything"-Session des Social News Aggregators Reddit sogar soweit zu sagen, dass mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Maschinen Menschen töten könnten, wenn sie bei der Lösung einer Aufgabe zufällig im Weg stünden.





[s2]US-Amerikanische Unternehmen mit Startvorsprung in KI

Neben Google ist in den USA traditionell auch IBM in der KI-Forschung involviert. Bereits seit den 1950ern betreibt das Unternehmen nach eigenen Angaben Aktivitäten in dieser Richtung. Das Unternehmen aus Armonk/New York war dabei schon immer geschickt in der Vermarktung ihrer Forschungsergebnisse. So programmierte der IT-Pionier Arthur Samuel Anfang der 1950er das erste lernende Schachprogramm. Eine Tradition, die fortgesetzt wurde, als IBMs Computer "Deep Blue" 1997 als erste Maschine den amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparov besiegte. Und 2011 gewann das Programm "Watson" die TV-Show "Jeopardy!". Zudem hatte ein von dem zu Google gehörigen Unternehmen Deepmind entwickeltes Programm im Herbst letzten Jahres erstmals einen Menschen im asiatischen Brettspiel "Go" überwunden. An einer solchen Software hatte auch Facebook gearbeitet, das Rennen gegen Google aber verloren.



Alltägliche Begegnungen mit KI haben User bereits unterschwellig bei den Lerneffekten der US-amerikanischen IT-Firmen Amazon, Spotify oder diversen Suchmaschinen, die ihre Userdaten nach Zusammenhängen untersuchen (die sogenannte "Predictive Data Analysis"), aber auch bei Sprachassistenten und Gefühlserkennungssoftwares wie "Emotient". Zudem hatte Google im November 2015 die Toolbox "Tensorflow" als Open Source Technologie veröffentlicht. Mit diesem Schritt wolle man ein Standard-Programm für die weltweit intensivierte Forschung für maschinelles Lernen etablieren, da man hierin ein "Kernbestandteil für die innovativen Produkte und Technologien der Zukunft" sehe, so der Konzern auf der Tensorflow-Website.



Mark Zuckerberg kündigte unterdessen auf seiner Facebook-Seite Ende Januar an, dass seine "persönliche Herausforderung für 2016" die Programmierung einer simplen KI namens "Jarvis" sei, die ihm zu Hause helfen und bei der Arbeit assistieren können solle. Zuckerberg sagte, dass man keine Angst vor der Technologie haben solle, sondern sich vielmehr dem fundamentalen Problem widmen solle, herauszufinden, wie Lernen überhaupt funktioniere. Davon könne man nur profitieren.





Japaner haben Schwierigkeiten, ihre Innovationen zu vermarkten
Während sich US-amerikanische IT-Giganten ein Wettrennen auf dem Gebiet der KI liefern, ist der lange Zeit führende Technologie-Standort Japan hinter die transpazifische Konkurrenz zurückgefallen, so scheint es. Wie die "Financial Times" berichtete, verkündete der Konzern Hitachi jedoch letzten Sommer Durchbrüche in der KI-Forschung, woraufhin auch Konkurrenten wie NEC und Fujitsu nachzogen. So stellte Hitachi eine KI vor, die als Chef eines Lagers fungieren könne, weil sie die besten und produktivsten Abläufe bei der Lagerung von Waren kenne. Hintergrund ist die japanische Idee des "Kaizen", also der fortwährenden Verbesserung eines Vorgehens. Die Produktivität in Lagern sei unter der Ägide des künstlichen Chefs um acht Prozent gestiegen, sagt das Unternehmen.



Konkurrent Fujitsu verkündete, dass man eine Deep-Learning-Technologie entwickelt habe, eine KI-Form also, die auf der Basis mehrschichtiger neuronaler Netzwerke basiere und damit das menschliche Gehirn imitiere - also "Mechanismen für eine Maschine um die Welt wahrzunehmen", so Fujitsu. Das Unternehmen hat 2015 eine Offensive zum Deep Learning gestartet und sieht die mittelbaren Anwendungsfelder in der medizinischen Diagnose von Krankheiten sowie der Entwicklung von lernfähigen Maschinen mit variablen Anwendungsfeldern.



Katsumi Emura, Senior Vice President von NEC, sagte, dass man auf dem Gebiet der Gesichtserkennung nicht den Anschluss verlieren wolle. Das Unternehmen stellte zudem im November 2015 eine "Predictive Robust Optimization Framework Technoloy" vor, die zur fortgeschrittenen Big Data Analyse eingesetzt werden könne. Sie sei schon effektiv bei der Infrastruktur von Wasserverteilung eingesetzt worden und habe eine Reduktion des Energieverlustes von 20 Prozent bewirkt. Zudem sei es auf die Preisindexierung von Produkten auf Basis von Nachfrageanalysen eingesetzt worden und habe das Sales Turnover um 11 Prozent erhöht, teilte NEC mit.



Insgesamt scheinen die japanischen Unternehmen aber nicht so geschickt wie die US-amerikanischen Konkurrenten zu sein, wenn es darum geht, ihre Forschungen auf diesem Gebiet öffentlichkeitswirksam zu vermarkten. Neben Fehlern im offensiven Branding ihrer Produkte fehle den japanischen Unternehmen eine langfristige Unternehmensstrategie in dem Bereich, zitiert die "Financial Times" Tadaaki Matage, einen Analysten bei dem Forschungsunternehmen Gartner.

Diesem Problem scheint auch die Regierung abhelfen zu wollen: Japans Premierminister Shinzo Abe erklärte KI und Robotik jedenfalls zum Teil der nationalen Wachstumsstrategie für die kommenden Jahre.





[s3] Deutschland: Interesse an vernetztem Fahren und Industrie 4.0

In Deutschland ist das öffentliche Interesse an künstlicher Intelligenz vergleichsweise gering. Der renommierte deutsche Computerwissenschaftler Hans Hagen hatte noch 2003 in einem Interview für das SAP-Newscenter gesagt, dass Computer nie in der Lage sein würden, "die kognitiven Zustände des Menschen vollständig zu simulieren. Solche Systeme müssten den menschlichen Geist erklären können. Doch wie sollte ein Mensch ein solches Programm entwickeln, wenn er den menschlichen Geist selbst nicht erklären kann? [...] Die KI-Forschung will den Computer vielmehr zu einem nützlichen und intelligenten Gehilfen des Menschen machen."



Inzwischen scheint sich das Klima allmählich zu wandeln. Bereits seit Längerem wird auch hierzulande sowohl in der Forschung als auch in der Anwendung an der Technologie gearbeitet. So bezeichnet sich etwa das 1988 als Public Private Partnership (PPP) an drei inländischen Standorten gegründete Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) mit Verweis auf Mitarbeiterzahl und Drittmittelvolumen als das "weltweit größte Forschungszentrum auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und deren Anwendungen" - noch vor den renommierten Institutionen wie Stanford oder Berkeley. Das Finanzierungsvolumen habe 2015 bei 41 Millionen Euro gelegen. Mehr als 450 Mitarbeiter und zusätzlich 350 studentische Mitarbeiter aus ca. 60 Nationen arbeiten an innovativen Software-Lösungen. Vor Kurzem verkündete das Institut, dass nun auch Google an der Forschung beteiligt sei.



Neben medizinischen Anwendungen spielt besonders das Schlagwort der "Industrie 4.0", also der vernetzten Fabrik, in der Maschinen selbstständig miteinander kommunizieren und so große Produktivitätsfortschritte erzielen sollen, unter deutschen Großunternehmen seit dem vergangenen Jahr verstärkt eine Rolle - bereits 2013 wurde auf Initiative der Bundesregierung die "Plattform Industrie 4.0" gegründet. So wollen etwa die zahlreichen deutschen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) nicht hinter den US-Amerikanern zurückbleiben, wo die Großunternehmen AT&T, Cisco, IBM, Intel und General Electric bereits im Jahr 2014 das Industrial Internet Consortium (IIC) gegründet hatten, das ebenfalls der Digitalisierung industrieller Fertigung gewidmet ist.



Besonders in der traditionell forschungsintensiven deutschen Automobilindustrie hat künstliche Intelligenz einen wichtigen Platz. So präsentierten unter anderem Mercedes-Benz, Audi, BMW und Bosch auf der Consumer Electronics Show (CES) im Januar dieses Jahres eigene Prototypen von Fahrzeugen, die in der Lage sind, selbstständig auf die Umwelt zu reagieren und zu navigieren, wie ONEtoONE berichtete.



Davon abgesehen, wie realistisch die Befürchtungen und Hoffnungen sind, die sich mit KI verbinden - 2016 wird wohl in gewisser Weise zu einer Stunde der Wahrheit darüber werden, ob sich die Euphorie auch in praktische Anwendbarkeit und wirtschaftlichen Nutzen ummünzen lassen wird. (sg)

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